Darmfistel
Synonym: (gastro)intestinale Fistel
Englisch: (gastro)intestinal fistula, GIF
Definition
Eine Darmfistel ist eine angeborene oder erworbene, vom intestinalen Lumen ausgehende Fistel, deren Gang/Gänge entweder in die Haut (äußere Fistel) oder benachbarte Organe (innere Fistel) münden.
Ätiologie
Angeborene Darmfistel
- Persistierender Ductus omphaloentericus
Erworbene Darmfistel
- iatrogen (75 bis 85 % aller abdominellen Fisteln[1]): z.B. durch Nahtinsuffizienz, intraoperative Darmverletzung, Dünndarmarrosion nach Kunststoffnetz-Einlage, Schlingenperforation in einem offen behandelten Abdomen
- Penetrierende Bauchverletzung
- Fremdkörper im Darm mit Durchspießung
- chronische Entzündungen, v.a. bei Morbus Crohn, seltener bei Colitis ulcerosa
- Infektionen, z.B. Amöbiasis
- Karzinome (selten)
Ein erhöhtes Risiko für eine Darmfistel besteht bei Schädigungen der Mikrozirkulation (z.B. als Strahlenfolge nach Radiotherapie), sowie bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen oder Divertikulitis.
Epidemiologie
Bei bis zu 40% der Patienten mit Morbus Crohn treten im Krankheitsverlauf Fisteln auf.
Einteilung
Äußere Fistel
Äußere Fisteln verlaufen enterokutan. Spontane enterokutane Fisteln sind selten und haben ihren Ursprung meist in einem entzündlich veränderten terminalen Ileum. Aus dem Jejunum entspringende enterokutane Fisteln führen aufgrund des pH-Werts des Fistelsekrets zu Verätzungen der Haut unterschiedlicher Schweregrade.
Innere Fistel
Grundsätzlich können von allen entzündeten Darmabschnitten Fisteln zu allen intraperitonealen oder retroperitonealen Organen ausgehen. Man unterscheidet u.a. Magenfisteln, Dünndarmfisteln und Dickdarmfisteln. Beispiele sind:
- Gastrokolische Fistel: Verbindung zwischen Magen und Colon
- Enteroenterale Fistel: Verbindung zweier Dünndarmabschnitte
- Enterokolische Fistel: Verbindung zwischen Dünndarm und Colon
- Enterosigmoidale Fistel: Verbindung zwischen Dünndarm und Sigmoid
- Enterovesikale Fistel: Verbindung zwischen Dünndarm und Harnblase
- Enterovaginale Fistel: Verbindung zwischen Dünndarm und Vagina
Enteroenterische Fisteln sind die häufigste Fistelform bei Morbus Crohn. Sie führen zu Verklebungen der betroffenen Darmsegmente mit Ausbildung eines Konglomerattumors.
Wenn Darmfisteln größere Darmabschnitte überspringen, z.B. bei einer enterokolischen Fistel, kommt es häufig zu Diarrhöen.
Symptomatik
Die meisten Fisteln sind asymptomatisch. Erst höheren Transitmengen durch die Fistel oder bei Anschluss an umliegende Organe werden Symptome wie Malabsorption, Kachexie und Hypalbuminämie manifest. Fakultative klinische Zeichen sind Fieberschübe und abdominelle Resistenzen.
Das Fistelleiden präsentiert sich entweder als singulärer Gang oder als kompliziertes Fistelsystem. Fistelgänge können auch blind im umliegenden Gewebe enden und Abszesse hervorrufen.
Enterovesikale Fisteln, d.h. eine Verbindung zwischen Intestinaltrakt zur Harnblase, haben als Leitsymptom eine Pneumaturie (Abgang von Luft mit dem Urin). Zusätzlich kommt es zu Dysurie, Fäkalurie, chronischen Harnwegsinfekten und Sepsis.
Diagnostik
- Endoskopie (Kolposkopie, Rektoskopie, Zystoskopie), gegebenenfalls mit Sondierung
- Röntgen oder CT mit Kontrastmitteldarstellung
- MRT
Therapie
Die Therapie enterovesikaler oder enterovaginaler Fisteln ist immer operativ (Fistelrevision). Bei anderen Fistenformen kann abhängig von der Symptomatik zunächst eine konservative Behandlung versucht werden.
Konservative Therapie
- Glukokortikoide und Salizylate, in einzelnen Fällen Symptomverbesserung durch enterale Sondenernährung oder parenterale Ernährung
- Abdecken der mazerierten Haut mit Zinkpaste oder Stomaadhäsivplatte, totale parenterale Nahrung (TPN), ggf. Octreotid-Behandlung (enterokutane Fisteln)
- "Trockenlegung" durch orale Nahrungs- und Flüssigkeitskarenz, Gabe von Somatostatin (spätoperative Fisteln mit geringer Förderrate)
Operative Therapie
Indikationen
- Enteroenterale bzw. enterokolische Fisteln: Schwere Symptomatik, kurzer Fistelkanal, hoher Sitz, Abgang der Fistel aus paraintestinaler Höhle, Lippenfistel, nachgewiesene distale Obstruktion
- Enterokutane Fisteln: Keine Abheilung unter TPN, Hindernis im Darm distal der Fistel, hohe Sekretmenge
Operationsprinzipien
- Heilung der Fistel nur bei chirurgischer Behandlung einer distal der Fistel liegenden Obstruktion
- Resektion des betroffenen Darmabschnittes, Übernähung der Fisteileinmündung
- Vorschaltung eines blockierenden doppelläufigen Enterostomas
Quellen
- ↑ Braun, Königsrainer. Kurzdarmsyndrom und abdominelle Fisteln. In: Manual der Koloproktologie, Band 2, 2019
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