4-Dimethylaminophenol
Synonyme: 4-DMAP, 4-(Dimethylamino)phenol
Englisch: 4-Dimethylaminophenol
Definition
4-Dimethylaminophenol, kurz 4-DMAP, ist ein Methämoglobinbildner und wird als Arzneistoff gegen verschiedene Vergiftungen (Antidot) angewandt.
Chemie und Eigenschaften
Die Summenformel von 4-DMAP lautet C8H11NO. Die molekulare Masse (Molekulargewicht) beträgt 137,18 g·mol-1. 4-DMAP besitzt einen Phenolgrundkörper mit Dimetyhlamino-Gruppe und kann sowohl als Derivat des Phenols als auch des Anilins interpretiert werden. In pharmazeutischen Darreichungsformen liegt die Substanz als Salz (4-Dimethylaminophenolhydrochlorid) vor. 4-DMAP ist eines von mehreren Strukturisomeren von Dimethylaminophenol.
Präparate
- 4-DMAP Ampullen Antidotlösung (Dr. Franz Köhler Chemie GmbH)
Indikation
4-DMAP ist indiziert bei schweren Intoxikationen (Vergiftungen) mit folgenden Substanzen:
- Blausäure und deren Salze, den Cyaniden (in Verbindung mit Hydroxocobalamin, Natriumthiosulfat)
- Schwefelwasserstoff (Wirksamkeit nicht ausreichend belegt)
Cyanid-Ionen binden an dreiwertige Eisen-Ionen (Fe3+) von Enzymen der Atmungskette (Cytochrom-c-Oxidase) innerhalb von Zellen (Mitochondrien) und blockieren die Atmungskette. Auf ähnliche Weise wirkt Schwefelwasserstoff. In der Folge kommt es zum Zusammenbruch der zellulären Energieversorgung und zur inneren Erstickung.
Bei leichten Cyanid- sowie Nitrilvergiftungen ist zumeist die Applikation von Natriumthiosulfat ausreichend.
Pharmakologie
Die Applikation von 4-DMAP erfolgt intravenös. 4-DMAP bewirkt eine Oxidation des Eisen-Ions des Hämoglobins (Hb) vom zweiwertigen Fe2+ zu dreiwertigem Fe3+ und bildet so Methämoglobin (MetHb).
Im Falle einer Blausäurevergiftung (Cyanidintoxikation) macht man sich die hohe Affinität des Cyanid-Ions zu dreiwertigen Eisen-Ionen zu Nutze. 4-DMAP bewirkt je nach Dosierung bei einem gewissen Anteil des Hämoglobins die Umsetzung zu Methämoglobin durch Fe3+-Bildung. Diese Fe3+-Ionen sind in der Lage, Cyanid-Ionen zu binden (Komplexbildung: Cyan-Hämoglobin) und abzufangen. Somit verbleiben die gebundenen Cyanid-Ionen im Blut, dringen nicht in Zellen ein und erreichen nicht die Atmungskette. Im weiteren Verlauf wird Natriumthiosulfat appliziert, welches durch Bereitstellung von Schwefel die im Blut gebundenen Cyanid-Ionen in Thiocyanat umwandelt und so einer Eliminierung zugänglich macht.
Toxikologie
Durch die Umsetzung von Hb zu MetHb geht die Fähigkeit verloren, Sauerstoff zu transportieren. Eine Überdosierung von Methämoglobinbildnern kann somit durch eine Mangelversorgung mit Sauerstoff selbst toxische Effekte bewirken, die in Abhängigkeit von der Dosis lebensbedrohlich sein können. Signifikante toxische Symptome (z.B. Kopfschmerz, Vertigo) können ab einem Anteil von 15 bis 20 % MetHb am Gesamt-Hämoglobin auftreten. Sehr hohe MetHb-Werte (60 bis 80 %) führen zu Bewusstlosigkeit, Schock sowie Hypothermie und nehmen unter Umständen einen letalen Verlauf. Als Antidot gegen Methämoglobinbildner eignet sich Toluidinblau.
In vitro erwies sich 4-DMAP als genotoxisch. Studien bezüglich kanzerogenen Potentials wurden nicht durchgeführt. Im Tierversuch (Ratte) zeigten sich nephrotoxische Effekte (Tubulusnekrosen), die jedoch im Rahmen der medizinisch indizierten Dosierung zu vernachlässigen sind.
Kontraindikationen
- Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase-Mangel (verstärkte MetHb-Bildung)
- Vorsicht bei Säuglingen (verstärkte MetHb-Bildung)
- Überempfindlichkeit und Allergie gegenüber 4-DMAP oder Natriummetabisulfit
- Vorsicht bei gleichzeitiger Kohlenmonoxidvergiftung (Dosisreduktion!)
- Sulfit-sensibles Asthma (Nutzen-Risiko-Abwägung, Bereithaltung von Glucocorticoiden bei 4-DMAP-Applikation)[1]
Einzelnachweise
- ↑ Gelbe Liste (online): 4-DMAP Köhler Chemie (aufgerufen: 2017-06-25)
Literatur
- Mutschler et al.: Mutschler Arzneimittelwirkungen, 8. Aufl, Wissenschaftl. Verlagsgesellschaft.
- Lüllmann et al.: Pharmakologie und Toxikologie, Thieme Verl. 2003, 15. Aufl.
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