Östriol
Synonym: Estriol, Estriolum u.a.
Handelsnamen: Ovestin® u.a.
Englisch: estriol
Definition
Östriol ist ein natürliches Östrogen mit einer relativ schwachen östrogenen Wirksamkeit. In der Diagnostik der Schwangerschaft ist der Östriolspiegel ein Parameter zur Beurteilung der fetoplazentaren Einheit. Therapeutisch wird Östriol im Klimakterium zur Behebung von Östrogenausfallsymptomen angewendet.
Chemie
Östriol hat die Summenformel C18H24O3 und eine molare Masse von 288,37 g/mol.
Wirkmechanismus
Die Wirkung von Östriol basiert darauf, dass es an Östrogenrezeptoren im Zellkern bindet und die Zellen zur Proteinproduktion anregt. Durch die Freisetzung der Proteine werden dann die körperlichen Vorgänge positiv beeinflusst, die aufgrund des Östrogenmangels vermindert abgelaufen sind.
Pharmakologie
Indikation
Die Hauptindikation stellt die Linderung postmenopausaler Symptome dar. Darüber hinaus ist Östriol im Rahmen der Therapie folgender Erkrankungen indiziert:
- atrophische Vaginitis
- Osteoporose
- Hautatrophie
- Vaginalinfektionen und /–entzündungen
- Harnwegsinfektionen
- Harninkontinenz
Zu weiteren Indikationen zählen eine trockene Vaginalschleimhaut, Juckreiz und Brennen im Vaginalbereich sowie abnormer vaginaler Ausfluss.
Allgemeines
Das Arzneimittel wird in Form von Tabletten, Vaginalcremes oder Vaginalzäpfchen oral bzw. vaginal appliziert. Die Plasmahalbwertszeit beträgt durchschnittlich 45 Minuten.
Nebenwirkungen
- Juckreiz, Brennen
- Schmierblutungen, Ausfluss
- Mastodynie
- Sexualstörungen, Libidoverlust
- Störungen des Gastrointestinaltrakts: Übelkeit, Erbrechen, Blähungen
- Gewichtszunahme
- Hypertonie, Kopfschmerzen
Kontraindikationen
- Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff
- ungeklärte vaginale Blutungen
- Endometriose
- Karzinome
- Schwangerschaft, Stillzeit
Labormedizin
Die Konzentration an freiem Östradiol im Blut kann im 1. bzw. 2 Trimenon der Schwangerschaft gemeinsam mit AFP und β-HCG zur pränatalen Risikoermittlung für ein Down-Syndrom aus dem mütterlichen Serum bestimmt werden. Im 3. Trimenon kann die Bestimmung des Östriolspiegels zur Beurteilung der Funktion der feto-plazentaren Einheit dienen, da Östriol in der Plazenta synthetisiert und zur Synthese einer Vorstufe aus der fetalen Nebennieren benötigt wird. Jedoch ist der Einsatz der Östriolbestimmung rückläufig aufgrund von aussagekräftigeren Untersuchungsmethoden wie CTG und Sonographie.
Material
Zur Bestimmung des Östriolspiegels wird 1 ml Serum benötigt.
Referenzbereiche
Folgende Referenzbereiche gelten in der Schwangerschaft:
Schwangerschaftswoche | Referenzbereich |
---|---|
28. bis 31. SSW | 2,5 bis 10,0 μg/l |
32. bis 33. SSW | 3,5 bis 12,0 μg/l |
34. bis 35. SSW | 4,0 bis 13,0 μg/l |
36. bis 37. SSW | 5,0 bis 17,0 μg/l |
38. bis 40. SSW | 6,0 bis 25,0 μg/l |
Erniedrigte Werte
Ein erniedrigter Östriolspiegel im 3. Trimenon einer Schwangerschaft kann bei einer Plazentainsuffizienz auftreten. Jedoch kann eine Plazentainsuffizienz nur diagnostiziert werden, wenn der Östriolspiegel um mehr als 30% abgefallen ist. Somit ist eine wiederholte und engmaschige Bestimmung des Östriolspiegels notwendig. Im 1. bzw. 2. Trimenon kann ein niedriger Östriolspiegel zusammen mit AFP und β-HCG auf ein Down-Syndrom hinweisen.
Auch bei Leber- und Nierenerkrankungen der Mutter, Glukokortikoid- oder Antibiotikatherapie sowie Neuralrohrdefekten des Feten kann der Östriolspiegel erniedrigt sein.
Erhöhte Werte
Ein erhöhter Östriolspiegel ist im Rahmen einer Mehrlingsschwangerschaft oder einem glomerulären Nierenschaden möglich. Sollte die Mutter an Diabetes mellitus erkrankt sein, können falsch hohe Östriolspiegel auftreten.
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 01.04.2021