Rheum palmatum
Synonyme: Medizinalrhabarber, Rheum officinale, Chinesischer Rhabarber, Indischer Rhabarber, Kanton-Rhabarber, Handlappiger Rhabarber
Englisch: rhubarb root
Definition
Rheum rhaponticum ist eine Heilpflanze aus der Familie der Polygonaceae (Knöterichgewächse). Seine Wurzel (Rhei radix) wird aufgrund ihres Gehalts an Anthranoiden zur Selbstmedikation bei gelegentlicher Obstipation eingesetzt.
Vorkommen
Beheimatet ist der Medizinalrhabarber in Westchina und Osttibet. In Deutschland wird er gelegentlich zu dekorativen Zwecken im Garten angepflanzt.
Inhaltsstoffe
Der Medizinalrhabarber enthält folgende Inhaltsstoffe:
- Hydroxyanthracen-Derivate, insbesondere deren Mono- und Diglycoside
- Dianthron-Glykoside (Sennoside)
- Gerbstoffe
- Gallotannine (ca. 5 %)
- Chromone
- Phenylbutanone
- Ätherische Öle
Im Gegensatz zum artverwandten Rheum rhaponticum enthält die Wurzel keine Stilbene.
Pharmakokinetik
Die Plasmaspiegel steigen nach oraler Verabreichung rasch an und erreichen die Cmax bei 53,46 ± 33,10 Minuten.
Medizinische Bedeutung
Wirkung
Die Wurzel hat eine antiresorptive Wirkung durch Hemmung der Aufnahme von Na+- und Cl--Ionen. Eine sekretagoge Wirkung soll durch eine Abnahme der Dichtigkeit der Tight Junctions entstehen. Verantwortlich wird dafür das Rhein gemacht. Mit anderen Anthronen kommt es zu einer synergistischen Wirkung (Wirkverstärkung). Durch die enthaltenen Gerbstoffe werden diese Effekte allerdings abgeschwächt, was zu einer milderen Wirkung als bei anderen Anthrachinondrogen führt. In geringen Dosen überwiegt dieser Effekt, sodass theoretisch auch ein Einsatz bei leichter Diarrhoe möglich wäre.
In In-vitro-Studien konnte man eine antimykotische Aktivität gegen Aspergillus fumigatus und Candida albicans, vergleichbar mit der von Nystatin, nachweisen. Das Wachstum von Geotrichum candidum und Rhodotorula rubra wurde ebenfalls gehemmt, allerdings in geringerem Maße. Gegen Helicobacter pylori konnte eine starke Aktivität festgestellt werden. Gegen andere Bakterien gilt die Wirkung eher als gering. In einer Tierstudie mit einem ethanolischen Extrakt konnte bei Ratten ab einer Dosis 6,7 g/kg gegen HSV-1 eine vergleichbare Wirkung wie mit Aciclovir erreicht werden. Dabei wird der Prozess der Anhaftung und Penetration verhindert. Die o.a. antimikrobiellen Wirkungen haben jedoch keine klinische Relevanz.
Weiterhin wurden positive Auswirkungen auf Hyperlipidämien und hohe Glukosewerte sowie eine beschleunigte Ausscheidung von Harnstoff und Kreatinin im Urin beobachtet.
Indikation
Nach der HMPC-Monographie wird der Medizinalrhabarber als "well-established use" bei gelegentlichen Episoden von Obstipation eingesetzt. Weiterhin existiert eine Monographie der ECOP, der WHO und eine Positiv-Monographie der Kommission E. In Deutschland gibt es ein Kombinationspräparat mit Salicylsäure gegen Entzündungen der Mundschleimhaut (Stomatitis) und Zahnfleischentzündungen (Gingivitis). In den USA ist ein topisches Präparat gegen HSV-1 zugelassen. Die Wirksamkeit dieser Therapeutika ist jedoch umstritten.
Dosierung
Eingenommen sollten 20–30 mg Hydroxyanthracen-Derivate, bestimmt als Rhein, einmal täglich zur Nacht. Hierbei werden 1-2 g Droge für 5 Minuten mit 150 ml kochendem Wasser übergossen. Mit einem Eintreten der Wirkung ist nach 8-12 Stunden zu rechnen. Eine Anwendung sollte erst ab 12 Jahren erfolgen.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Nebenwirkungen
In therapeutischen Dosen sind keine relevanten Nebenwirkungen zu befürchten. Die Datenlage ist hierzu allerdings begrenzt. Die Phytoöstrogeneigenschaften von Emodin müssen durch weitere Untersuchungen bestätigt und aufgeklärt werden.
Überdosierungen können zu Schmerzen und schweren Durchfällen mit einem daraus resultierendem Flüssigkeits- und Elektrolytverlust führen. Bei chronischer Überdosierung scheint eine Hepatitis möglich, jedoch ist hier die Datenlage nicht ausreichend.
Eine Genotoxizität konnte in einigen Studien nachgewiesen werden. Es wird vermutet, dass eine Hochregulierung von CYP1A1 durch die MAPKK-6 hierfür verantwortlich ist.
Wechselwirkungen
In vitro wurde eine Erhöhung der Paclitaxel-Plasmaspiegel nachgewiesen. Weitere Wechselwirkungen können auftreten mit:
- Antiarrhythmika
- Chinidin
- Arzneimitteln, die ein Long-QT-Syndrom verursachen können
- Arzneimitteln, die eine Hypokaliämie verursachen können (z.B. Schleifendiuretika)
- Arzneimitteln, die eine Hyperkaliämie verursachen können (z.B. Amilorid)
Kontraindikationen
- Überempfindlichkeit gegen einen oder mehrere Wirkstoffe
- gastrointestinale Stenosen, Obstruktionen, Atonien
- entzündliche Darmerkrankungen
- abdominale Schmerzen unklarer Genese
- Dehydration und Elektrolytverschiebungen
- Schwangerschaft
- Stillzeit
Literatur
- https://www.ema.europa.eu/en/medicines/herbal/rhei-radix, abgerufen am 20.01.2024
- https://www.apotheken-umschau.de/medikamente/beipackzettel/pyralvex-loesung-850046.html, abgerufen am 20.01.2024
- https://www.heilpflanzen-atlas.de/heilpflanzen/rhabarber/, abgerufen am 20.01.2024
- https://www.mobiler-arzneipflanzengarten.uni-frankfurt.de/77506363/Rheum_palmatum_L, abgerufen am 20.01.2024
- Biogene Arzneimittel, 7. Auflage, Teuscher/Melzig/Lindequist, 2012, wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, Stuttgart
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