Bisswunde
Synonym: Bissverletzung
Englisch: bite wound, bite injury
Definition
Die Bisswunde ist eine Wunde, die durch mechanische Einwirkung von Tier- oder Menschenzähnen auf eine Körperpartie entsteht. Dabei werden die im Mund befindlichen Bakterien auf das Bissopfer übertragen und können lokale oder systemische Infektionen verursachen.
Durch Bisse von Gifttieren, deren Giftapparat im Maul bzw. Kiefer befindlich ist, kann es darüber hinaus zu Intoxikationen kommen (z.B. Schlangenbiss).
Epidemiologie
Über 80 % der Bisswunden in Industrieländern sind Hundebisse. Die höchste Inzidenz für Hundebisse liegt im Kindesalter zwischen 5 und 9 Jahren. Die zweithäufigsten Bisse (ca. 10 %) sind Katzenbisse. Sie betreffen vor allem Frauen, die älter als 20 Jahre alt sind und sind in der Regel an der Hand lokalisiert. Bisswunden durch Menschen sind die dritthäufigste Gruppe. Hier dominieren klinisch passive Bissverletzungen, die z.B. durch einen Faustschlag in das Gesicht ausgelöst sind ("Fight-Bite-Injury").
Pathologie
Die Bisswunde kann man als Kombination aus Stich-, Quetsch- und Risswunde verstehen. Umfang und Art der Verletzung sind von der Form der Zähne und vom Kaudruck der Kiefer abhängig. Front- oder Eckzähne führen zu schlitz- oder punktförmigen Verletzungen, unter denen sich in der Tiefe aber größere Wundräume verbergen können. Mahlzähne mit großer Kaufläche führen eher zu Quetschwunden mit Exkoriationen. Durch die bakterielle Besiedelung der Mundhöhle bzw. den hohen Keimgehalt des Speichels ist jede Bisswunde als kontaminiert anzusehen. Stichartige Wunden sind für den Menschen aufgrund der hohen Infektiosität gefährlicher.
Bakteriologie
Die Infektionsrate für Tierbisse durch Hunde oder Katzen wird zwischen 4 % und 25 % angegeben. Zu den typischen Erregern bzw. Erregerspezies, die durch Tierbisse übertragen werden, zählen unter anderem:
- Pasteurella spp.
- Moraxella spp.
- Corynebakterium spp.
- Neisseria spp.
- Staphylococcus aureus
- Streptococcus mitis
Seltener, aber klinisch relevant, sind auch bei Hunden und Katzen vorkommende, saprophytäre Keime wie Capnocytophaga canimorsus.
Diagnostik
Anamnese
Die Anamnese sollte folgende Punkte abfragen:
- Von welchem Tier wurde der Patient gebissen?
- Herkunft des Tieres (Haustier, Wildtier)?
- Verhalten des Tieres? (Aggressivität, Hypersalivation, Tollwutverdacht)
- Wie lange besteht die Wunde bereits?
- Aktueller Impfstatus (Tetanus, Tollwut, bei Menschenbiss auch Hepatitis)?
Durch diese Angaben können erste Informationen über die womöglich übertragenen Erreger und die damit einhergehenden Risiken gewonnen werden.
Inspektion
Nach der Anamnese wird die Wunde inspiziert, wobei vor allem auf zusätzlich verletzte Gefäße, Nerven, Knochen, Gelenke und Muskelsehnen zu achten ist. Bei tiefer gehenden Bissen, so zum Beispiel bei Katzenbissen, besteht eine höhere Infektionsgefahr, da hier der direkte Anschluss zum Gefäßsystem wahrscheinlicher ist als bei oberflächlichen Verletzungen.
Komplikationen
Mögliche Komplikationen einer Bisswunde sind:
- Wundinfektion
- Septische Arthritis
- Phlegmone
- Verletzung tiefer liegender Strukturen (z.B. Sehnenverletzungen der Hand)
- Narbenbildung, Keloid
- Defektheilung mit Bewegungseinschränkungen oder funktionellen Einschränkungen
- psychologische Folgen, wie z.B. posttraumatische Belastungsstörung
Therapie
Zunächst wird die Bisswunde mithilfe einer antiseptischen Lösung gespült, um die Keimzahl möglichst zu reduzieren. Weiter werden die Wundränder ausgeschnitten, wobei - abhängig von der Lokalisation - das verletzte Gewebe möglichst vollständig entfernt werden sollte, um das Infektionsrisiko zu verringern. Bisswunden, vor allem solche mit hohem Infektionsrisiko, dürfen primär nicht genäht werden.
Ergänzend ist eine Antibiotikaprophylaxe sinnvoll. Eine Tetanus-Impfung sollte aufgefrischt werden, während bei einem Tollwutverdacht eine Simultanimpfung mit Immunglobulinen und einem Tollwutimpfstoff durchgeführt werden muss.
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