Babesiose (Wiederkäuer)
Synonyme: Babesieninfektion beim Wiederkäuer, Weidehämoglobinurie, Weiderot
Englisch: babesiosis, piroplasmosis, redwater
Definition
Als Babesiose der Wiederkäuer bezeichnet man eine parasitär bedingte Erkrankung beim Wiederkäuer.
Erreger
Die Babesiose wird durch einzellige Parasiten der Ordnung Piroplasmida innerhalb der Familie der Babesiidae verursacht. Beim Rind kommen mehrere Arten der Gattung Babesia vor:
Epidemiologie
Babesien werden von verschiedenen Zeckenarten übertragen. Übertragungen sind auch durch Instrumente (z.B. Injektionskanülen) möglich - sind epidemiologisch jedoch bedeutungslos.
Babesiosen kommen bei vielen Säugetierarten vor, sodass die Erreger meist gut an die jeweilige Wirtsspezies angepasst sind (daher meist keine schwerwiegenden Erkrankungen). In Europa ist beim Rind vor allem Babesia divergens von großer klinischer Bedeutung. Vektor ist Ixodes ricinus (Gemeiner Holzbock), der in Mitteleuropa endemisch vorkommt.
Pathogenese
Nachdem die Babesien während der Blutmahlzeit der Zecke auf die Wiederkäuer übertragen werden, infizieren diese die Erythrozyten. Anschließend kommt zu einer intravasalen Hämolyse, deren genauer Pathomechanismus derzeit (2019) noch nicht vollständig geklärt ist.
Babesien produzieren zusätzlich Toxine, die zu einer Vasodilatation und einer erhöhten Gefäßpermeabilität sowie zu einer Erythrozytenaggregation führen. Nachdem die Tiere den akuten Anfall überstanden haben, können sie jahrelang Träger der Protozoen bleiben. In diesem Stadium (Prämunität) sind sie jedoch gegenüber einer weiteren Erkrankung weitgehend geschützt.
Klinik
Nach einer Inkubationszeit von 7 bis 10 Tagen treten die ersten Symptome auf. Erfolgt die Erstinfektion im Alter bis etwa 9 Monaten, verläuft sie oftmals subklinisch oder sehr mild (Fieber über mehrere Tage). Ältere Tiere zeigen Fieber, Schwäche, Hämoglobinurie (Weide- oder Mairot), Anämie, Tachykardie, pochender Herzschlag, kühle Körperoberfläche sowie Diarrhö.
Aufgrund der massiv einsetzenden Hämolyse leiden die Tiere an Ikterus, zentralnervösen Symptomen, Hypoxie und akutem Nierenversagen.[1]
Differenzialdiagnosen
Differenzialdiagnostisch müssen Hämolysen anderer Genese (z.B. Tränkehämoglobinurie) berücksichtigt werden.
Therapie
Die Babesiose der Wiederkäuer kann mit Diminazen und Imidocarb therapiert werden. Derzeit ist jedoch keiner der genannten Wirkstoffe zur Anwendung bei lebensmittelliefernden Tieren zugelassen.
Bei schwer anämischen Tieren (Hämatokrit unter 12 Vol.-%) muss eine Euthanasie in Betracht gezogen werden.
Prophylaxe
Durch die regelmäßige Applikation von Pyrethroiden im Abstand von 2 bis 3 Wochen kann ein Zeckenbefall weitgehend verhindert werden.
Diagnose
Anhand der typischen Klinik (Hämoglobinurie, regenerative Anämie) und der Jahreszeit (Mai, Juni, September) kann eine Verdachtsdiagnose gestellt werden. Mittels Giemsa-gefärbtem Blutausstrich oder PCR können die Erreger direkt nachgewiesen werden.
Bedeutung für den Menschen
Menschen können sich auch mit Babesien infizieren.[2] Die Humaninfektion manifestiert sich durch unregelmäßig wechselndes Fieber, Krankheitsgefühl, Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schweißausbruch, Myalgie und hämolytische Anämie. Infektionen mit Babesia divergens können auch tödlich verlaufen.[3]
Literatur
- Herausgeber: W. Klee, M. Metzner. Rinderskript. ISSN 1617-4410
Quellen
- ↑ [1] Babesia divergens, a Bovine Blood Parasite of Veterinary and Zoonotic Importance. Clin Microbiol Rev. 2003 Oct; 16(4): 622–636. doi: 10.1128/CMR.16.4.622-636.2003
- ↑ [2] Human babesiosis. Przegl Epidemiol. 2015;69(3):489-94, 605-8.
- ↑ [3] Fatal human babesiosis caused by Babesia divergens in an asplenic host. IDCases. 2018; 13: 4. Published online 2018 Jun 30. doi: 10.1016/j.idcr.2018.e00414