Akustikusneurinom
Synonyme: Vestibularis-Schwannom, Schwannogliom, Oktavusneurinom
Abkürzung: AKN
Englisch: schwannoma, vestibular schwannoma
Definition
Das Akustikusneurinom, kurz AKN, ist ein gutartiger Tumor der Schwann-Zellen des vestibulären Anteils des 8. Hirnnerven (Nervus vestibulocochlearis).
Histopathologie
Das Akustikusneurinom imponiert im histologischen Präparat durch Fibrillenbündel, langgezogene Zellen mit in sogenannter "Palisadenstellung" aufgereihten Nuclei sowie anderen regressiven Veränderungen.
Epidemiologie
Akustikusneurinome gehören zu den häufigsten intrakraniellen Tumoren. Ihre jährliche Inzidenz liegt etwa bei einer Neuerkrankung pro 100.000 Einwohnern. Typischerweise werden die Tumoren nach dem 30. Lebensjahr klinisch auffällig. Die Inzidenz gipfelt im 5ten und 6ten Lebensjahrzehnt, wobei beide Geschlechter etwa gleich häufig betroffen sind.
Akustikusneurinome treten meist einseitig auf. Bei Neurofibromatose Typ 2 tritt das Akustikusneurinom hingegen beidseitig auf.
Einteilung
Nach Lage des Akustikusneurinoms unterscheidet man:
- intrameatales Akustikusneurinom: Lage innerhalb des inneren Gehörgangs; Häufigerer Typ
- extrameatales Akustikusneurinom: Lage im Kleinhirnbrückenwinkel. Seltenerer Typ.
Symptome
Die klinischen Symptome treten ipsilateral auf der vom Tumor befallenen Seite auf und zeigen typischerweise eine langsame Progredienz. Dazu zählen:
- Schallempfindungsschwerhörigkeit, vor allem für hohe Töne ab 1.000 Hz
- Gleichgewichtsstörungen mit unsystematischem Schwindel (diskreter Drehschwindel, inkonstanter Schwankschwindel oder Gangabweichung)
Etwa 80% der Patienten leiden zusätzlich unter einem Tinnitus, der meist unilateral als hochfrequentes Klingeln oder maschinenartiges Zischen wahrgenommen wird, welches nicht selten rezidiviert. Ein mögliches Begleitsymptom ist das so genannte Hitselberger-Zeichen. Darunter versteht man eine Hypästhesie des äußeren Gehörganges.
Viele Patienten zeigen keine vestibulären Symptome, trotz schwerster vestibulärer Unterfunktion bei der thermischen Prüfung. Der Körper kann den vestibulären Ausfall zentral kompensieren.
Komplikationen
Größere Akustikusneurinome können darüber hinaus andere Hirnnerven in Mitleidenschaft ziehen, z.B. in Form einer Trigeminuskompression mit Sensibilitätsstörungen im Gesicht, oder als Irritation des Nervus facialis (Lähmung von Gesichtsmuskeln, Tic). In schweren Fällen führen diese Tumoren mitunter zur Hirnstammkompression und verursachen dann eine intrakranielle Druckerhöhung, die sich klinisch durch Kopfschmerzen, Erbrechen und Bewusstseinsstörungen bemerkbar macht, oder auch zerebelläre Symptome (Doppelbilder, Gangstörungen) hervorruft.
Diagnostik
Der diagnostische Nachweis eines Akustikusneurinoms erfolgt durch bildgebende Verfahren. Mittels kontrastmittelverstärkter CT-Aufnahmen gelingt der Nachweis von Tumoren mit einem Durchmesser von mehr als 2 cm. Kleinere Akustikusneurinome können durch ein Gadolinium-verstärktes MRT entdeckt werden.
Der Umfang der Hörminderung wird durch das Tonschwellenaudiogramm quantifiziert. Bei Feststellung einer einseitigen Schallempfindungsschwerhörigkeit wird diese Untersuchung durch die Messung der frühen akustisch evozierten Potenziale (FAEP) in der Hirnstammaudiometrie (BERA) ergänzt.
Durch die Kombination von MRT und BERA kann die Diagnose mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit gestellt werden.
Differentialdiagnosen
Als Differentialdiagnosen kommen u.a. in Betracht:
- Morbus Menière
- Meningeom
- Herpes zoster oticus
- Metastase
- Lymphom
- Sarkoidose
- Schwannome des Nervus facialis oder anderer Hirnnerven
- Tuberkulose
Therapie
Die Therapie der Wahl ist die mikrochirurgische Entfernung des Akustikusneurinoms. Bei frühzeitiger OP kann die Hörfunktion und der Nervus facialis erhalten bleiben. Kleinere Tumoren werden von der mittleren Schädelgrube aus operiert, größere Tumoren über einen subokzipitalen Zugang.
Alternativ kommt ein radiochirurgisches oder strahlentherapeutisches Vorgehen in Frage. Die Entscheidung für ein invasives oder nicht-invasives Vorgehen ist unter anderem von der Größe des Tumors, von der Schwere der Symptomatik und vom Lebensalter und AZ des Patienten abhängig.