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GRACILE-Syndrom

Synonyme: Fellman-Krankheit, Wachstumsverzögerung-Aminoazidurie-Cholestase-Eisenüberladung-Laktatazidose-frühzeitiger Tod-Syndrom
Englisch: GRACILE syndrome, Fellman disease, growth restriction-aminoaciduria-cholestasis-iron overload-lactic acidosis-early death syndrome, finnish lactic acidosis with hepatic hemosiderosis, finnish lethal neonatal metabolic syndrome

1. Definition

Das GRACILE-Syndrom ist eine seltene erbliche Stoffwechselkrankheit, die sich bereits vor der Geburt manifestiert. Die Erkrankung ist mit einer hohen Letalität verbunden.

2. Hintergrund

Das GRACILE-Syndrom wurde 1989 erstmals durch den finnischen Pädiater Vineta Fellmann und seine Mitarbeiter beschrieben.[1]

3. Bedeutung

GRACILE ist ein Akronym und beschreibt die typischen Charakteristika des GRACILE-Syndroms:

4. Epidemiologie

Die Prävalenz des GRACILE-Syndroms liegt bei unter 1 zu 1.000.000. Es tritt gehäuft in Finnland auf und kommt hier bei etwa einer von 50.000 Geburten vor.[2]

5. Genetik

Das GRACILE-Syndrom wird autosomal-rezessiv vererbt. Ursächlich für die Erkrankung sind Mutationen im BCS1L-Gen auf Chromosom 2 an Genlokus 2q35. Das BCS1L-Gen kodiert für das mitochondriale Chaperon BCS1. Bei finnischen Patienten verursacht eine homozygote Mutation (c.232A>G-Mutation) das GRACILE-Syndrom. Dabei kommt es zu einer Aminosäureänderung von Serin zu Glycin im BCS1L-Protein.

6. Pathogenese

BCS1 gehört zur AAA-Familie der ATPasen und ist in den Mitochondrien lokalisiert. Es spielt insbesondere im Rahmen der oxidativen Phosphorylierung eine wichtige Rolle, da es als Chaperon an der korrekten Faltung von Komplex III der Atmungskette beteiligt ist.

Das mutierte BCSL1-Protein wird schneller abgebaut als das normale Protein. Aufgrund dessen kommt es zu einer reduzierten Bildung von funktionellem Komplex-III in der Niere und Leber. Die oxidative Phosphorylierung wird dadurch deutlich vermindert. Der konsekutive Energiemangel führt zu einer Schädigung der Organe und den typischen Symptomen des GRACILE-Syndroms. Die genaue Ursache für die Eisenanreicherung ist derzeit (2022) noch nicht geklärt.[3]

7. Klinik

Das GRACILE-Syndrom äußert sich insbesondere durch eine intrauterine Wachstumsretardierung des Kindes und tritt bereits relativ früh in der Schwangerschaft auf. Das Neugeborene ist in der Regel zu klein für sein Schwangerschaftsalter. Das Geburtsgewicht liegt durchschnittlich bei etwa 1.700 g.[2]

In den ersten Tagen nach der Geburt entwickeln die Kinder eine Laktatazidose. Hierbei liegt der pH-Wert des Blutes im Mittel bei 7,02 und das Laktat bei ungefähr 12,8 mmol/l.[2]

Säuglinge mit dem GRACILE-Syndrom zeigen zudem erhöhte Aminosäuren im Urin (Aminoazidurie) und einen Eisenüberschuss. Des Weiteren ist eine Cholestase zu beobachten, die meist innerhalb der ersten Lebensmonate eine Leberzirrhose zur Folge hat. Darüber hinaus können Hörstörungen auftreten. Dysmorphien sind nicht typisch für das GRACILE-Syndrom.

8. Diagnostik

Die Verdachtsdiagnose wird insbesondere aufgrund der klinischen Symptome gestellt. Im Rahmen des Neugeborenen-Stoffwechselscreenings lässt sich die Aminoazidurie nachweisen. Die Eisenüberladung ist durch erhöhte Ferritin-Werte sowie eine verringerte Transferrin-Konzentration im Plasma und eine Akkumulation von Eisen in der Leber gekennzeichnet. Die Cholestase lässt sich durch eine Labordiagnostik bestätigen. Bei Verdacht auf das GRACILE-Syndrom sollte in der Regel das gesamte BCS1L-Gen sequenziert werden. Bei finnischen Patienten reicht hingegen eine Untersuchung hinsichtlich des Einzelnukleotid-Polymorphismus aus.[2]

9. Differentialdiagnosen

Mögliche Differentialdiagnosen des GRACILE-Syndroms sind beispielsweise:

10. Therapie

Derzeit (2022) existiert keine kausale Therapie des GRACILE-Syndroms. Die Erkrankung wird rein symptomatisch behandelt. Säuglinge erhalten alkalische Substanzen (sogenannte "Alkali-Therapie"). Zudem erfolgt eine Substitution der Aminosäuren, die über den Urin verloren gehen. Darüber hinaus wird den betroffenen Familien eine genetische Beratung empfohlen.

11. Prognose

Das GRACILE-Syndrom ist mit einer hohen Letalität verbunden. In den ersten Lebenstagen verstirbt etwa die Hälfte der betroffenen Säuglinge. Die meisten Patienten werden nicht älter als vier Monate.[2]

12. Literatur

13. Quellen

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