Glutamin
Synonyme: Gln, Q, 2-Amino-4-carbamoylbutansäure, Glutaminsäure-5-amid
Englisch: glutamine
Definition
Glutamin ist eine nicht-essentielle, proteinogene Aminosäure. Sie wird durch die Codonen CAA und CAG codiert.
Vorkommen
Glutamin kommt proteingebunden und in freier Form in Pflanzen, Tieren, Pilzen und Bakterien vor. Es stellt einen zentralen Metaboliten im Stoffwechsel aller Lebewesen dar. Nahrungsmittel mit hohem Glutamingehalt sind z.B. Sojabohnen, Erdnüsse, Rindfleisch, Milchprodukte und Weizen.
Chemie
Glutamin hat die Summenformel C5H10N2O3 und eine molare Masse von 146,15 g/mol. Die Molekülmasse beträgt 146 Da.
Glutamin weist mit seiner Säureamidgruppe eine ungeladene polare Seitenkette auf. Das Molekül besitzt ein Stereozentrum, sodass zwei chirale Enantiomere existieren. In Proteinen ist ausschließlich L-Glutamin eingebaut. D-Glutamin findet man in bakteriellen Zellwänden und als Bestandteil einiger Antibiotika und Pilzgifte.
Die Aminosäure liegt überwiegend als Zwitterion vor. Der isoelektrische Punkt liegt bei 5,65.
Biochemie
Glutamin wird durch das Enzym Glutaminsynthetase aus Glutaminsäure und Ammoniak synthetisiert. Dabei wird die Carboxylgruppe zu einer Säureamidgruppe umgewandelt. Das Molekül weist dadurch zwei Aminogruppen auf. Die Synthese findet insbesondere in den Muskelzellen statt.
Glutamin kann im Körper zu Succinat abgebaut werden.
Funktionen
Glutamin macht mit ca. 20 % bzw. 400-600 µmol/l den Hauptbestandteil des Pools an freien Aminosäuren im Blutplasma aus. Es erfüllt beim Menschen verschiedene Funktionen:
- Aminosäurebaustein bei der Proteinbiosynthese
- Substrat des Energiestoffwechsels (z.B. für Leukozyten und Enterozyten)
- Aminogruppen-Donor z.B. bei der Synthese von Purinen
- Transportmolekül für Ammoniak im Blut
- Kohlenstoff-Donor im Citratzyklus
- Regulator des Säure-Basen-Haushalt in der Niere
Weiterhin kann Glutamin die Blut-Hirn-Schranke überwinden und in Neuronen zu Glutaminsäure bzw. Glutamat umgewandelt. Glutamat stellt einen wichtigen exzitatorischen Neurotransmitter dar.
Labormedizin
Der Glutaminspiegel kann sowohl im Blutserum als auch im Urin bestimmt werden.
Referenzwerte im Serum
- Neugeborene bis 1 Monat: bis 850 µmol/l
- Säuglinge und Kinder bis 14 Jahre: bis 650 µmol/l
- Erwachsene: bis 700 µmol/l
Referenzwerte im Urin
- Neugeborene und Säuglinge 1 Jahr: bis 1.600 µmol/g Kreatinin
- Kleinkinder 2-6 Jahre: bis 1.200 µmol/g Kreatinin
- Schulkinder 7-14 Jahre: bis 1.000 µmol/g Kreatinin
- Erwachsene: bis 800 µmol/g Kreatinin
Klinik
Hyperkatabole Zustände (z.B. bei Infektionen, Traumata, Operationen, Verbrennungen) gehen mit einer Glutaminverarmung im Blut und in der Muskulatur einher. Jedoch führt eine Substitution von Glutamin bei diesen Patienten zu einer erhöhten Mortalität.[1]
Pharmakologie
Die FDA hat 2017 das oral einzunehmende L-Glutamin-Pulver (Endari®) für Patienten ab 5 Jahren mit Sichelzellkrankheit zugelassen, um schwere Komplikationen zu reduzieren. Es soll die Erythrozytenmembran vor Oxidierung und Zerstörung schützen und das Anheften am Endothel verhindern.[2][3]
Quellen
- ↑ Van den Beghe G. Low Glutamine Levels during Critical Illness — Adaptive or Maladaptive?, N Engl J Med 2013; 368:1549-1550, abgerufen am 14.10.2020
- ↑ Endari Fachinformation, abgerufen am 14.10.2020
- ↑ Niihara Y et al. A Phase 3 Trial of l-Glutamine in Sickle Cell Disease, N Engl J Med 2018; 379:226-235, abgerufen am 14.10.2020
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