Viszerale Leishmaniose
Synonyme: viszerale Leishmaniasis, Kala-Azar (Hindi - "schwarzes Fieber"), Dumdum-Fieber
Englisch: visceral leishmaniasis, VL
Definition
Die viszerale Leishmaniose, kurz VL, ist eine Form der Leishmaniose, bei der die inneren Organe von Leishmanien befallen werden. Es handelt sich um eine durch Protozoen hervorgerufene Infektionskrankheit.
Epidemiologie
Die Inzidenz der viszeralen Leishmaniose in Europa lag nach Schätzungen der WHO im Jahr 2017 zwischen 1.100 bis 1.900 Fällen. Diese Schätzungen beziehen sich lediglich auf endemische Gebiete, darunter den Mittelmeerraum.
Als Folge des Klimawandels und des Einschlepppens von mit Leishmania infantum infizierten Hunden wurde eine Verbreitung des Habitats der Vektoren bis nach Nord-Frankreich und Süd-Deutschland beschrieben. Für Menschen im nördlichen Mitteleuropa sind die infizierten Hunde bislang nicht ansteckend, da hier entsprechende Sandmücken als Vektoren fehlen.
Erreger
Folgende Erreger können zu einer viszeralen Leishmaniose führen:
Übertragung
Die Übertragung von Leishmania donovani erfolgt durch Sandmücken der Art Phlebotomus von Mensch zu Mensch (anthropronotisch), während bei Leishmania infantum der Hund der hauptsächliche Reservoirwirt ist.
siehe auch: canine Leishmaniose
Inkubationszeit
Die Inkubationszeit beträgt in der Regel 2 bis 6 Monate, in Einzelfällen bis zu Jahren.
Pathogenese
Leishmanien umgehen die angeborene und zellvermittelte Immunität, indem sie Makrophagen der inneren Organe befallen. Die Vermehrung erfolgt im retikuloendothelialen System der Leber, der Milz oder im Knochenmark.
Klinik
Leishmania donovani
Die Symptome einer Erkrankung durch Leishmania donovani entwickeln sich schleichend. Dazu gehören:
- Fieber
- Splenomegalie mit oder ohne Hepatomegalie
- Anämie und Panzytopenie als Folge des Hypersplenismus
- Diarrhoe
- Hypergammaglobulinämie
- makulöse Hyperpigmentierung der Haut
Asymptomatische oder subklinische Verläufe sind möglich.
Bei fortschreitendem Krankheitsverlauf kommt es zu Auszehrung, Apathie und allgemeiner Immunschwäche. Bedingt durch die Immunschwäche können weitere Infektionskrankheiten auftreten.
Bei unklarem Fieber mit Hepatosplenomegalie ist als Differentialdiagnose an eine viszerale Leishmaniose zu denken.
Im Allgemeinen wird man von einer Reise-Leishmaniose ausgehen. Autochthone Leishmania-Infektionen sind möglich, aber äußerst selten.
Eine Besonderheit von Leishmania donovani ist das Auftreten der Post-Kala-Azar Dermal Leishmaniasis (PKDL), einem Hautausschlag, der nach einer erfolgreichen Behandlung der viszeralen Leishmaniose auftreten kann. Je nach Endemiegebiet ist die PKDL selbstheilend oder nicht selbstheilend.
Häufig erhalten Patienten im klinischen Alltag aufgrund des eher seltenen Auftretens der Erkrankung falsche Verdachtsdiagnosen. So wird bei den auftretenden Symptomen häufig zunächst ein Lymphom oder eine hämophagozytische Lymphohistiozytose als Ursache vermutet.
Leishmania infantum
Die Symptome einer Infektion mit Leishmania infantum ähneln der Infektion mit Leishmania donovani, lediglich PKDL und die Hyperpigmentierung der Haut sind unbekannt. Früher waren fast ausschließlich Kinder (vor allem Kinder von 1 bis 4 Jahren) von klinischen Symptomen der viszeralen Krankheit betroffen. Die Manifestationen bei Erwachsenen nehmen jedoch aus verschiedenen Gründen (Immunsuppression, HIV) zu.
Differentialdiagnosen
Das Risiko, eine viszerale Leishmaniose mit einer dekompensierten chronischen Lebererkrankung zu verwechseln oder sie aufgrund einer Koinzidenz beider Krankheitsbilder zu übersehen, ist wegen der ähnlichen klinischen und laborchemischen Präsentation relativ hoch.
Weitere Differentialdiagnosen der viszeralen Leishmaniose sind:
- Infektion mit Salmonella Typhi - Fieber mit Exanthem
- Infektion mit Salmonella Paratyphi mit Durchfall
- Shigellose
Diagnostik
- Knochenmarkzytologie
- Knochenmark-PCR
- Serologie
Therapie
Intravenöse Therapie mit liposomalem Amphotericin B.
Prognose
Vor allem durch Sekundärinfektionen nimmt die viszerale Erkrankung ohne Behandlung in über 95 % der Fälle einen tödlichen Verlauf.
Weblinks
- Leishmaniose, RKI, abgerufen am 17.2.2023
- Salabè C et al. Panzytopenie bei Leberzirrhose. Swiss Med Forum. 2023;23(07):908-910
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