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Thermoregulation

(Weitergeleitet von Wärmeregulation)

Synonyme: Temperaturregulation, Körpertemperaturregulation
Englisch: thermoregulation

1. Definition

Der Begriff Thermoregulation umfasst alle Mechanismen des menschlichen Körpers zur Aufrechterhaltung einer konstanten Körperkerntemperatur von etwa 37°C.

2. Bedeutung der Thermoregulation

Der Stoffwechsel und die mechanischen Abläufe des Körpers sind auf eine optimale "Betriebstemperatur" angewiesen. Zu den wichtigsten temperaturabhängigen Prozessen zählen:

2.1. Stoffwechsel

Stoffwechselreaktionen des Körpers sind chemische Reaktionen. Sie folgen der RGT-Regel (Reaktionsgeschwindigkeit-Temperatur-Regel): Steigende Temperaturen führen zu einer Steigerung der kinetischen Energie der Teilchen und erhöhen somit die Reaktionswahrscheinlichkeit.

Da es sich bei den Reaktionspartnern im menschlichen Körper um Proteine handelt, deren Sekundärstruktur, Tertiärstruktur und somit auch Quartärstruktur sich bei Temperaturen > 40°C zu ungunsten ihrer Funktion verändern (beginnende Denaturierung), besteht ein Temperaturoptimum, das der Körperkerntemperatur von etwa 37°C entspricht. Die Teilchenkinetik beeinflusst folgende Prozesse:

2.2. Sauerstofftransport

Der Sauerstofftransport ist an zwei temperaturabhängige Mechanismen gekoppelt, die oben genannten Diffusionsprozesse und die Bindung an Hämoglobin als Trägermolekül. Die Bindungsaffinität des Sauerstoffs zum Hämoglobin nimmt mit steigender Temperatur ab. Abgesehen von starker Unterkühlung ist dieser Temperatureffekt für Warmblüter kaum von Bedeutung.

2.3. Muskelaktivität

Eine Steigerung der Temperatur erhöht die Elastizität von Muskeln und Sehnen.

3. Grundlagen der Thermoregulation

Der menschliche Körper befindet sich in einem ständigen Wärmeaustausch mit seiner Umgebung. Dieser beruht auf folgenden Mechanismen:

  • Konduktion: Wärmeübertragung durch direkten Kontakt
  • Konvektion: Wärmeaustausch über ein Medium (Luft, Wasser)
  • Radiation: Wärmestrahlung durch elektromagnetische Wellen
  • Evaporation: Wärmeverlust durch Verdunstung

Die Austauschmechanismen verursachen Wärmeverluste als auch passive Erwärmung des Körpers.

Für die Konstanthaltung der Körpertemperatur ergeben sich daraus folgende Erfordernisse:

  • ständige Wärmeproduktion des Organismus (Thermogenese)
  • Isolation gegenüber der Umwelt
  • Fähigkeit zur Senkung der Körpertemperatur

3.1. Thermogenese und Wärmetransport

Die Körperwärme entsteht durch Energiewandlung zweier Systeme, der Muskulatur und des Stoffwechsels. Die Muskulatur wandelt chemische Energie in kinetische Energie und Wärme. Muskelkontraktionen können willkürlich oder unwillkürlich (Herz, glatte Muskulatur der Gefäße und viszerale Hohlorgane) erfolgen. Der Wärmetransport erfolgt mittels erzwungener Konvektion über ein flüssiges Medium, das Blut.

3.2. Isolation

Eine natürliche Isolationsbarriere zur Verminderung der Wärmeverluste über die Haut stellt das subkutane Fettgewebe dar. Eine artifizielle Isolationsbarriere ist die Kleidung.

3.3. Senkung der Körpertemperatur

siehe unten

4. Körperkern- und Körperschalentemperatur

Aufgrund unterschiedlicher Stoffwechselaktivität verschiedener Körperregionen ergibt sich eine regional divergierende Wärmeverteilung. Bauchraum und Schädel bilden mit den stoffwechselaktiven Viszera den Körperkern, dessen Temperatur zentral überwacht und konstant auf ca. 37°C gehalten wird (Körperkerntemperatur). Extremitäten und Akren bilden die Körperschale. Ihre Temperatur liegt abhängig von der Umgebungstemperatur meist unterhalb der Körperkerntemperatur.

5. Steuerung der Thermohomöostase

Die Konstanthaltung der Körperkerntemperatur (Homoiothermie) erfordert eine ständige Temperaturkontrolle peripherer und viszeraler Thermorezeptoren (Thermosensoren). Thermorezeptoren sind freie Nervenendigungen sensibler Neurone. Ihre Signale werden zentral über neuronale Konvergenzen des 1. Neuron summiert und über den Tractus spinothalamicus an den Thalamus übermittelt. Hier erfolgt die Umschaltung auf das 2. Neuron, dessen Projektionsfasern im Hypothalamus terminieren. Der Hypothalamus stellt das Regelzentrum der Körpertemperatur dar.

5.1. Temperaturerhöhung

Sinkt die Körpertemperatur durch hohen Wärmeverlust (niedrige Außentemperatur) ab, reagiert der Hypothalamus durch Stimulation des Hypophysenvorderlappens (HVL) zur Ausschüttung von TRH (Thyreotropin-Releasing-Hormon) und eine Steigerung des Sympathikotonus.

5.1.1. TRH und Schilddrüsenhormone

TRH ist ein Tripeptid, das zwei Wirkungen entfaltet. Einerseits wirkt es als Neurotransmitter und -modulator insbesondere im Hypothalamus. Andererseits regt es in der Hypophyse die TSH-Sekretion an. TSH seinerseits stimuliert in der Schilddrüse die Sekretion von Thyroxin (T4). In peripheren Geweben, insebesondere in braunem Fettgewebe und im Skelettmuskel wird T4 in das wirksamere Trijodthyronin (T3) umgewandelt, das auf vier Arten die Thermogenese fördert:

  • Stoffwechsel: Steigerung des Grundumsatzes
  • Muskulatur: Erhöhte Energiebereitstellung durch Steigerung der Glukoneogenese der Leber
  • Braunes Fettgewebe: Zitterfreie Wärmebildung durch Entkoppelung der oxidativen Phosphorylierung
  • Steigerung der Herzfrequenz

Die Effektivität von Schilddrüsenhormonen wird inbesondere im braunen Fettgewebe noch dadurch gesteigert, dass Katecholamine, die von noradrenergen Nervenendigungen freigesetzt werden, die Dejodierung stimulieren und damit das lokale T3-Angebot weiter erhöhen (s. unten).

5.1.2. Sympathikotonus

Die hypothalamische Erhöhung des Sympathikotonus wirkt auf verschiedene Effektororgane, unter anderem

  • Periphere Blutgefäße: α-adrenerg vermittelt der Sympathikus eine periphere Vasokonstriktion. Die Durchblutung der Extremitäten und der damit verbundene Wärmeverlust über die Körperoberfläche wird gedrosselt.
  • Musculi arrectores pilorum: Das Aufrichten der Haare (Gänsehaut) führt zu einem Verschluss der Hautporen und verhindert einen sekretorisch bedingten Wärmeverlust.
  • Braunes Fettgewebe: Nicht nur bei Säuglingen induziert der Sympathikus ß-adrenerg die Wärmeproduktion über eine Steigerung der Lipolyse im braunen (plurivakuolären) Fettgewebe, teils direkt, teils über eine Interaktion mit Schilddrüsenhormonen (s. oben).
  • Muskulatur: Extrapyramidale Efferenzen erzeugen durch Steigerung des Muskeltonus der Skelettmuskulatur das Kältezittern. Die erhöhte Muskelaktivität führt durch die Energiewandlung zu einer erhöhten Wärmefreisetzung.

5.2. Temperatursenkung

Bei Überwärmung des Körpers in Folge hoher Umgebungstemperatur reagiert der Hypothalamus durch eine Senkung des Sympathikotonus. Im Folgenden kommt es zu einer peripheren Vasodilatation und gesteigerten Schweißsekretion.

5.2.1. Periphere Vasodilatation

Die periphere Gefäßweitstellung vergrößert durch eine verbesserte Durchblutung der Extremitäten die Wärmeaustauschfläche. Dies bedingt einen erhöhten Wärmeverlust durch Konvektion.

5.2.2. Schweißsekretion

Sympathisch cholinerg innervierte Schweißdrüsen (Glandulae sudoriferae) steigern ihre Sekretionsleistung. Über die durch die Verdunstung des Schweißes entstehende Verdunstungskälte wird die Haut gekühlt (Evaporation).

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