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Synonyme: Temperaturregulation, Körpertemperaturregulation
Englisch: thermoregulation
Der Begriff Thermoregulation umfasst alle Mechanismen des menschlichen Körpers zur Aufrechterhaltung einer konstanten Körperkerntemperatur von etwa 37°C.
Der Stoffwechsel und die mechanischen Abläufe des Körpers sind auf eine optimale "Betriebstemperatur" angewiesen. Zu den wichtigsten temperaturabhängigen Prozessen zählen:
Stoffwechselreaktionen des Körpers sind chemische Reaktionen. Sie folgen der RGT-Regel (Reaktionsgeschwindigkeit-Temperatur-Regel): Steigende Temperaturen führen zu einer Steigerung der kinetischen Energie der Teilchen und erhöhen somit die Reaktionswahrscheinlichkeit.
Da es sich bei den Reaktionspartnern im menschlichen Körper um Proteine handelt, deren Sekundärstruktur, Tertiärstruktur und somit auch Quartärstruktur sich bei Temperaturen > 40°C zu ungunsten ihrer Funktion verändern (beginnende Denaturierung), besteht ein Temperaturoptimum, das der Körperkerntemperatur von etwa 37°C entspricht. Die Teilchenkinetik beeinflusst folgende Prozesse:
Der Sauerstofftransport ist an zwei temperaturabhängige Mechanismen gekoppelt, die oben genannten Diffusionsprozesse und die Bindung an Hämoglobin als Trägermolekül. Die Bindungsaffinität des Sauerstoffs zum Hämoglobin nimmt mit steigender Temperatur ab. Abgesehen von starker Unterkühlung ist dieser Temperatureffekt für Warmblüter kaum von Bedeutung.
Eine Steigerung der Temperatur erhöht die Elastizität von Muskeln und Sehnen.
Der menschliche Körper befindet sich in einem ständigen Wärmeaustausch mit seiner Umgebung. Dieser beruht auf folgenden Mechanismen:
Die Austauschmechanismen verursachen Wärmeverluste als auch passive Erwärmung des Körpers.
Für die Konstanthaltung der Körpertemperatur ergeben sich daraus folgende Erfordernisse:
Die Körperwärme entsteht durch Energiewandlung zweier Systeme, der Muskulatur und des Stoffwechsels. Die Muskulatur wandelt chemische Energie in kinetische Energie und Wärme. Muskelkontraktionen können willkürlich oder unwillkürlich (Herz, glatte Muskulatur der Gefäße und viszerale Hohlorgane) erfolgen. Der Wärmetransport erfolgt mittels erzwungener Konvektion über ein flüssiges Medium, das Blut.
Eine natürliche Isolationsbarriere zur Verminderung der Wärmeverluste über die Haut stellt das subkutane Fettgewebe dar. Eine artifizielle Isolationsbarriere ist die Kleidung.
siehe unten
Aufgrund unterschiedlicher Stoffwechselaktivität verschiedener Körperregionen ergibt sich eine regional divergierende Wärmeverteilung. Bauchraum und Schädel bilden mit den stoffwechselaktiven Viszera den Körperkern, dessen Temperatur zentral überwacht und konstant auf ca. 37°C gehalten wird (Körperkerntemperatur). Extremitäten und Akren bilden die Körperschale. Ihre Temperatur liegt abhängig von der Umgebungstemperatur meist unterhalb der Körperkerntemperatur.
Die Konstanthaltung der Körperkerntemperatur (Homoiothermie) erfordert eine ständige Temperaturkontrolle peripherer und viszeraler Thermorezeptoren (Thermosensoren). Thermorezeptoren sind freie Nervenendigungen sensibler Neurone. Ihre Signale werden zentral über neuronale Konvergenzen des 1. Neuron summiert und über den Tractus spinothalamicus an den Thalamus übermittelt. Hier erfolgt die Umschaltung auf das 2. Neuron, dessen Projektionsfasern im Hypothalamus terminieren. Der Hypothalamus stellt das Regelzentrum der Körpertemperatur dar.
Sinkt die Körpertemperatur durch hohen Wärmeverlust (niedrige Außentemperatur) ab, reagiert der Hypothalamus durch Stimulation des Hypophysenvorderlappens (HVL) zur Ausschüttung von TRH (Thyreotropin-Releasing-Hormon) und eine Steigerung des Sympathikotonus.
TRH ist ein Tripeptid, das zwei Wirkungen entfaltet. Einerseits wirkt es als Neurotransmitter und -modulator insbesondere im Hypothalamus. Andererseits regt es in der Hypophyse die TSH-Sekretion an. TSH seinerseits stimuliert in der Schilddrüse die Sekretion von Thyroxin (T4). In peripheren Geweben, insebesondere in braunem Fettgewebe und im Skelettmuskel wird T4 in das wirksamere Trijodthyronin (T3) umgewandelt, das auf vier Arten die Thermogenese fördert:
Die Effektivität von Schilddrüsenhormonen wird inbesondere im braunen Fettgewebe noch dadurch gesteigert, dass Katecholamine, die von noradrenergen Nervenendigungen freigesetzt werden, die Dejodierung stimulieren und damit das lokale T3-Angebot weiter erhöhen (s. unten).
Die hypothalamische Erhöhung des Sympathikotonus wirkt auf verschiedene Effektororgane, unter anderem
Bei Überwärmung des Körpers in Folge hoher Umgebungstemperatur reagiert der Hypothalamus durch eine Senkung des Sympathikotonus. Im Folgenden kommt es zu einer peripheren Vasodilatation und gesteigerten Schweißsekretion.
Die periphere Gefäßweitstellung vergrößert durch eine verbesserte Durchblutung der Extremitäten die Wärmeaustauschfläche. Dies bedingt einen erhöhten Wärmeverlust durch Konvektion.
Sympathisch cholinerg innervierte Schweißdrüsen (Glandulae sudoriferae) steigern ihre Sekretionsleistung. Über die durch die Verdunstung des Schweißes entstehende Verdunstungskälte wird die Haut gekühlt (Evaporation).
Fachgebiete: Allgemeine Anatomie, Physiologie
Diese Seite wurde zuletzt am 29. Juni 2020 um 21:35 Uhr bearbeitet.
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