Frühgeburt
Synonym: Frühgeburtlichkeit
Englisch: premature birth, preterm birth
Definition
Eine Frühgeburt ist eine Geburt vor Vollendung der 37. Schwangerschaftswoche (SSW).
Eine normale Schwangerschaft dauert 37 (37 + 0) bis 42 Wochen (41 + 6). Die durchschnittliche Dauer beträgt 40 SSW, d.h. 280 Tage bzw. 9 Monate nach der letzten Regelblutung. Eine Unterschreitung der durchschnittlichen Schwangerschaftsdauer um 3 Wochen gilt als Frühgeburt.
Epidemiologie
Ca. 6 % aller Geburten sind Frühgeburten (vor 37. SSW), ca. 1,5 % aller Geburten sind Frühgeburten vor der 37. SSW mit einem Gewicht von weniger als 1.500 g.
Ursachen
Es gibt viele Ursachen, die eine Frühgeburt auslösen können. Zu häufigen Ursachen zählen:
- Infektionen in der Schwangerschaft (oft Geschlechtskrankheiten)
- Nikotinabusus
- Alkoholabusus
- Bluthochdruck in der Schwangerschaft, vgl. auch Präeklampsie
- Diabetes mellitus und Schwangerschaftsdiabetes
Diese Faktoren lösen oft eine Plazentainsuffizienz aus, was wiederum zum Auslösen der Wehen und somit zur Frühgeburt führt. In manchen Fällen ist eine Notsectio indiziert.
Komplikationen
Die größten Komplikationen stellen unausgereifte Organe des frühgeborenen Kindes dar. Die Lunge und das Gehirn, die erst in den letzten Fetalstadien ausgereift werden, stellen hier das größte Problem dar. Zu den wichtigsten Problemen bei Frühgeborenen zählen:
- Atemnotsyndrom (ANS, engl. "Respiratory distress syndrome" = RDS): Mangel an Surfactant in der Lunge
- Apnoe (Aussetzung der Atmung): viele Gründe, z.B. Krampfanfälle, Unreife des Atemzentrums, Atemwegsobstruktion, Meningitis, Sepsis, Hypoglykämie, Hypothermie, etc.
- Persistierender Ductus arteriosus Botalli (PDA): Embryonale Shuntverbindung, die sich normalerweise bei Geburt verschließt, bleibt offen und führt zu Blutfluss aus Aorta zurück in die Lunge
- Bronchopulmonale Dysplasie (BPD): Chronische Lungenerkankung durch Atemnotsyndrom, Lungenunreife, Barotrauma, Sauerstofftoxizität, Infektion
- Nekrotisierende Enterokolitis (NEC): Hämorrhagisch-nekrotisierende Entzündung des Darmes, Minderperfusion und Infektion
- Periventrikuläre Hirnblutung: Blutung im Gehirn wegen unausgereiften Hirnstrukturen, die besonders bei Frühgeborenen, die vor der 26. SSW geboren werden, vorkommt
- Periventrikuläre Leukomalazie: Schädigung des subependymal gelegenen Hirnparenchyms durch eine Durchblutungssöturung
- Retinopathia praematurorum (ROP)
Je unreifer das Frühgeborene, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit für Spätfolgen wie körperliche oder geistige Behinderung bzw. kognitive Störungen (Verhaltensauffälligkeiten, ADHS, niedriger Intelligenzquotient, etc.).
Überwachung
Frühgeborene bedürfen einer besonders guten Überwachung in spezialisierten Kliniken. Dazu gehört:
- gründliche klinische Beobachtung und Untersuchung
- apparative Überwachung: EKG, Pulsoximetrie, Herzfrequenz, Atemfrequenz, Blutdruckmessung (mit Oszillometrie), Blutgasanalyse, etc.
- Prävention bzw. frühzeitige Erkennung und Behandlung von Komplikationen
Prognose
Das Überleben von Frühgeborenen hängt maßgeblich vom Zeitpunkt der Geburt ab. Es ist ein großer Unterschied, ob ein Frühchen in der 24. SSW oder 36. SSW zur Welt kommt. Je weiter die Entwicklung der Lunge und anderer wichtiger Organe (Gehirn) fortgeschritten ist, je größer das Geburtsgewicht ist und je konstanter wichtige Vitalparameter wie Temperatur, Blutzucker, etc. ausfallen, desto besser ist die Prognose quoad vitam und desto geringer die Wahrscheinlichkeit bleibender Schäden.
Frühgeborene haben etwa ab der 24. SSW eine Überlebenschance. In manchen Fällen ist jedoch auch noch zu einem früheren Zeitpunkt eine Überlebenschance gegeben. Im Oktober 2006 zum Beispiel brachten Ärzte per Kaiserschnitt in einem US-Krankenhaus in Florida ein Kind nach 21 Wochen und 6 Tagen zur Welt, mit nur 280 Gramm Geburtsgewicht. Im Jahr 2021 kam im US-Bundeststaat Alabama ein Kind sogar noch früher zur Welt, nach 21 Wochen und 1 Tag mit einem Geburtsgewicht von 420 g.