CADASIL
Englisch: Cerebral Autosomal Dominant Arteriopathy with Subcortical Infarcts and Leukoencephalopathy
Definition
Das Akronym CADASIL, kurz für "zerebrale autosomal-dominante Arteriopathie mit subkortikalen Infarkten und Leukenzephalopathie", bezeichnet eine autosomal-dominant vererbte, neuropsychiatrische Erkrankung. Sie ist durch migräneartige Kopfschmerzen, Hirninfarkte, subkortikale Demenz und psychiatrische Auffälligkeiten geprägt.
Hintergrund
CADASIL gehört in den Kreis der Leukenzephalopathien und ist das häufigste familiäre Schlaganfallsyndrom.
Epidemiologie
Ätiologie
Der Erkrankung liegen Mutationen (meist Missense-Mutationen) im NOTCH3-Gen auf dem kurzen Arm von Chromosom 19 zugrunde. Das NOTCH3-Protein ist ein heterodimerer Membranrezeptor, der von der glatten Muskulatur der Blutgefäße exprimiert wird. NOTCH3 spielt eine wichtige Rolle bei interzellulären Signalwegen und bei der Zelldifferenzierung. Die Mutationen im NOTCH3-Gen verursachen eine Mikroangiopathie der Hirngefäße. Der genaue Pathomechanismus ist bislang (2024) unklar.
Symptome
Das klinische Bild von CADASIL kann variieren, auch innerhalb einer Familie. Folgende Symptome können z.B. auftreten:[1]
In etwa 20 bis 40 % der Fälle haben die Patienten eine Migräne mit Aura (20 bis 40 % der Fälle), die anderen Symptomen häufig um ca. 10 Jahre vorausgeht. Die Aura ist dabei häufig untypisch (z.B. basilär, hemiplegisch oder prolongiert). Zudem können sich diverse psychiatrische Störungsbilder, insbesondere affektive Störungen (Depression, bipolar-affektive Störung, Manie) entwickeln.
Aufgrund der Mikroangiopathie kommt es trotz fehlender Gefäßrisikofaktoren zu häufigen TIAs und Hirninfarkten in subkortikalen Regionen mit lakunärer Symptomatik (z.B. Pure Motor Stroke, Pure Sensory Stroke, Dysarthria-Clumsy-Hand-Syndrom). Kortikale Infarkte sind selten. Erste Ausfallerscheinungen treten typischerweise mit 40 bis 50 Jahren auf. In etwa 20 % der Fälle manifestieren sich atypische intrazerebrale Blutungen.
Mit zunehmender Schädigung des Marklagers und der Basalganglien kommt es im weiteren Verlauf zur vaskulären Demenz, zu Bewegungsstörungen (insb. vaskulärer Parkinsonismus) und zur Pseudobulbärparalyse.
Als Komplikation kann eine akute, reversible Enzephalopathie auftreten, die v.a. durch quantitative Bewusstseinsstörungen (sogenanntes "CADASIL-Koma"), Verwirrtheit und Fieber gekennzeichnet ist.[2]
Diagnostik
In der MRT-Bildgebung sind symmetrische, T2-hyperintense Läsionen der weißen Substanz (White matter lesions) zu sehen. Weiterhin finden sich multiple, lakunäre Hirninfarkte, Mikroblutungen und im Verlauf eine Hirnatrophie. Es besteht eine diffuse, symmetrische Leukenzephalopathie. Die Marklagerveränderungen reichen typischerweise bis in die Pole der Temporallappen und in die Capsula externa. Häufig findet man auch infratentorielle Läsionen.
In der molekulargenetischen Untersuchung erfolgt der Nachweis der ursächlichen Mutationen im NOTCH3-Gen durch Sequenzierung.
Verlauf
Der Verlauf ist sehr variabel und lässt sich individuell nicht vorhersagen.
Therapie
Zur Zeit (2024) gibt es keine kausale Therapie bei CADASIL. Durch Minimierung kardiovaskulärer Risikofaktoren lässt sich der Verlauf geringfügig beeinflussen, aber nicht aufhalten. Häufig werden prophylaktisch Thrombozytenaggregationshemmer angewendet. Bei kognitiven Defiziten kann Donepezil einen positiven Effekt haben.
Einzelnachweise
- ↑ Yuan et al., CADASIL: A NOTCH3-associated cerebral small vessel disease, Journal of Advanced Research, 2024
- ↑ Schon F, et al., CADASIL coma: an underdiagnosed acute encephalopathy, Journal of Neurolory, Neurosurgery and Psychiatry, 2003