AML mit biallel mutiertem CEBPA
Englisch: AML with biallelic mutations of CEBPA
Definition
Die AML mit biallel mutierten CEBPA-Genen, kurz biCEBPA, ist eine molekulare Untergruppe der akuten myeloischen Leukämie, bei der pathogene Mutationen in beiden Allelen des CEBPA-Gens vorliegen. Diese Form wird als eigene Entität abgegrenzt von der AML mit monoallelischer Mutation (moCEBPA), die prognostisch ungünstiger ist.
Epidemiologie
Die biCEBPA tritt häufiger bei jüngeren Erwachsenen auf und macht hier etwa 5–10 % der AML-Fälle aus.
Ätiopathogenese
Das CEBPA-Gen kodiert den Transkriptionsfaktor C/EBPα, der eine zentrale Rolle in der myeloischen Differenzierung spielt – insbesondere der Granulozyten.
Pathogene Varianten treten meist in zwei Funktionsdomänen auf:
- Die N-terminale Mutation führt zur Bildung einer verkürzten p30-Isoform, welche die Funktion der normalen p42-Isoform in einem dominant-negativen Mechanismus hemmt.
- Die C-terminale Mutation betrifft meist die hochkonservierte bZIP-Region und führt zu gestörter Dimerisierung und DNA-Bindung. Dies hemmt die Transkriptionsaktivität von C/EBPα.
Beide Mutationen wirken synergistisch; das Zusammenspiel der Mutationen unterbricht die normale Differenzierung der myeloischen Vorläuferzellen.
Klinik
Erkrankte sind häufig jünger, zeigen aber sonst klinisch keine Unterschiede zu anderen AML-Formen. Es besteht eine Knochenmarkinsuffizienz mit Anämie, Neutropenie und Thrombozytopenie. Unspezifische Symptome sind:
Diagnostik
Zunächst erfolgt die Beurteilung von Blutbild und Knochenmarkbiopsat. Hierbei zeigt sich typischerweise eine Zytopenie mit Nachweis von ≥ 20 % Blasten im peripheren Blut oder Knochenmark. Die Blasten erscheinen überwiegend dysplastisch oder undifferenziert. In der Immunphänotypisierung zeigt sich ein myeloisches Markerprofil mit Expression von CD34, CD117, HLA-DR und Myeloperoxidase (MPO).
Die zytogenetische Analyse ergibt in der Regel einen normalen Karyotyp (CN-AML). Der Nachweis von CEBPA-Mutationen erfolgt mittels Sanger- oder Next-Generation-Sequencing (NGS). Für die Diagnose "AML mit CEBPA-Mutation" gemäß WHO-Klassifikation (Stand 2022) ist der Nachweis von biallelischen Mutationen im CEBPA-Gen oder einer einzelnen Mutation im bZIP-Bereich (smbZIP-CEBPA) erforderlich.
Die ICC-Klassifikation (Stand 2022) definiert die Entität enger und verlangt nicht zwingend biallelische Mutationen, sondern fokussiert auf In-frame-Mutationen innerhalb der bZIP-Domäne, unabhängig davon, ob mono- oder biallelisch. Zudem senkt die ICC die Blastenzahl-Schwelle auf ≥ 10 %, wodurch eine Diagnosestellung auch bei niedrigem Blastenanteil möglich ist.
Differentialdiagnose
Im Rahmen der Differenzialdiagnose ist die Abgrenzung zu monoallelischen CEBPA-Mutationen wichtig, da diese keine günstige Prognose bedingen. Zusätzlich sollten andere prognoserelevante molekulare Veränderungen wie FLT3-ITD, NPM1 oder RUNX1-Mutationen ausgeschlossen werden, da sie Einfluss auf die Risikostratifikation und Therapieentscheidung haben.
Therapie
Als Standardtherapie kommt eine intensive Anthrazyklin- und Cytarabin-basierte Induktion (7+3-Schema) zum Einsatz, gefolgt von hochdosiertem Cytarabin (HiDAC) in der Konsolidierung.
Eine allogene Stammzelltransplantation ist im ersten Remissionsverlauf bei biCEBPA-AML mit günstigem Risikoprofil in der Regel nicht indiziert. Die Entscheidung erfolgt nur bei Hochrisikokonstellationen, z. B. bei persistierender oder rezidivierender minimaler Resterkrankung (MRD) oder bei ungünstigen Begleitmutationen, da diese Faktoren das Rezidivrisiko erhöhen können.
Prognose
Studien zeigen bei biCEBPA-AML ein deutlich verlängertes Gesamtüberleben gegenüber monoallelisch mutierten Fällen (10-Jahres-Gesamtüberleben teils > 80 % unter Standardtherapie).
Literatur
- Lachowiez et al., Comparison and validation of the 2022 European LeukemiaNet guidelines in acute myeloid leukemia, Blood Adv., 2023
- Huber et al., AML classification in the year 2023: How to avoid a Babylonian confusion of languages, Leukemia, 2023
- De la Torre et al., Validation of mutated CEBPA bZIP as a distinct prognosis entity in acute myeloid leukemia: a study by the Spanish PETHEMA registry, Haematologica, 2024
- Mendoza et al., Laboratory evaluation and prognostication among adults and children with CEBPA-mutant acute myeloid leukemia, Int J Lab Hematol., 2021