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Multifokale motorische Neuropathie

Englisch: multifocal motor neuropathy

1. Definition

Die multifokale motorische Neuropathie, kurz MMN, ist eine langsam progrediente Neuropathie, die mit dem fokalen Befall motorischer Nervenfasern einhergeht.

2. Epidemiologie

Die Prävalenz der MMN wird auf etwa 1 bis 2 pro 100.000 Einwohner geschätzt, Männer sind häufiger betroffen (Verhältnis 2,6:1). Da Manifestationsalter liegt typischerweise zwischen dem 30. und dem 50. Lebensjahr.

3. Ätiologie

Die multifokale motorische Neuropathie ist eine Autoimmunerkrankung, die teilweise der chronischen inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie (CIDP) zugeordnet wird. Teilweise werden Antikörper gegen das Gangliosid (GM1), das Myelin der motorischen Nerven, gefunden. Diese und die Tatsache, dass die MMN auf eine immunmodulierende Therapie anspricht, sind Hinweise auf die autoimmune Genese der Erkrankung. Da jedoch nicht bei allen Patienten GM1-Antikörper nachgewiesen werden können, ist die Pathogenität dieser Antikörper unklar. Eine Demyelinisierung wurde in Nervenbiopsien nicht nachgewiesen.

4. Klinik

Die Erkrankung führt zu asymmetrischen, distal betonten, rein motorischen Paresen, die vor allem die obere Extremität betreffen und im Laufe der Zeit zur Atrophie der Muskulatur führen. Die Atrophien sind jedoch häufig nur schwach ausgeprägt oder können ganz fehlen.

Die Erkrankung manifestiert sich vor allem am Nervus ulnaris und am Nervus medianus. Eine Hirnnervenbeteiligung ist selten (ca. 2 %). Häufig werden zu Beginn der Erkrankung auch Faszikulationen beobachtet.

Im Verlauf der Erkrankung kann eine Abschwächung der Muskeleigenreflexe der betroffenen Extremität beobachtet werden. Sensibilitätsstörungen werden nicht oder nur in geringem Ausmaße beobachtet. In etwa 1 % der Fälle kann sich durch eine uni- oder bilaterale Phrenikusparese zusätzlich eine respiratorische Insuffizienz entwickeln.

Die untere Extremität ist nur selten von der Erkrankung betroffen.

5. Diagnostik

Grundlage ist zunächst die Elektroneurographie, bei der sich ein Leitungsblock zeigt, d.h., dass die Amplitude des Muskelsummenaktionspotenzials bei proximaler Nervenstimulation gegenüber der Amplitude bei distaler Stimulation um mehr als fünfzig Prozent reduziert ist. Die Prädilektionsstelle eines Leitungsblocks des Nervus medianus liegt am Unterarm, die des Nervus ulnaris am Oberarm. Man findet eine Verlängerung der distalen Latenzen und F-Wellen-Latenzen sowie eine leicht reduzierte Nervenleitgeschwindigkeit.

Zusätzlich wird eine Elektromyographie durchgeführt, bei der sich Zeichen einer akuten und chronischen Denervierung der Skelettmuskulatur zeigen.

Im Liquor kann die Konzentration des Eiweiß leicht erhöht sein (zytoalbuminäre Dissoziation).

Zusätzlich sollte der GM1-Antikörper-Titer bestimmt werden. Wenn der Titer größer als 1:1.800 ist, weist dies auf eine MMN hin. Jedoch lässt sich nur bei dreißig bis fünfzig Prozent der Patienten diese starke Titererhöhung nachweisen. In einigen Fällen können GM2- oder GD1a-Antikörper nachgewiesen werden.

In unsicheren Fällen kann eine Nervenbiopsie durchgeführt werden.

6. Differenzialdiagnose

Differenzialdiagnostisch sollten eine Amyotrophe Lateralsklerose, eine MADSAM und eine Myositis ausgeschlossen werden. Eine Porphyrie, eine Bleiintoxikation sowie eine monoklonale Gammopathie können ebenfalls ähnliche Symptome verursachen.

7. Therapie

Die Therapie besteht in der intravenösen Gabe von Immunglobulinen (IVIG), die bei Besserung der Symptome jeweils alle vier bis acht Wochen durchgeführt wird. Die IVIG-Therapie muss zyklisch in individuellen Intervallen wiederholt werden. Cyclophosphamid, eventuell in Kombination mit Immunglobulinen, wird bei Therapieresistenz verabreicht, allerdings treten bei der Therapie mehr Nebenwirkungen auf.

Glukokortikoide haben keinen positiven Effekt auf den Verlauf und werden teils eher mit einem negativen Einfluss in Verbindung gebracht.

8. Prognose

Bei vierzig bis sechzig Prozent der betroffenen Patienten kann die Gabe von Immunglobulinen eine Progredienz der Erkrankung verhindern. Häufig bilden sich die Symptome auch zurück, wenn die Erkrankung noch nicht zu weit fortgeschritten ist. Spontanremissionen werden jedoch nur äußerst selten beobachtet. Bei Langzeittherapie nimmt die Wirksamkeit häufig ab. Auch permanente motorische Einschränkungen sind möglich.

9. Literatur

Fachgebiete: Neurologie

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