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Niereninsuffizienz

(Weitergeleitet von Nierenversagen)

Synonyme: Nierenfunktionsstörung, Nierenversagen
Englisch: renal failure

1. Definition

Als Niereninsuffizienz oder Nierenversagen bezeichnet man die Unterfunktion einer oder beider Nieren. Es kommt im Rahmen einer Niereninsuffizienz zur Erhöhung der Konzentration von harnpflichtigen Substanzen (Kreatinin, Harnstoff, Harnsäure und andere) im Blut.

2. Ursachen

Eine Niereninsuffizienz kann auf der Basis verschiedener Nierenerkrankungen oder Allgemeinerkrankungen entstehen. Die mit Abstand häufigste Ursache ist die diabetische Nephropathie im Rahmen eines Diabetes mellitus. Weitere Ursachen sind:

3. Einteilung

3.1. ...nach Verlauf

Klinisch wird die Niereninsuffizienz eingeteilt in:

Unter ICD10-Code N19 ist die nicht näher bezeichnete Niereninsuffizienz klassifiziert.

3.2. ...nach glomerulärer Filtrationsrate

Anhand der glomerulären Filtrationsrate (GFR) kann man die Niereninsuffizienz in fünf Schweregrade einteilen:

Stadium GFR ICD10-Code Nierenerkrankung...
1 > 89 N18.1 ...mit normaler Nierenfunktion
2 60 - 89 N18.2 ...mit milder Funktionseinschränkung
3 30 - 59 N18.3 ...mit moderater Funktionseinschränkung
4 15 - 29 N18.4 ...mit schwerer Funktionseinschränkung
5 < 15 N18.5 Chronisches Nierenversagen

Im Stadium 1 und 2 ist zur Diagnose einer Nierenkrankheit immer der Nachweis einer Proteinurie oder ein pathologischer Befund in einem bildgebenden Verfahren erforderlich. Patienten mit einer milden Nierenfunktionseinschränkung (GFR 60-89 ml/min/1,73m²), bei denen man keine Proteinurie oder andere pathologische Veränderungen an den Nieren feststellen kann, sind nicht nierenkrank.

3.3. ...nach Retentionswerten

Eine andere Möglichkeit der Einteilung ist die Klassifizierung in Abhängigkeit von den Retentionswerten. Dabei wird die Niereninsuffizienz in 4 Stadien eingeteilt.

3.3.1. Stadium 1 - Funktionseinschränkung

Im Stadium 1 der Niereninsuffizienz liegt eine Funktionseinschränkung der Niere vor. Die Kreatinin-Werte liegen zwischen 1,2 mg/dl bis 2 mg/dl. Jedoch muss nicht jede Funktionseinschränkung der Niere in diesem Stadium zu einer Erhöhung des Serumkreatinins führen. Erst ab einer Abnahme der GFR um 50 % steigt das Kreatinin im Serum an.

Daher kann eine Niereninsuffizienz trotz Kreatininwerten im Referenzbereich vorliegen. Zur Aufdeckung solch maskierter Fälle der Niereninsuffizienz eignet sich die Bestimmung der Clearance, beispielsweise der Kreatinin-Clearance.

Besonders bei Patienten hohen Alters ist auch das Vorliegen einer geringgradigen Niereninsuffizienz durch Dosisanpassungen bei renal eliminierten Medikamenten zu berücksichtigen.

3.3.2. Stadium 2 - Kompensierte Retention

Im Stadium 2 spricht man auch von einer kompensierten Retention oder Azotämie. Die Kreatininwerte liegen zwischen 2 bis 6 mg/dl. In diesem Stadium können harnpflichtige Substanzen noch in ausreichendem Maß ausgeschieden werden.

3.3.3. Stadium 3 - Dekompensierte Retention

Das Stadium 3 ist das Stadium der dekompensierten Retention. Harnpflichtige Substanzen werden nicht mehr in ausreichendem Maß aus dem Blut eliminiert - es resultiert eine Präurämie. Die Kreatininwerte liegen zwischen 6 bis 12 mg/dl. Im Stadium der dekompensierten Retention ist durch eine diätetische Eiweißrestriktion eine Rückführung in die kompensierte Retention möglich.

3.3.4. Stadium 4 - Urämie

Das Stadium 4 ist die terminale Niereninsuffizienz, es besteht die Indikation zur Dialyse und/oder zur Nierentransplantation. Die Retentionswerte liegen über 12 mg/dl. Das Erscheinungsbild des Patienten ist durch die klinische Symptomatik der Urämie geprägt.

3.4. ...nach Pathophysiologie

  • Prärenale Niereninsuffizienz: Die auslösende Störung sitzt "vor" der Niere. Die Verminderung des (effektiven) Blutvolumens (Hypovolämie) führt zur Niereninsuffizienz.
  • Intrarenale Niereninsuffizienz: Die Ursache für den Funktionsverlust liegt im Nierengewebe selbst.
  • Postrenale Niereninsuffizienz: Die Insuffizienz wird durch Veränderungen "hinter" der Niere verursacht, d.h. im Bereich der ableitenden Harnwege (obstruktive Uropathie).

4. Symptome und Folgeerkrankungen

Die Niereninsuffizienz führt zu einer Vielzahl charakteristischer Symptome und Folgeerkrankungen, die neben den Laborwerten diagnostisch wegweisend sein können. Die wichtigsten Konsequenzen sind Überwässerung, Retention harnpflichtiger Substanzen (Urämie) und Elektrolytstörungen. Zu den typischen Symptomen zählen:

5. Diagnostik

6. Dosisanpassung von Medikamenten

Die Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz (DANI) beschreibt Regeln zur Dosierung von Arzneimitteln zur Anwendung bei leichter, mittelgradiger und/oder schwerer Niereninsuffizienz.[1] Durch die verschlechterte Ausscheidung kann es zur Akkumulation des Arzneistoffes im Körper kommen. Die angeordnete Dosis wird so zeitweise überschritten, was vermehrte Nebenwirkungen auslösen kann. Daher muss eine Dosisanpassung erfolgen.

7. Therapie

Die Therapie der Niereninsuffizienz richtet sich nach dem Grad des Funktionsausfalls und nach der auslösenden Krankheitsursache. Eine Kausaltherapie im Sinne einer Reparatur untergegangenen Nierengewebes ist zur Zeit (2023) nicht möglich. Neuste Forschungsansätze zielen auf die Rekonstruktion ganzer Nieren durch den 3D-Gewebedruck. Sie befinden sich jedoch noch im Stadium der Grundlagenforschung.[2]

7.1. Leichte bis moderate Niereninsuffizienz

Bei leichten bis moderaten Funktionseinschränkungen liegt das Hauptaugenmerk der Therapie darauf, eine weitere Verschlechterung der Nierenfunktion zu verhindern und entsprechende Risikofaktoren (z.B. Hypertonie, Hyperglykämie, Hyperlipidämie, Rauchen, Analgetikaabusus) auszuschalten. Wichtigste Maßnahme ist die Blutdruckeinstellung durch Antihypertensiva, in der Regel ACE-Hemmer. Dieses Vorgehen wird durch diätetische Maßnahmen (Kochsalzrestriktion, ausreichende Trinkmenge) ergänzt. Eine Steigerung der Flüssigkeitsaufnahme beeinflusst den Verlauf der Erkrankung nicht.[3] Eine eiweißreduzierte Ernährung ist umstritten, da ein renaler Proteinverlust besteht.

7.2. Fortgeschrittene Niereninsuffizienz

Eine fortgeschrittene Niereninsuffizienz, die zur Retention harnpflichtiger Substanzen führt, macht eine Nierenersatztherapie (Peritonealdialyse, Hämofiltration, Hämodialyse) notwendig. Zusätzliche Maßnahmen sind die Gabe von Erythropoetin und Phosphatbindern. Eine durch den Mangel an Spenderorganen nur limitiert verfügbare Alternative ist die Nierentransplantation.

8. Podcast

FlexTalk - Interessiert mich, die Bohne: Die Niere
FlexTalk - Interessiert mich, die Bohne: Die Niere

9. Quiz

10. Bildquelle

  • Bildquelle für Flexikon-Quiz: © Tijana Drndarski/ Unsplash
  • Bildquelle Podcast: © blackieshoot / Unsplash

11. Quellen

  1. Informationen zur Arzneimittel-Anwendung & -Sicherheit. Abt. Klinische Pharmakologie & Pharmakoepidemiologie, Universitätsklinikum Heidelberg. Abgerufen am 22.06.2023
  2. Engineering a Kidney. Wake Forst, School of medicine
  3. William F. Clark et al.: Effect of Coaching to Increase Water Intake on Kidney Function Decline in Adults With Chronic Kidney Disease - The CKD WIT Randomized Clinical Trial May 8, 2018 JAMA. 2018;319(18):1870-1879. doi:10.1001/jama.2018.4930

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