Cholelithiasis
Synonym: Gallensteinleiden
Englisch: cholelithiasis
Definition
Als Cholelithiasis wird das Vorhandensein von Konkrementen in der Gallenblase (Cholezystolithiasis) oder in den angeschlossenen extra- oder intrahepatischen Gallenwegen (Choledocholithiasis) bezeichnet.
ICD-Codes
ICD-10-Codes:
- K80.-: Cholelithiasis
- K80.1-2: Gallenblasensteine
- K80.3-5: Gallengangsteine
- K80.8: Sonstige Cholelithiasis
Epidemiologie
Laut Sektionsstatistik weisen etwa 50 % der Frauen und 15 % der Männer Gallensteine (Cholelithen) auf, wobei das Verhältnis Cholesterinstein:Pigmentstein bei 9:1 liegt.[1]
Eine Cholezystolithiasis liegt bei etwa 15 % der Bevölkerung vor. Frauen sind zweimal häufiger betroffen als Männer. Gallensteine verursachen in ca. 75 % der Fälle keine pathologische Symptomatik. Eine Choledocholithiasis entsteht meistens bei Abgang von Steinen aus der Gallenblase in die Gallengänge und liegt bei bis zu einem Drittel der Patienten mit Cholezystolithiasis vor. Konkremente können jedoch auch de novo im Gallengang entstehen (z.B. bei chronischer Hämolyse).
Einteilung
...nach Lokalisation
- Cholezystolithiasis: Stein in der Gallenblase
- Choledocholithiasis: Stein in den extrahepatischen oder intrahepatischen Gallenwegen
...nach Pathogenese
Grundsätzlich können Gallensteine auf zwei Wegen gebildet werden:
- Cholesterinstein: Entstehen durch Auskristallisierung von Cholesterin um einen Nidationspunkt (z.B. Bakterien)
- Pigmentstein: Bildung durch (bakteriell bedingte) Ausfällung von Bilirubin
Daneben sind sogenannte gemischte Steine zu nennen, die sowohl aus Pigment, als auch aus Cholesterin bestehen.
siehe auch: Gallenstein
... nach Größe
- Makrolithiasis: Große Gallensteine
- Mikrolithiasis: Winzige Konkremente in der Gallenblase oder in den Gallenwegen
Pathogenese
Die genauen Mechanismen für die Entstehung von Gallensteinen sind noch nicht vollständig geklärt, doch gilt folgender Mechanismus als wahrscheinlich: Im ersten Schritt kommt es durch einen relativen Überschuss von Cholesterin in der Galle zu einer Kristallisation des Cholesterins. Diese Cholesterinkristalle werden von neutrophilen Granulozyten umschlossen. Beim Versuch, die Cholesterinkristalle zu phagozytieren, werden sie apoptotisch und setzen Neutrophil Extracellular Traps (NETs) frei, die zu einer Aggregation und Verklumpung der Cholesterinkristalle führen.[2]
Eine Vorstufe von Gallensteinen ist der Gallenblasensludge. Er besteht aus Calciumbilirubinat, Cholesterin-Mikrokristallen und Muzinen. Gallenblasensludge entwickelt sich vorzugsweise in einer hypomotilen Gallenblase, u.a. während der Gravidität oder bei parenteraler Ernährung. Aus dem Sludge können sich Gallengrieß oder Gallensteine entwickeln, er kann sich aber auch von selbst wieder zurückbilden.
Risikofaktoren
Die wichtigsten Risikofaktoren werden mit den sogenannten 6 f zusammen gefasst:
- fat (Adipositas bzw. Hyperlipidämie)
- female (weibliches Geschlecht)
- fair (heller Hauttyp)
- forty (Alter > 40 Lebensjahre)
- fertile (Fruchtbarkeit, Schwangerschaft)
- family (familiäre Disposition)
Weiterhin stellen Diabetes mellitus, Leberzirrhose, Hämolysen, Östrogentherapien, und Erkrankungen des terminalen Ileum mögliche Risikofaktoren dar.[3] Auch einige Pharmaka (z.B. GLP-1-Analoga, Fibrate) wirken cholelithogen.[4][5]
Symptomatik
Die Mehrzahl der Gallensteine (etwa 80 %) bleibt asymptomatisch. Ein Teil der Patienten mit Gallensteinen klagt über unspezifische gastrointestinale Beschwerden wie:
- postprandiales Druckgefühl im Epigastrium
- Nausea
- Völlegefühl
- Erbrechen
- Meteorismus
Eine sehr schmerzhafte Verlaufsform des Gallensteinleidens ist die Gallenkolik. Die Schmerzen halten bei einer Gallenkolik oft stundenlang an und nehmen mit der Zeit zu. Eine Ausstrahlung des Schmerzes in die Region der rechten Schulter (Head-Zone) wird häufig beschrieben. Der Gallenstein liegt bei einer Kolik meistens in der Gallenblase selbst oder im angrenzenden Ductus cysticus.
Diagnose
Eine Cholelithiasis kann zuverlässig mit einer Sonographie des Oberbauches diagnostiziert werden. Dabei kann gleichzeitig die Weite der Gänge beurteilt und nach sonographischen Zeichen einer Entzündung gesucht werden.
Anamnese
In der Anamnese muss die Schmerzcharakteristik erfragt werden. Hilfreich können auch Hinweise auf vorangegangene Koliken als Zeichen für längere Zeit bestehende Konkremente sein.
Körperliche Untersuchung
Bei der körperlichen Untersuchung können je nach Lage der Gallensteine eine prall gefüllte, schmerzlose Gallenblase palpiert (Courvoisier-Zeichen), das Murphy-Zeichen ausgelöst oder ein Ikterus festgestellt werden. Schmerzen, Fieber, Abgeschlagenheit und Schüttelfrost deuten auf eine bereits bestehende akute Cholezystitis hin.
Labordiagnostik
Die Labordiagnostik dient der Verlaufsbeobachtung und Bestätigung:
- Ein hohes C-reaktives Protein und eine Leukozytose sprechen für eine Cholezystitis
- Anstiege der Pankreaslipase und Amylase offenbaren eine entzündliche Beteiligung des Pankreas und erlauben Rückschlüsse auf die Lage des Steins
- Ein Ansteigen der alkalischen Phosphatase und der Gamma-Glutamyltransferase weist auf die Lage/Wanderung der Gallensteine in die Gallenwege mit Cholestase hin.
Differenzialdiagnostik
Unter einer Therapie mit Ceftriaxon kann es zu Ausfällungen des Medikaments als Calciumsalz in der Galle kommen, die sonographisch als Gallensteine fehlgedeutet werden können.[6]
Therapie
Die Therapie einer Cholelithiasis ist in der Regel invasiv. Bei einer Choledocholithiasis ist die ERCP Therapie der Wahl.
Bei einer Cholezystolithiasis oder Unzugänglichkeit der Gallenwegssteine via ERCP ist die (laparoskopische) Cholezystektomie Therapie der Wahl. Die Cholezystektomie bzw. ERCP sollten im symptomfreien Intervall, d.h. nach Behandlung und Abklingen einer Gallenkolik oder Cholezystitis erfolgen.
Bei vorliegenden Kontraindikationen gegen eine Operation kann bei Steinen unter 2 cm Durchmesser eine medikamentöse Litholyse (Auflösung) mittels Ursodeoxycholsäure und Chenodesoxycholsäure angestrebt werden. Die Rezidivneigung ist bei diesem Vorgehen allerdings sehr hoch.
Alternative Behandlungsmethoden sind die
- extrakorporale Stoßwellenlithotripsie, bei der die Gallensteine durch Applikation von Stoßwellen zunächst verkleinert werden, um dann auf natürliche Weise in den Darm abzugehen. Dabei kommt es allerdings durch den Abgang der kleineren Steine bedingt häufig zu Gallenkoliken.
- Laserlithotripsie, die perkutan oder transpapillär durchgeführt werden kann. Hier werden die Gallensteine mithilfe eines Infrarotlasers zerkleinert.
Komplikationen
Eine Cholelithiasis kann zu einer Reihe von eines Infrarotlasers Komplikationen führen, die den Verlauf und das Ausmaß der Erkrankung wesentlich beeinflussen:
- Cholezystitis: akut oft als Gallenblasenempyem, chronisch meist uncharakteristischer Symptomatik und verdickter Wandung der Gallenblase
- cholestatischer Ikterus: bei im Ductus choledochus liegendem Konkrement und Behinderung des Galle-Abflusses
- Cholangitis: durch bakterielle Infektion
- Gallenblasenhydrops und Porzellangallenblase: infolge einer Abflussbehinderung der Gallenblase und fortschreitender Kalzifikation
- Pankreatitis: hervorgerufen durch steinbedingten Verschluss der Ampulla hepatopancreatica
- Perforation der Gallenblase mit resultierender Peritonitis bzw. bei Penetration in den Darm mit Gefahr der Ausbildung eines Ileus
Trivia
In der Alternativmedizin wird zur "Reinigung" der Gallenblase mitunter die Einnahme einer großen Menge Olivenöl empfohlen. Der Patient scheidet dann angeblich Gallensteine auf natürlichem Weg aus. Diese Fehltherapie basiert auf einem chemischen Effekt: Große Mengen an Öl gehen mit der Magensäure eine Verseifungsreaktion ein. Im Verlauf der Magen-Darm-Passage werden diese Seifensteine von der normalen Gallenflüssigkeit grün gefärbt. Am Ende scheidet der Patient somit grünliche Seifensteine aus, die eine äußere Ähnlichkeit mit Gallensteinen haben können. Das Verfahren führt jedoch nicht zum Abgang der Gallensteine, sondern nur zu Nebenwirkungen wie Nausea, Diarrhoe oder Pankreatitis.[7][8]
Podcast
Quiz
Bildquellen
- Bildquelle Podcast: @africa-images: ©Canva Freie Medien
- Bildquelle für Flexikon-Quiz: © Arya Kratos / pexels
Quellen
- ↑ Arasteh, Baenkler et al.: Innere Medizin. 2. Auflage, 2009. Thieme Verlag
- ↑ Muñoz LE te al.: Neutrophil Extracellular Traps Initiate Gallstone Formation. Imunity August 15, 2019 DOI:https://doi.org/10.1016/j.immuni.2019.07.002
- ↑ Lenzen H.et al.: Praxis der Hepatologie. 2016. Springer Verlag
- ↑ Fachinfo zu Ozempic® (Semaglutid), European Medicines Agency, aufgerufen am 24.07.2024.
- ↑ Eintrag zu Gevilon® (Gemfibrozil), Rote Liste, aufgerufen am 24.07.2024
- ↑ Fachinformation zu Ceftriaxon auf Fachinfo.de, aufgerufen am 31.07.2024.
- ↑ Gallbladder cleanse: A 'natural' remedy for gallstones? MAYO Clinic
- ↑ Wenn Patienten ihre Galle selber spülen, SPON
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