Thyreoiditis de Quervain
nach dem Schweizer Chirurgen Fritz de Quervain (1868-1940)
Synonyme: (subakute) granulomatöse Thyreoiditis, nicht-eitrige Thyreoiditis, Riesenzell-Thyreoiditis
Englisch: Quervain's thyroiditis
Definition
Die Thyreoiditis de Quervain ist eine selten auftretende, subakut verlaufende entzündliche Erkrankung der Schilddrüse (Thyreoiditis).
- ICD10-Code: E06.1 - Subakute Thyreoiditis
Epidemiologie
Die Häufigkeit der Erkrankung liegt bei 5 Fällen pro 100.000 Einwohnern. Sie tritt meist im mittleren Lebensalter zwischen 30-50 Jahren auf. Frauen sind etwa fünfmal häufiger betroffen als Männer.
Ätiologie
Die Ätiologie der Thyreoiditis de Quervain ist unklar. Zu beobachten ist ein gehäuftes Auftreten nach Virusinfekten (Coxsackie-, Mumps-, Influenza-, Echo-, Adenoviren) sowie bei Vorhandensein eines Genotyps HLA-Bw35 oder HLA-B67. Das Vorliegen des HLA-Bw35-Haplotyps scheint die Immunantwort auf diese Viren so zu verstärken, dass bei Trägern ein bis zu 50fach erhöhtes Risiko für eine Quervain-Thyreoiditis besteht. Ein direkter Virusnachweis im Schilddrüsengewebe ist aber nur in Einzelfällen möglich.
Symptomatik
Eine Thyreoiditis de Quervain geht mit allgemeinen Symptomen wie Abgeschlagenheit, Müdigkeit und unter Umständen hohem Fieber einher. Ferner sind Kopfschmerzen, Myalgien und Arthralgien möglich. Die Schwere der Symptomatik variiert interindividuell deutlich.
Bei bis zu 50 Prozent der Patienten kommt es im Rahmen der Thyreoiditis de Quervain zu einer passageren Hyperthyreose mit Tachykardie, Hyperhidrose, Gewichtsverlust, Nervosität und Zittern.
Klinisch sieht man eine leicht vergrößerte und konsistenzvermehrte Schilddrüse, die bei der Palpation vage bis stark druckschmerzhaft ist. Die Beschwerden im Schilddrüsenlager können in die umgebenden Halsweichteile bis hin zur Unterkiefer- und Ohrregion ausstrahlen. Begleitend treten nicht selten Schluckbeschwerden auf. Bei etwa 65% der Patienten sind sonographisch reaktiv vergrößerte Lymphknoten feststellbar.[1]
Die Symptome können wenige Wochen bis zu mehreren Monaten andauern, wobei der Lokalbefund wandern kann und manchmal auf den kontralateralen Lappen überwechselt.
Diagnostik
Eine Thyreoiditis de Quervain wird durch Laboruntersuchungen und geeignete bildgebende Verfahren diagnostiziert. Im Labor findet sich eine massiv erhöhte BSG, ein erhöhtes C-reaktives Protein (CRP) sowie ein erhöhter Interleukin-6-Serumspiegel. In der Regel besteht keine oder nur eine leichte Leukozytose.
Schilddrüsenspezifische Antikörper lassen sich im aktiven Krankheitsstadium bei etwa 10 bis 20 Prozent der Patienten nachweisen. Tg-AK sind dabei häufiger als TPO-AK, nur selten sieht man man TSH-Rezeptor-Antikörper.
Die TSH-Werte können Initial auf eine Hyperthyreose hinweisen, im weiteren Verlauf stellt sich in der Regel eine Euthyreose ein, unter Umständen mit einer passageren Hypothyreose als Zwischenstufe.
Die Sonographie der Schilddrüse zeigt meist ein inhomogenes, fokal echoarmes Schallmuster, ggf. auch echoarme Herde, die zu größeren Herden konfluieren. In der Szintigraphie ist der Technetium-Uptake der Schilddrüse stark vermindert, die Herde können als sogenannter kalter Knoten imponieren. Bei typischer Klinik ist die Schilddrüsenszintigraphie in der Regel nicht erforderlich - im Einzelfall kann sie aber differentialdiagnostisch sinnvoll sein.
Bestehen hierbei Zweifel an der Diagnose, sollte zur definitiven Klärung eine Feinnadelbiopsie erfolgen. Die histologische Untersuchung zeigt eine granulomatöse Thyreoiditis mit Langhans-Riesenzellen und Epitheloidzellen.
Therapie
Meistens heilt die Thyreoiditis de Quervain ohne Therapie nach 9-12 Monaten spontan aus (ca. 80-95 % der Fälle). Zur Linderung leichter lokaler Beschwerden können NSAR eingesetzt werden. Bei stärkeren Beschwerden kann eine hochdosierte Einmaltherapie mit Glukokortikoiden (Prednisolon oder Prednison) rasch Linderung verschaffen. In der Regel ist eine tägliche Dosis von 40 bis 60 mg/d Prednison über 14 Tage, gefolgt von einer schrittweisen Dosisreduktion (5 bis 10 mg/Woche), ausreichend.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Die Symptome der transienten Hyperthyreose zu Beginn der Erkrankung kann man mit Betarezeptorenblockern kaschieren. Je nach Umfang der entzündlichen Zerstörung von Schilddrüsengewebe kann anschließend eine vorübergehende Hypothyreose auftreten, die jedoch meist asymptomatisch bleibt und daher selten eine Substitution von Schilddrüsenhormonen notwendig macht.
Verlauf und Prognose
Der Verlauf kann sich über Monate, selten auch über ein Jahr und länger erstrecken. Auch ohne Therapie kommt es im Laufe der Zeit allmählich zum Sistieren der Entzündung. Die Prognose ist im Allgemeinen gut. Nur ein geringer Anteil der Patienten (2-5%) entwickelt eine Hypothyreose, die eine dauerhafte Gabe von L-Thyroxin notwendig macht.
Quellen
- ↑ Frates Mary C. MD, Marqusee Ellen MD, Benson Carol B. MD, Alexander Erik K. MD: Subacute Granulomatous (de Quervain) Thyroiditis Grayscale and Color Doppler Sonographic Characteristics. Journal of Ultrasound, Volume 32, Issue 3, March 2013; pp 505–511
um diese Funktion zu nutzen.