Kardiale Computertomographie
Synonyme: Kardio-CT, CCT, KCT, Herz-CT, Kardiale CT
Definition
Die kardiale Computertomographie, kurz Kardio-CT, umfasst alle Untersuchungen des Herzens, die mittels eines Computertomographen durchgeführt werden können.
Methoden
Als Methoden zur Durchführung einer kardialen Computertomographie kommen in Frage:
- Mehrzeilen-CT (Multidetektor-CT): Standardmethode
- Elektronenstrahltomographie: wird kaum noch eingesetzt.
Mehrzeilen-CT
Um Bewegungsartefakte bei der Bildgebung des Herzens zu reduzieren, ist eine Synchronisation der Datenakquisition oder -rekonstruktion mit einem EKG nötig, das sogenannte EKG-Gating. Man unterscheidet dabei zwischen:
- prospektiver EKG-Triggerung: Daten werden innerhalb eines Intervalls des Herzzyklus akquiriert. Ein Herzschlag muss i.d.R. übersprungen werden, um den Tisch zur nächsten Position zu bewegen. Voraussetzung ist eine stabile Herzfrequenz. Zur Verlängerung der Diastole können Betablocker verabreicht werden.
- retrospektivem EKG-Gating: Daten werden während des gesamten Herzzyklus akquiriert und anschließend in verschiedenen Phasen rekonstruiert. Neue Algorithmen können automatisch ungeeignete Intervalle (z.B. bei Arrhythmien) verwerfen. Multiphasische Rekonstruktionen zu verschiedenen Zeiten des Herzschlags ermöglichen eine funktionelle kardiale Bildgebung.
Weiterhin wird für eine scharfe Abbildung des Herzens ohne Bewegungsartefakte eine zeitliche Auflösung von 50 bis 100 ms in der Endsystole und 100-200 ms in der Mittdiastole benötigt. Mithilfe des Mehrzeilen-CT kann je nach Technik und Herzfrequenz eine zeitliche Auflösung von 50 bis 300 ms erreicht werden. Notwendig ist ein CT-Scanner mit mindestens 64 Detektorzeilen. Dual-Source-Computertomographen (DSCT) erreichen eine Zeitauflösung von ca. 83 ms, weitgehend unabhängig von der Herzfrequenz.
Indikationen
Die Haupteinsatzfelder der Computertomographie bei kardiologischen Fragestellungen sind derzeit (2025):
Koronare Herzkrankheit
Kalzium-Score-Bestimmung
Diese kontrastmittelfrei durchgeführte CT-Untersuchung dient dem Ausschluss bzw. dem Nachweis und der Quantifizierung einer Kalzifikation der Herzkranzgefäße. Der ermittelte Wert wird Agatston-Äquivalent-Score genannt. Die Untersuchung wird zur genaueren Abschätzung des Herzinfarktrisikos und zur genaueren Planung der Therapiestrategie bei Patienten mit kardiovaskulären Risikofaktoren eingesetzt. Grundlage der Beurteilung sind Nomogramme, die durch die Untersuchung von großen Patientenkollektiven angefertigt wurden. Überschreitet ein Patient die für seine Altersgruppe kritische Grenze oder liegt der Absolutwert über 400, ist von einer Hochrisikokonstellation auszugehen, die eine intensivere Therapiestrategie erfordert.
CT-Angiographie der Koronargefäße
Schnelle, hochauflösende Darstellung der Herzkranzgefäße mittels Gabe von jodhaltigem Kontrastmittel über eine Armvene. Die räumliche Auflösung kann bei Dual-Source-Geräten (z.B. mit 2 x 192 Schichten) bis auf 0,24 mm gesteigert werden und entspricht damit der Auflösung einer Herzkatheteruntersuchung (0,3 mm). Im Unterschied zur Herzkatheteruntersuchung bedarf es zur Aufzeichnung der Angiographie keiner Einführung von Kathetern (Nicht-Invasivität). Im Unterschied zur Kalzium-Score-Bestimmung zeigt die Angiographie nicht nur die Kalzifikationen, sondern die gesamte Gefäßkonturierung inklusive weicher Ablagerungen (weiche Plaques). So können Koronarstenosen mit hoher Genauigkeit erkannt oder ausgeschlossen werden. Des Weiteren können Plaques morphologisch, z.B. hinsichtlich ihrer Vulnerabilität beurteilt werden. Stenosen können hinsichtlich der fraktionellen Flussreserve hämodynamisch beurteilt werden (CT-FFR). Dreidimensionale Rekonstruktionen ermöglichen eine plastische Demonstration. Die Bildauswertung erfolgt standardisiert durch Verwendung des CAD-RADS-Systems.
Seit dem G-BA-Beschluss vom 18.01.2024 ist die koronare CT-Angiographie (cCTA) unter bestimmten Voraussetzungen Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung:
- Verdacht auf chronische KHK bei Patienten mit einer Vortestwahrscheinlichkeit (VTW) von mindestens 15 %. Insbesondere bei einer VTW zwischen 15 und 50 % wird die cCTA als primäres diagnostisches Verfahren empfohlen.
- präoperative Abklärung im Rahmen geplanter kardialer Eingriffe, wenn ein Ausschluss einer KHK notwendig ist.
Die ESC-Leitlinien von 2023 empfehlen die cCTA mit einer Klasse-I-Empfehlung für die Abklärung bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom ohne ST-Streckenhebung sowie bei chronischem Koronarsyndrom.
CT-Angiographie von Bypass-Gefäßen und Stents
Im Unterschied zur CT-Angiographie der Koronargefäße erfolgt die Aufzeichnung über eine größere Strecke des Brustkorbes, da die Abgänge der Bypassgefäße weiter vom Herzen entfernt liegen. Gerade per Herzkatheter schwierig zu untersuchende Patienten oder Patienten mit Verdacht auf Frühverschluss nach einer Bypass-Operation werden einer CT-Angiographie der Bypassgefäße zugeführt.
Auch Koronarstents können mittels cCTA dargestellt und mögliche In-Stent-Stenosen beurteilt werden.
Herzklappenerkrankungen
Die kardiale CT kommt auch bei Herzklappenerkrankungen zum Einsatz, insbesondere zur präoperativen bzw. -interventionellen Planung z.B. vor TAVI oder Mitralklappenersatz. Nach Klappenimplantation kann die Herz-CT Klappenthrombosen (HALT, RELM) nachweisen.
Weitere Einsatzgebiete
Zunehmend wird die kardiale CT auch zur Beurteilung der Myokardmorphologie und -funktion eingesetzt. Sie erlaubt die Detektion von Myokardfibrosen oder -narben, beispielsweise im Vorfeld einer Ablation bei ventrikulären Tachykardien (VT-Ablation).
Zudem kann diese Bildgebungstechnik zur Darstellung der Aorta, der Pulmonalvenen (z.B. nach Ablation oder Stent-Implantation) und der Koronarvenenmorphologie sowie bei Perikarderkrankungen (Kalzifikation, konstriktive Perikarditis) und angeborenen Herzerkrankungen eingesetzt werden. Neuere Geräte, z.B. die DSCT, ermöglichen auch eine funktionelle Beurteilung des Herzens (myokardiale CT-Perfusion).
Links
- AG Herz- und Gefäßdiagnostik der DRG
- Herz-CT, AG Herz- und Gefäßdiagnostik
- Zertifizierungen, AG Herz- und Gefäßdiagnostik