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Aortenstenose

Synonym: Aortenklappenstenose
Englisch: aortic stenosis

1. Definition

Die Aortenstenose ist ein Herzklappenfehler, bei dem der Ausflusstrakt des linken Ventrikels verengt ist.

  • ICD10-Code: I35.0

2. Nomenklatur

Die Kurzform "Aortenstenose" wird wesentlich häufiger verwendet als der korrekte Ausdruck "Aortenklappenstenose". In seltenen Fällen kann mit Aortenstenose wirklich eine Stenose der Aorta gemeint sein.

3. Einteilung

3.1. Kongenitale Aortenstenose

Die Aortenstenose kann kongenital bestehen und wird dann in der Regel im jungen Erwachsenenalter symptomatisch. Die kongenitale Aortenstenose stellt die mit Abstand häufigste Form der Aortenstenose bei Patienten dar, die jünger als 55 Jahre sind. Man unterscheidet drei verschiedene Lokalisationen:

Des Weiteren unterscheidet man nach der Form der Aortenklappe:

Unikuspidale Aortenklappen führen zu einer größeren Beeinträchtigung der Hämodynamik und werden deshalb meist schon im Säuglingsalter diagnostiziert. Kongenitale bikuspidale Klappen sind selten primär mit einer Stenose verbunden - sie werden in späteren Lebensjahren klinisch manifest. Die Stenose entwickelt sich hierbei durch turbulente Blutströmungen an der Klappe, die zu einer Fibrose und Verkalkung der Klappe führen. Auch trikuspidal angelegte Klappen können zu einer angeborenen Aortenstenose führen, wenn die Klappenkommissuren pränatal fusionieren.

3.2. Erworbene Aortenstenose

Die erworbene Aortenstenose beruht in der überwiegenden Zahl der Fälle auf degenerativen Vorgängen (meist Kalzifikation), einer Endokarditis oder rheumatischem Fieber. Die erworbene Aortenstenose wird in der Regel erst nach dem 60. Lebensjahr symptomatisch.

Erworbene Aortenstenosen sind darüber hinaus auch mit kardiovaskulären Risikofaktoren und koronarer Herzkrankheit (KHK) assoziiert.

Mehrere genomweite Assoziationsstudien (GWAS) zeigen, dass Genvarianten (SNPs) von Lipoprotein (a) signifikant mit einer kalzifizierenden Aortenklappenstenose assoziiert sind.[1][2][3] Zudem konnte man nachweisen, dass erhöhte Lipoprotein(a)-Konzentrationen im Blut mit einem gesteigerten Risiko für die Entstehung einer degenerativen Aortenstenose einhergehen.[4][5]

Eine Sonderform der Aortenstenose entsteht im Verlauf einer hypertroph-obstruktiven Kardiomyopathie (HOCM). Sie wird im jüngeren Lebensalter symptomatisch.

4. Pathophysiologie

Bei der Aortenstenose besteht ein pathologischer Druckgradient zwischen dem prästenotischen und dem poststenotischen Abschnitt. Die chronische Druckbelastung des linken Ventrikels (Linksherzbelastung) führt zu einer konzentrischen Hypertrophie des linken Herzens (Linksherzhypertrophie).

Dadurch kann das Herz höhere Drücke erzeugen, um trotz der Stenose eine ausreichende Ejektionsfraktion zu ermöglichen. Unbehandelt kommt es jedoch nach einigen Jahren zu einer Dilatation des Ventrikels mit konsekutivem Abfall der Pumpleistung. Das Resultat ist eine Herzinsuffizienz.

5. Klinik

Die typische Symptomtrias der Aortenstenose setzt sich aus Synkopen, Dyspnoe und Angina pectoris zusammen.

Im kompensierten Stadium der Aortenstenose klagen Patienten über Synkopen, Schwindel und Leistungsminderung. Ursächlich dafür ist eine belastungsinduzierte Mangeldurchblutung des Gehirns und anderer Organe. Die zerebrale Minderperfusion erklärt sich zum einen durch eine fehlerhafte Antwort der linksventrikulären Barorezeptoren, die zu einer peripheren Vasodilatation führt. Zum anderen kann im Rahmen der Belastung das Herzminutenvolumen nicht ausreichend erhöht werden.

Mit zunehmender Hypertrophie des Herzens nimmt der myokardiale Sauerstoffbedarf zu, sodass es auch bei gesunden Koronararterien zu einer Angina pectoris kommen kann. Eine begleitende KHK ist jedoch ebenfalls häufig.

Bei fortschreitender Dilatation des linken Ventrikels gewinnt die Symptomatik der Herzinsuffizienz zunehmend an Bedeutung, deren wichtigste Folge ein Lungenödem ist. Schwergradige Aortenstenosen können weiterhin als Komplikation zu Arrhythmien (z.B. Vorhofflimmern) führen.

6. Diagnostik

Bei der klinischen Untersuchung findet sich eine kleine Blutdruckamplitude mit trägem Pulsanstieg (Pulsus tardus et parvus). Der Herzspitzenstoß kann als Ausdruck einer vermehrten Herzarbeit intensiviert tastbar sein. Auf bestehende Zeichen der Herzinsuffizienz ist stets zu achten.

6.1. Auskultation

Die Auskultation erhärtet den Verdacht einer Aortenstenose. Ein lautes, spindelförmiges Holosystolikum mit Punctum maximum über dem 2. ICR rechts parasternal ist charakteristisch. Das Systolikum tritt bei schwergradigeren Stenosen teils auch deutlich nach dem 1. Herzton auf. Der 2. Herzton ist meist leise. Eine Fortleitung des Herzgeräusches als Schwirren in die Karotiden dient der Differenzierung zur Mitralinsuffizienz. Eine Verwechslung mit der Mitralinsuffizienz kann vorkommen, wenn das laute Systolikum der Aortenstenose über allen Auskultationsstellen laut gehört wird. Ein Hinweis auf eine hochgradige Aortenstenose ist das Auftreten eines 4. Herztons.

Zur Absicherung der Diagnose ist eine weitergehende apparative Diagnostik erforderlich.

Aortenklappenstenose
Aortenklappenstenose

Audiodatei freundlicherweise zur Verfügung gestellt von 3M Littmann

6.2. Röntgen-Thorax

Im Röntgen-Thorax ist eine Aortendilatation und -elongation festzustellen. Eine Herzvergrößerung ist erst bei Dilatation sichtbar. In der seitlichen Aufnahme lässt sich inkonstant eine Kalzifikation der Aortenklappe darstellen.

6.3. EKG

Im EKG zeigt sich als Ausdruck einer Linksherzhypertrophie häufig ein positiver Sokolow-Lyon-Index. ST-Streckenhebungen können vor allem in Ableitung I, V5 und V6 Ausdruck einer Ischämie sein. In der Regel besteht ein Linkstyp oder ein überdrehter Linkstyp.

6.4. Echokardiographie

In der Echokardiographie können die Morphologie und die Funktion des Herzens beurteilt werden. Die beste Darstellung erlaubt die transösophageale Echokardiographie (TEE). Es zeigen sich verdickte Wände des linken Ventrikels sowie eine verkalkte Aortenklappe. Fakultativ kann eine Dilatation des linken Vorhofs vorliegen.

Mit der Dopplersonographie kann die Flussgeschwindigkeit (Vmax) an der Stenose bestimmt werden. Daraus kann der Druckgradient gefolgert werden.

Die Klappenöffnungsfläche (KÖF) bzw. Aortenklappenöffnungsfläche (AÖF) kann direkt mit der Flussgeschwindigkeit bestimmt und zur Klassifikation der Aortenstenose genutzt werden. Sie wird mithilfe der Gorlin-Formel berechnet.

  • leichtgradige Aortenstenose:
    • KÖF: > 1,5 cm2
    • Vmax: < 3,0 m/s
  • mittelgradige Aortenstenose:
    • KÖF: 1,0-1,5 cm2
    • Vmax: 3,0-4,0 m/s
  • hochgradige Aortenstenose:
    • KÖF: < 1,0 cm2
    • Vmax: > 4,0 m/s

6.5. Herzkatheter

Im Rahmen der Herzkatheteruntersuchung kann der Druckgradient direkt bestimmt werden. Durch eine Aortographie und Kontrastmitteldarstellung des Ventrikels können andere Klappenfehler ausgeschlossen werden. Als Nebenbefund kann der Status der Koronararterien bestimmt werden.

6.6. Oszillographie

Bei der Oszillographie der Arteria carotis communis tritt ein sogenanntes Hahnenkamm-Phänomen auf.

7. Therapie

Eine leichtgradige und asymptomatische Stenose kann zunächst konservativ behandelt werden. Prinzipien der Behandlung sind:

  • Anweisung zum Meiden schwerer körperlicher Belastungen
  • regelmäßige Kontrolluntersuchungen
  • Behandlung von Begleiterkrankungen

Bei Auftreten von klinischen Symptomen und bei asymptomatischen hoch- und mittelgradigen Stenosen wird die chirurgische/invasive Therapie bevorzugt. Bis zum Eingriff erfolgt medikamentös eine symptomatische Therapie der Herzinsuffizienz und auftretender Arrhythmien.

7.1. Medikamentöse Therapie

7.1.1. Nachlastsenkung

Die Nachlast bei Aortenstenose ist "fixiert", d.h. eine systemische Nachlastsenkung (Vasodilatation) senkt die tatsächliche Nachlast am Herzen nicht, da diese im Wesentlichen durch die Aortenklappenstenose bedingt ist und nicht durch den peripheren Gefäßwiderstand. Daher hat die Nachlastsenkung wenig Auswirkungen auf den myokardialen Sauerstoffverbrauch.

Laut European Society of Cardiology (2021) empfiehlt sich dennoch die kontrollierte Behandlung einer bestehenden arteriellen Hypertonie, um eine zusätzliche Druckbelastung zu vermeiden und mögliche positive Effekte auf die myokardiale Funktion zu erzielen.[6]

Die medikamentöse Nachlastsenkung (z.B. mit ACE-Hemmern) muss jedoch vorsichtig einschleichend und unter engmaschiger Blutdruckkontrolle begonnen werden, da die Gefahr einer kritischen Hypotonie besteht.

7.1.2. Vorlastsenkung

Eine Senkung der Vorlast (z.B. durch Nitrate) kann bei schwerer Aortenstenose zu einer drastischen Verminderung der Auswurfleistung mit Blutdruckabfall führen und ist deshalb kontraindiziert. Der hypertrophierte linke Ventrikel ist bei einer Aortenstenose auf eine suffiziente Füllung angewiesen.

7.2. Invasive Therapie

Gängige invasive Verfahren zur Therapie der Aortenstenose sind:

  • Aortenklappenersatz: Wird vor allem bei der erworbenen Stenose eingesetzt. Es stehen biologische und mechanische Herzklappen zur Verfügung. Wird eine mechanische Aortenklappen verwendet, besteht eine lebenslange Indikation für eine Vollantikoagulation. Mechanische Klappen halten in der Regel ein Leben lang. Biologische Klappen aus Rinder- oder Schweineherzbeutelgewebe erfordern keine lebenslange Antikoagulation, halten dafür aber nur etwa 10 bis 20 Jahre.
  • Transkatheter-Aortenklappenimplantation (TAVI): Wird vor allem bei Patienten mit hohem Operationsrisiko verwendet. Bei der TAVI-Ersatzklappe handelt es sich um eine im Kern biologische Prothese aus Rinder- oder Schweineherzbeutelgewebe, verankert in einem Drahtgeflecht.
  • Ballondilatation der Aortenklappe mittels Herzkatheter: vor allem bei der angeborenen Aortenstenose, bei der erworbenen Form ist die Rezidivrate hoch.
  • Ross-Operation: vor allem für die angeborene Aortenstenose junger Patienten (Prothese wächst mit).

Nach einem Klappenersatz besteht in der Regel eine Indikation zur Endokarditisprophylaxe.

8. Prognose

Ohne rechtzeitige Operation ist die Prognose der Aortenstenose schlecht.

9. Quellen

10. Literatur

11. Bildquelle

  • Bildquelle Auskultationsgeräusch: ©Pavel Danilyuk/Pexels

Dr. med. Barbara Bellmann
Peer reviewed am 31.03.2023 von Dr. med. Barbara Bellmann

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