X-chromosomale sideroblastische Anämie
Synonym: X-chromosomale sideroachrestische Anämie
Definition
Die X-chromosomale sideroblastische Anämie, kurz XCSA, ist eine mikrozytäre, hypochrome Anämie, die durch eine Mutation im Gen der erythrozytären Delta-Aminolävulinatsynthase 2 (δ-ALAS-2) ausgelöst wird.
Epidemiologie
Die XCSA ist eine sehr seltene Erkrankung. Es sind nur wenige hundert Fälle weltweit beschrieben. Frauen sind aufgrund des x-chromosomalen Vererbungsmusters meist asymptomatisch.
Ätiopathogenese
Ursächlich ist eine Mutation im ALAS2-Gen an Genlokus Xp11.21. Das Gen kodiert für die erythrozytäre Delta-Aminolävulinatsynthase 2 (δ-ALAS-2), ein Enzym der Hämsynthese. Die Mutation wird entweder x-chromosomal rezessiv vererbt oder kann de novo auftreten. Der Gendefekt führt zu einer gesteigerten, aber ineffektiven Erythropoese. Kompensatorisch ist die Eisenresorption aus der Nahrung gesteigert, wodurch das Risiko einer Eisenüberladung besteht. Es kommt zur Bildung von Ringsideroblasten.
Symptome
Mögliche Symptome ähneln den allgemeinen Symptomen einer Anämie. Es kommt zu Schwäche, Blässe, Dyspnoe und Müdigkeit. Weiterhin können sich eine Splenomegalie, eine gestörte Glukosetoleranz, kardiale Beschwerden und Leberfunktionsstörungen entwickeln. Auch eine Leberzirrhose ist in seltenen Fällen möglich. Teils ist eine vermehrte Hautpigmentierung zu beobachten. Die Ausprägung der Symptome kann variieren, einige Betroffene sind symptomfrei. Weibliche Trägerinnen entwickeln meist keine Symptome. Im Rahmen einer schiefen X-Inaktivierung (engl. "skewed x-inactivation") entwickeln manche Trägerinnen jedoch eine Makrozytose der Erythrozyten.
Diagnostik
Neben der Bestimmung der Erythrozyten-, Retikulozyten- und Leukozytenzahl und einer Anämiediagnostik, ist der molekulargenetische Mutationsnachweis wegweisend.
Differentialdiagnosen
Differentialdiagnostisch kommen z.B. folgende Krankheitsbilder in Betracht:
- andere genetische Varianten der sideroblastischen Anämie
- erworbene sideroblastische Anämien
- Myelodysplastisches Syndrom
- Vitamin B6-Mangel
- Kupfer-Mangel
- Medikamente (z.B. Chloramphenicol, Isoniazid, Pyrazinamid)
- Toxine (u.a. Ethanol, Blei)
- Thalassämien
Therapie
Eine kausale Therapie existiert aktuell (2023) nicht. Es erfolgt eine supportive Therapie durch Supplementierung mit Folsäure und Pyridoxin, falls die Patienten darauf ansprechen. Die Patienten werden hämatologisch überwacht. Um der Eisenüberladung entgegenzuwirken, können Aderlässe (Phlebotomie) durchgeführt werden. Eine frühe Diagnose und damit Behandlungmöglichkeit verbessert die Prognose, da Folgeschäden durch eine Eisenüberladung vermieden werden können, z.B. Leberschäden.
Prognose
Die Prognose ist variabel. Sprechen die Patienten auf die Therapie mit Pyridoxin an, ist die Lebenserwartung prinzipiell nicht eingeschränkt.
Quellen
- orpha.net – Anämie, sideroblastische, X-chromosomale, abgerufen am 20.06.2023
- orpha.net – X-linked sideroblastic anemia, abgerufen am 20.06.2023
- MSD Manual – Sideroblastische Anämien, abgerufen am 20.06.2023
- esanum – X-chromosomale Sideroachrestische Anämie, abgerufen am 20.06.2023
- Gelbe Liste – X-chromosomale Sideroachrestische Anämie, abgerufen am 20.06.2023