Ramsay-Hunt-Neuralgie
nach dem amerikanischen Neurologen James Ramsay Hunt (1872–1937)
Synonyme: Ramsay-Hunt-Syndrom, Fazialislähmung durch VZV, Fazialisparese durch Herpes zoster-Infektion, Fazialisparese durch Varicella-Zoster-Virus
Englisch: Ramsay Hunt syndrome
Definition
Die Ramsay-Hunt-Neuralgie ist eine seltene Krankheit, die im Rahmen eines Zoster oticus auftritt. Die Erkrankung manifestiert sich in einer einseitigen Fazialisparese (Gesichtslähmung), einem Exanthem im Bereich des Ohres sowie neuralgischen Schmerzen.
Nomenklatur
Die Ramsay-Hunt-Neuralgie ist nach dem Neurologen James Ramsay Hunt benannt, der sie im Jahr 1907 zum ersten Mal beschrieb. Die synonyme Bezeichnung Ramsay-Hunt-Syndrom ist geläufig, wird jedoch in der medizinischen Literatur uneinheitlich verwendet (z.B. ebenfalls für die Ramsay-Hunt-Ataxie).
Epidemiologie
Laut Schätzungen liegt die Inzidenz der Ramsay-Hunt-Neuralgie bei etwa 5 von 100.000 Personen. Frauen und Männer sind dabei gleichermaßen betroffen. Die Erkrankung kann sich in allen Altersstufen manifestieren, tritt aber bevorzugt bei Erwachsenen ab einem Alter von 70 Jahren auf.
Ätiopathogenese
Auslöser für die Ramsay-Hunt-Neuralgie ist eine vorangegangene Infektion mit dem Varizella-Zoster-Virus (VZV). Bei der Zweitmanifestation sind Neurone im Bereich des Ganglion geniculi und des Nervus intermedius betroffen. Mögliche Ursachen für die Reaktivierung des latenten Virus sind physiologischer Stress oder eine Immunsuppression. Die Gründe für den spezifischen Befall des Nervus facialis sind derzeit (2025) nicht bekannt.
Symptome
Das Ramsay-Hunt-Syndrom ist klassisch gekennzeichnet durch die Trias aus:
- einseitiger peripherer Fazialisparese
- ausgeprägter Otalgie
- einem schmerzhaften, erythematösen Ausschlag mit Bläschenbildung im Bereich des äußeren Gehörgangs und der Ohrmuschel.
Der Ohrschmerz tritt häufig als erstes Symptom auf. Das Syndrom kann auch ohne sichtbare Hautläsionen auftreten (Zoster sine herpete).
Neben dem Nervus facialis können auch weitere Hirnnerven betroffen sein, am häufigsten der Nervus vestibulocochlearis. Seltener sind der Nervus glossopharyngeus und der Nervus vagus beteiligt.
Mögliche Zusatzsymptome sind:
- Gehörverlust
- Tinnitus
- Vertigo
- Nausea
- Erbrechen
- Nystagmus
- Dysphagie oder Heiserkeit (bei Beteiligung von Nervus glossoharyngeus oder Nervus vagus)
Diagnostik
Die Diagnose wird anhand einer ausführlichen Anamnese und der charakteristischen klinischen Befunde gestellt. Die Diagnosestellung kann schwierig sein, da die spezifischen Symptome der Erkrankung nicht immer zeitgleich vorliegen. Das VZV-Virus lässt in verschiedenen Körperflüssigkeiten, wie beispielsweise Speichel oder Blut, nachweisen. Jedoch ist der Nachweis zur Diagnosestellung nicht notwendig.
Differentialdiagnosen
Differentialdiagnosen der Ramsay-Hunt-Neuralgie sind beispielsweise:
Therapie
Zur Behandlung einer Ramsay-Hunt-Neuralgie werden antivirale Medikamente wie beispielsweise Aciclovir oder Famciclovir in Kombination mit Prednisolon eingesetzt. Die besten Behandlungsergebnisse werden erzielt, wenn die medikamentöse Therapie innerhalb von drei Tagen nach Auftreten der ersten Symptome begonnen wird.
Gegen die neuralgiformen Schmerzen erhalten die Patienten eine analgetische Therapie. Darüber hinaus kommen Medikamente gegen den Schwindel zum Einsatz.
Zum Schutz vor einer Austrocknung der Hornhaut können Tränenersatzmittel oder spezielle Salben verwendet werden.
Prognose
Bei den meisten Patienten treten der Hörverlust und die Gesichtslähmung nur vorübergehend auf. Jedoch können diese Symptome trotz einer umfassenden Therapie in unterschiedlichem Ausmaß persistieren.
Trivia
2022 machte der US-amerikanische Sänger Justin Bieber seine Erkrankung an einer Ramsay-Hunt-Neuralgie öffentlich.
Quellen
- Ramsay Hunt Syndrome – Rare diseases database, abgerufen am 14.06.2022
- Orphanet - Ramsay Hunt syndrome, abgerufen am 14.06.2022