Transkranielle Magnetstimulation
Definition
Unter der Transkraniellen Magnetstimulation, kurz TMS, versteht man ein relativ neuartiges, nicht-invasives Verfahren, bei der auf das Gehirn mehr oder weniger starke Magnetfelder wirken. Dabei sollen bestimmte Hirnareale stimuliert und andere wiederum gehemmt werden.
Hintergrund
Die TMS dient der Neurologie sowohl als Werkzeug der Grundlagenforschung des menschlichen Gehirns, als auch zur Diagnose und Therapie bestimmter – häufig medikamentenresistenten Erkrankungen. Gerade im Bereich der Therapie ist das Verfahren der TMS noch sehr neu und eine abschließende Beurteilung über die Wirksamkeit kann hier noch nicht abgegeben werden.
Die TMS im heutigen Sinne beschrieben 1985 Kollegen der Arbeitsgruppe Barker. Erstmals stand eine nichtinvasive, nahezu schmerzlose Methode zur Messung kortikaler und kortikospinaler Exzitabilität zur Verfügung, die dann auch zunehmend Einfluss in die Routinediagnostik bei verschiedenen Erkrankungen des zentralen Nervensystems fand. Auch für eine Vielzahl von Fragestellungen der neurophysiologischen Forschung wurde diese TMS zunehmend interessanter, da sie ein sicheres und relativ leicht anwendbares Verfahren darstellt (Barker et al. 1985)
Geschichte
Obwohl es sich bei dem derzeitigen Verfahren um eine recht neuartige Technik handelt, wurde die erste Magnetstimulation bereits in den 1890er Jahren in Paris durchgeführt. Federführend war der französische Physiker und Mediziner Jacques-Arsène d'Arsonval. Er verwendete dabei Starkstromspulen und konnte in Versuchen nachweisen, dass die abgegeben Impulse im Gehirn eine elektrische Reaktion auslösen.
Technische Grundlagen
Das heutige Prinzip der TMS beruht auf dem Prinzip der elektromagnetischen Induktion, 1988 beschrieben nach Hess und Ludin: Sie induzierten über ein sich rasch änderndes Magnetfeld eine fokale Erregung kortikaler Neurone im stimulierten Kortexareal. Innerhalb einer Millisekunde wird hoch intensive Energie von 400-2000 Joules bei großer Spannung von 500-4000 Volt über eine Spule (2 Spulen) entladen und erzeugt ein Magnetfeld von bis zu 2,5 Tesla. Dieses Magnetfeld ist im rechten Winkel zur Spulenebene und zum elektrischen Wechselfeld ausgerichtet, wird durch die Schädelkalotte nicht wesentlich abgeschwächt und bildet somit die "Pforte" für die elektrische Kortexstimulation.
Übersteigt der induzierte transzelluläre Strom die Reizschwelle der im Motorkortex horizontal verlaufenden Pyramidenfasern, wird in den kortikalen Neuronen ein Aktionspotential ausgelöst und es entsteht ein transaxonaler Stromfluss.
Vermutlich werden keine tieferliegenden Strukturen wie z.B. die Basalganglien direkt erregt. Der genauer Mechanismus ist sehr viel komplexer und noch nicht abschließend verstanden (siehe unten).
Neben exzitatorischen Phänomenen kommt es bei der TMS auch zu einer intra- und interkortikalen Hemmung durch Erregung inhibitorischer Interneurone.
Anwendungsgebiete
Die TMS wird vorwiegend zur Untersuchung kortikospinaler Bahnen verwendet. So z.B. bei akuten Schlaganfall-Patienten, bei Patienten mit Multipler Sklerose oder Morbus Parkinson. Außerdem wurden transkallosale Verschaltungsmechanismen bei Schizophrenie-Patienten untersucht. Neben zahlreichen Forschungsarbeiten und der Diagnostik von Erkrankungen kommt der therapeutischen Säule der TMS eine immer höhere Bedeutung zu. Hier spielen auch Doppelstimulationsverfahren eine wichtige Rolle. Erste Behandlungserfolge wurden erzielt bei:
- Apoplex
- Tinnitus
- Schwere Formen der Depression, bei denen sich auch nach langer Einnahme von Antidepressiva keine Besserung einstellt
- Bestimmte Formen der Schizophrenie
- Migräne
- Affektive Störungen, die ebenfalls nicht oder nicht ausreichend auf Medikamente ansprechen
- Morbus Parkinson
- Epilepsie
- Multiple Sklerose
Bei einer umschriebenen Myelonkompression oder bei Plexusläsionen ist die TMS u.a. zur Höhenlokalisation wichtig.
Wirkungsmechanismus
Der genaue Mechanismus ist bis heute noch nicht vollständig erforscht. Es gilt aber als bewiesen, dass der von extern hinzugefügte Energieimpuls im Gehirn zur Auslösung einer Kaskade aus Aktionspotenzialen führt. Gleichzeitig kommt es (wahrscheinlich u. a. durch laterale Inhibition) zeitgleich zur Hemmung von anderen Hirnregionen. Die im Schädelinneren stattfindende Depolarisation beginnt im Axon und breitet sich anschließend über den Zellkörper des Neurons und die Dendriten weiter aus. Die Magnetfeldstärke, die gerade ausreicht, um ein Aktionspotenzial zu bilden, nennt sich Erregungsschwelle. Diese ist besonders niedrig im Bereich von Nervenendigungen und Aufzweigungen von Nervenbahnen.
Nebenwirkungen
Durch das noch recht neue Verfahren liegen bisher noch nicht viele Studien zu Nebenwirkungen vor. Häufig klagen Patienten nach einer TMS über Kopfschmerzen, die aber in der Regel nach einigen Stunden wieder abklingen. Menschen mit entsprechender Prädisposition können als Folge der energetischen Aufladung des Gehirns einen epileptischen Anfall bekommen.