Natriumkanalblocker
Synonym: Natriumkanalantagonist
Englisch: sodium channel antagonist, sodium channel blocker
1. Definition
Als Natriumkanalblocker wird eine Gruppe von Arzneistoffen bezeichnet, deren Wirkmechanismus in der Antagonisierung spannungsabhängiger oder nicht spannungsabhängiger Natriumkanäle besteht.
2. Hintergrund
Natriumkanäle sind essenzielle Membranproteine, die eine zentrale Rolle bei der Erregungsleitung von Neuronen, Kardiomyozyten und Muskelzellen spielen.
Spannungsabhängige Natriumkanäle (Nav) bestehen aus einer α-Untereinheit, welche die Pore des Ionenkanals bildet, und optionalen β-Untereinheiten, die regulatorische Funktionen haben. Die α-Untereinheit enthält vier homologe Domänen (DI–DIV) mit jeweils sechs Transmembrandomänen (S1–S6). Das hoch konservierte S4-Segment wirkt als Spannungssensor, während die S5-S6-Region die eigentliche Pore bildet. Es gibt neun funktionelle Untertypen (Nav1.1–Nav1.9), die je nach Gewebe unterschiedlich exprimiert werden. Ihre Blockade durch pharmakologische Wirkstoffe kann verschiedene therapeutische Effekte erzielen.
3. Pharmakologie
Natriumkanalblocker reduzieren die Na⁺-Permeabilität, was zu einer verminderten Depolarisation und einer verlangsamten Erregungsleitung führt. Vor allem bei übererregbaren Geweben wird dadurch die Aktionspotenzialfrequenz reduziert. Die Substanzen lassen sich grob in zwei Kategorien einteilen:
- "Use-Dependent"-Blocker: Sie haben eine bevorzugte Affinität für aktive oder inaktive Kanäle.
- "Tonic"-Blocker: Sie blockieren Kanäle unabhängig von ihrem Zustand.
4. Anwendungsgebiete
4.1. Blockade spannungsabhängiger Natriumkanäle
Spannungsabhängige Natriumkanäle initiieren Aktionspotentiale durch intrazellulär gerichtete Depolarisationsströme in Neuronen und Kardiomyozyten. Entsprechend hemmen Nav-Antagonisten die neuronale bzw. kardiale Erregbarkeit.
Arzneimittelgruppen | Substanzen |
---|---|
Klasse-I-Antiarrhythmika |
|
Lokalanästhetika | Lidocain, Bupivacain, Ropivacain, Mepivacain, Prilocain |
Analgetika | Suzetrigin |
Antikonvulsiva | Phenytoin, Carbamazepin, Lamotrigin, Lacosamid |
4.2. Blockade nicht spannungsabhängiger Natriumkanäle
Nicht spannungsabhängige Natriumkanäle dienen dem Ionentransport. Prominentester Vertreter ist der epitheliale Natriumkanal (ENaC), der von den Epithelien:
- des renalen Tubulussystems
- des Colons und
- der Lunge
exprimiert wird.
ENaC-spezifische Antagonisten finden als kaliumsparende Diuretika (Amilorid, Triamteren) Anwendung.
5. Toxikologie
Selektive Natriumkanalblocker (Tetrodotoxin, Saxitoxin, Batrachotoxin) sind in verschiedenen tierischen Giften mit neurotoxischer Wirkung enthalten und finden Anwendung in der neurophysiologischen Forschung.