Autoimmune Anti-GFAP-Astrozytopathie
Englisch: autoimmune glial fibrillary acid protein astrocytopathy, GFAP astrocytopathy, autoimmune GFAP astrocytopathy
Definition
Die autoimmune Anti-GFAP-Astrozytopathie, kurz GFAP-Astrozytopathie, ist eine seltene entzündliche ZNS-Erkrankung.
Epidemiologie
Die GFAP-Astrozytopathie manifestiert sich in der Regel bei Erwachsenen mittleren Alters. Bisher (2024) sind nur wenige Fallserien beschrieben. Möglicherweise besteht eine Assoziation mit einem zugrundeliegenden Tumorleiden.
Ätiopathogenese
GFAP ist ein intrazelluläres Strukturprotein des Zytoskeletts von Astrozyten. Bei der GFAP-Astrozytopathie liegen IgG-Autoantikörper vor, die sich gegen GFAP richten, sodass es zu einem Verlust von Astrozyten kommt. Die Bildung der Autoantikörper beruht möglicherweise auf paraneoplastischen oder parainfektiösen Vorgängen. Die genaue Ursache der GFAP-Astrozytopathie ist noch (2024) unklar.
Klinik
Die GFAP-Astrozytopathie manifestiert sich oft in Form einer Meningoenzephalitis oder Meningoenzephalomyelitis. Der Verlauf kann akut, subakut oder chronisch sein. Typische Symptome sind:
- Kopfschmerzen
- Delir
- Nackensteifigkeit
- Fieber
- psychiatrische Symptome (z.B. Psychose)
- Verschwommensehen (Papillitis)
- motorische und sensorische Veränderungen (Myelopathie)
- zerebellare Ataxie
- Bewegungsstörungen (z.B. Tremor, Chorea, Myoklonus)
- therapierefraktäre epileptische Anfälle
- autonome Dysfunktion
- Bulbärsymptomatik
30 bis 67 % der Patienten berichten über ein grippeähnliches Prodromalstadium.
Diagnostik
Labordiagnostik
Bei der GFAP-Astrozytopathie finden sich erhöhte Anti-GFAP-Antikörper in Liquor oder Serum. Außerdem ist der Liquor entzündlich verändert (erhöhter Proteingehalt, Pleozytose). Koexistierende Autoantikörper wie NMDA-Rezeptor-Antikörper oder Aquaporin-4-Antikörper können vorliegen.
Radiologie
Methode der Wahl ist die Magnetresonanztomographie (MRT) des Gehirns und der spinalen Achse. Typische Befunde im Gehirn sind:
- T2w/FLAIR: hyperintense, diffuse, konfluierende, periventrikuläre White-Matter-Lesions, meist im Centrum semiovale, tiefen Hirnstrukturen und/oder Hirnstamm
- DWI: normal
- T1w-KM: lineares, perivaskuläres Enhancement, radial ausgehend von der periventrikulären Oberfläche durch die weiße Substanz. Seltener leptomeningeales und/oder periependymales Enhancement
- MR-Angiographie: normal
- Sehnerven: oft normal
- diffuse Kleinhirnatrophie: insbesondere bei Patienten mit zerebellärer Ataxie
Typische MRT-Befunde finden sich am häufigsten im zervikothorakalen Rückenmark:
- T2w: hyperintense, longitudinal ausgedehnte Läsionen, oft perizentral und mit unscharfen Grenzen.
- ggf. fokale Rückenmarksatrophie
- T1w-KM: Kontrastmittelenhancement möglich
Nuklearmedizin
Die FDG-PET-CT kann eine erhöhte FDG-Aufnahme zeigen, die auf einen Hypermetabolismus hinweist und oft mit den Regionen mit Signalalterationen im MRT des Gehirns und/oder des Rückenmarks übereinstimmt.
Neuropathologie
Neuropathologische Merkmale der GFAP-Astrozytopathie sind ausgedehnte perimikrovaskuläre Infiltrate sowie Zeichen der mikroglialen Aktivierung.
Differenzialdiagnosen
- intravaskuläres Lymphom
- ZNS-Vaskulitis
- Neurosarkoidose
- andere Ursachen einer longitudinalen extensiven transversen Myelitis (LETM): z.B. NMOSD
Therapie
Die GFAP-Astrozytopathie spricht meist gut auf Glukokortikoide an. Alternativ kommen andere Immuntherapien wie Rituximab, Mycophenolatmofetil, Azathioprin, Cyclophosphamid oder intravenöse Immunglobuline zum Einsatz.
Prognose
Die GFAP-Astrozytopathie verläuft meist monophasisch, kann aber bei ca. 20 % der Patienten rezidivieren. Insgesamt ist die Prognose gut.