Schwarzes Bilsenkraut
Synonyme: Dollkraut, Zigeunerkraut
Englisch: black hanbane
Definition
Das Schwarze Bilsenkraut, botanisch Hyoscyamus niger, ist eine krautige, ein- oder mehrjährige, bis circa 60 cm groß werdende Pflanze aus der Gruppe der Nachtschattengewächse (Solanaceae), die vor allem auf Schuttplätzen anzutreffen ist.
Inhaltsstoffe
Hyoscyamus niger stellt die Stammpflanze für Hyoscyamusblätter (Hyoscyami folium) dar. Diese Arzneidroge zeichnet sich durch den Gehalt der Tropan-Alkaloide (L)-Hyoscyamin, dessen Racemat Atropin und (L)-Scopolamin aus. Das Verhältnis (L)-Hyoscyamin/ Atropin zu (L)-Scopolamin beträgt 2:1 bis 1,2:1. Der Gesamtgehalt an Alkaloiden beträgt in der Blattdroge 0,04 bis 0,17%.
Wirkmechanismus
Die Wirkung des Bilsenkrauts beruht auf der parasympatholytischen Aktivität seiner Alkaloide. (L)-Hyoscyamin, Atropin und (L)-Scopolamin besetzen als kompetitive Antagonisten muskarinerge Acetylcholinrezeptoren. Somit wird hier die Signalübertragung gehemmt.
Medizinische und historische Bedeutung
Das Bilsenkraut ist eine uralte Hexen- und Schamanenpflanze, die rituellen Zwecken, der Herstellung von Hexensalben oder als Mordgift diente. Zeitweise fand es sich als berauschender Zusatz im Bier oder Wein wieder. Medizinisch erfolgte früher die Anwendung der Droge bei Krämpfen des Magen-Darm-Traktes. Heute dient das Bilsenkraut der Gewinnung von Reinsubstanzen, etwa Atropin oder Scopolamin.
Toxikologie
Vor allem Wurzeln und Samen sind besonders giftig, Blätter können in Mengen ab 0,5 g zu toxischen Symptomen führen. Für Kinder können bereits 15 Samen letale Dosen an Alkaloiden enthalten.
Symptome
Die Symptome einer Intoxikation mit Bilsenkraut entspricht weitestgehend der Vergiftung durch andere Tropan-Alkaloid-haltige Pflanzen:
- Mundtrockenheit, Schleimhauttrockenheit, Heiserkeit
- Schluckstörungen
- Miktionsstörungen, Harnretention, Obstipation, Darmatonie
- Übelkeit, Erbrechen
- Hyperthermie, Flush, Exantheme
- starke Agitation
- Müdigkeit/ starke Somnolenz
- starke Halluzinationen (zum Teil mit Selbstverletzung)
- Verwirrtheit, Delir, Desorientierung, Amnesie
- Mydriasis, Akkommodationsstörungen
- Herzrhythmusstörungen, Hypotonie, Tachykardie
- Hyperventilation
- Ataxie
- Krampfanfall
- Koma
- Rhabdomyolyse
- fulminante Hepatitis
- zentrale Atemlähmung
Therapie
Medizinische Kohle zur Bindung der Giftstoffe, Magenspülung, Möglichkeit der künstlichen Beatmung sicher stellen. Die Therapie erfolgt sonst weitgehend symptomatisch, z.B. durch Benzodiazepine bei starker Erregtheit. Bei schweren Intoxikationen kann auf Physostigmin als Antidot zurückgegriffen werden.
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