Lemierre-Syndrom
Synonyme: Nekrobazillose, Postanginasepsis, Postangina-Septikämie, postanginöse Sepsis
Definition
Das Lemierre-Syndrom ist eine Infektionskrankheit, die als Spätfolge einer verschleppten bzw. nicht behandelten bakteriellen Infektion des Mund-Rachen-Raumes auftreten kann. Das Krankheitsbild setzt sich für gewöhnlich aus einer eitrigen Thrombophlebitis (v.a. der Vena jugularis) und regelmäßigen septischen Embolien zusammen. Häufigste Ursache für das Lemierre-Syndrom ist ein unbehandelter Peritonsillarabszess.
Erreger
Die Infektionskrankheit wird ausschließlich durch anaerobe Bakterien hervorgerufen. Mit Abstand am häufigsten konnte als Erreger Fusobacterium necrophorum nachgewiesen werden.
Geschichte
- Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entdeckten die beiden Mediziner Cade und Courmant zum ersten Mal einen möglichen Zusammenhang zwischen bakteriellen Infektionen des Mund-Rachen-Raums und einer sich anschließenden Sepsis.
- 1922: Hugo Schottmüller publiziert diese Entdeckung in einigen Fachzeitschriften.
- Die eigentliche Entdeckung des Lemierre-Syndroms geht auf das Jahr 1936 zurück. Damals untersuchte der französische Arzt André Alfred Lemierre 20 Patienten mit den typischen Symptomen. Von den 20 Menschen überlebten gerade einmal zwei. Das Syndrom wurde schlussendlich nach dem Entdecker benannt.
Verbreitung
Genaue Fallzahlen sind nicht bekannt. Die Erkrankung ist durch die heutigen Möglichkeiten der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde seltener geworden. Betroffen sind v.a. junge Erwachsene, da in diesem Lebensabschnitt die meisten Mandelentzündungen auftreten.
Symptome
Am Beginn des Lemierre-Syndroms stehen meistens diffuse Halsschmerzen, die in den Nacken und teilweise bis in den oberen Rücken ausstrahlen. Ursache dieser Symptomatik ist der sich bildende oder bereits vorhandene Peritonsillarabszess. Innerhalb des Abszesses kommt es zu einer starken Vermehrung anaerober Keime.
Es kommt zu einer Lymphadenopathie und starken Fieberschüben, ggf. mit Schüttelfrost. Die Vigilanz kann herabgesetzt sein, die Patienten wirken lethargisch. Bis zu 14 Tage nach den ersten klinischen Zeichen kommt es zu starken Durchfall, Erbrechen und Übelkeit, begleitet ausgeprägten Exanthemen. Ohne adäquate Therapie kann sich aus der Bakteriämie ein septischer Schock mit Leber- und Nierenversagen entwickeln. Durch den Befall der Venen mit Bakterien erhöht sich die Gefahr von Thrombosen stark. Die Lungenembolie ist deshalb eine häufige Komplikation des Lemierre-Syndroms. Kavitäre Läsionen im Bereich der Lungen wurden in einigen Fällen ebenfalls beobachtet.
Diagnose
- Die wichtigsten Diagnosemethoden im Falle eines Lemierre-Syndroms sind die Begutachtung der Gesamtsymptomatik, sowie das Anlegen einer Blutkultur.
- Labordiagnostisch zeigt sich eine ausgeprägte Neutrophilie, sowie ein deutlich erhöhtes C-reaktives Protein und ein früher Anstieg des Procalcitonins.
- Eventuelle Thrombosen können durch die entsprechenden bildgebenden Verfahren (MRT, CT, Angiographie, Sonografie) nachgewiesen werden.
Therapie
Die Behandlung findet im intensivmedizinischen Setting statt. Wichtige Basismaßnahmen sind:
- Gabe eines hochdosierten Breitbandantibiotikums
- Antikoagulation
Weblinks
- Heron MJ, Deng F. Lemierre’s Syndrome Complicated by Cavernous Sinus Thrombosis. New Engl J Med. 2024 - Fallbericht mit Abb.
- Quast D et al. Lemierre-Syndrom nach Tonsillektomie. Dtsch Arztebl Int 2017
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