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Moosfaser (Kleinhirn)

Englisch: mossy fiber

1. Definition

Als Moosfasern bezeichnet man zusammenfassend alle Afferenzen, die zum Kleinhirn ziehen und nicht zu den Kletterfasern gezählt werden. Ihre Anzahl wird auf etwa 50 Millionen Fasern geschätzt.

2. Neuroanatomie

2.1. Ursprung

Moosfasern stammen größtenteils aus extrazerebellären Gebieten, u.a. aus:

Ein geringer Teil der Moosfasern stammt aus dem Kleinhirn selbst und wird durch Kollateralen von Neuronen der Kleinhirnkerne und Axone monodendritischer Zellen gebildet.

2.2. Verlauf

Die Afferenzen treten über alle drei Kleinhirnstiele in das Kleinhirn ein:

Kleinhirnstiel  Ursprung Fasern Ziele
Pedunculus cerebellaris superior Rückenmark spinozerebelläre Moosfasern
(Tractus spinocerebellaris anterior,
Tractus spinocerebellaris superior,
Tractus cervicospinocerebellaris)
ipsilaterales Spinocerebellum
Pedunculus cerebellaris medius Brückenkerne der Pars basilaris pontis pontozerebelläre Moosfasern (Fibrae pontocerebellares) kontralaterales Pontocerebellum
Nuclei reticularis tegmenti pontis retikulozerebelläre Moosfasern (des Tractus reticulocerebellaris) zahlreiche Kleinhirnabschnitte
Pedunculus cerebellaris inferior Nucleus cuneatus accessorius spinozerebelläre Moosfasern (Fibrae cuneocerebellares) ipsilaterales Spinocerebellum
Nucleus thoracicus posterior spinozerebelläre Moosfasern (Tractus spinocerebellaris posterior) ispilaterales Spinocerebellum
sensorische Trigeminuskerne trigeminozerebelläre Moosfasern ipsilaterales Spinocerebellum
Nuclei reticulares lateralis und paramedianus retikulozerebelläre Moosfasern (des Tractus reticulocerebellaris) gesamtes Kleinhirn
Nervus vestibularis und Vestibulariskernen vestibulozerebelläre Moosfasern (Tractus vestibulocerebellaris) Vestibulocerebellum (bilateral)

Die Moosfasern steigen zur Kleinhirnrinde auf und geben dabei Kollateralen zu den Kleinhirnkernen ab. Innerhalb eines Foliums und im Stratum granulosum verzweigen sie sich weiter und bilden mit Eintritt in die Glomeruli cerebellares im Stratum granulosum sog. Moosfaserterminale aus. Aus einer Moosfaser eines Foliums gehen ca. 20 bis 30 Moosfaserterminale hervor. Letztere treten mit bis zu 20 Körnerzelldendriten in synaptischen Kontakt. Insgesamt besteht dadurch eine Divergenz von einer Moosfaser auf mehr als 400, wenn die vorherige Kollateralisierung berücksichtigt wird, sogar auf mehrere Tausend Körnerzellen. Umgekehrt konvergieren nur 3 bis 5 verschiedene Moosfasern auf eine Körnerzelle.

Die Moosfaserterminale haben eine traubenförmige Gestalt ("Rosette") und bilden die zentrale Terminale eines Glomerulus cerebellaris. Hier bestehen exzitatorische glutamaterge Synapsen mit den Verzweigungen von Körnerzelldendriten und z.T. mit Dendriten von Golgi-Zellen. In dem Glomerulus gibt es auch inhibitorische Synapsen zwischen Axonen der Golgi-Zellen und Körnerzelldendriten. Außen werden die Glomeruli von Fortsätzen der Flügelastrozyten umhüllt.

2.3. Verschaltung

Moosfasererregungen führen aufgrund ihrer starken Verzweigung zu einer Erregung einer großen Zahl von Körnerzellen. Diese übertragen die Erregung über Parallelfasern (parallel zu den Foliae cerebelli) auf die Dendriten zahlreicher Purkinje-Zellen und Interneuronen (Golgi-, Stern- und Korbzellen). Dadurch werden Purkinje-Zellen zu hochfrequenten tonischen Entladungen angeregt. Die inhibitorischen Interneurone wirken dabei modulierend: Nur die hintereinander, d.h. in Folienrichtung liegenden Purkinje-Zellen werden erregt, während die Korb- und Sternzellen die flankierenden, weniger erregten Purkinje-Zellreihen hemmen. Dadurch werden um die in Reihe liegenden erregten Purkinje-Zellen ca. 1 mm breite "ruhige Zonen" geschaffen. Dies führt zur räumlichen Kontrastverstärkung bzw. Musterbildung.

Die erregten Purkinje-Zellen hemmen schließlich in unterschiedlichem Ausmaß die Neurone der Kleinhirnkerne. Da die erregten Golgi-Zellen über Dendriten in den Glomeruli cerebellares zu einer rekurrenten Hemmung der Körnerzellen führen, kommt es zum Erliegen der Erregung der Parallelfasern und Purkinje-Zellen. Dies führt dazu, dass in die Kleinhirnrinde einfließenden Impulse innerhalb von ca. 100 ms wieder abklingen (zeitliche Musterbildung).

In dieses Moosfaser-Parallelfaser-System sind auch die glutamatergen Kletterfasern einbezogen. Sie sind deutlich weniger verzweigt und lösen bei Erregung eine kurze, hochfrequente Salve bei den Purkinje-Zellen aus. Dies soll die Erregbarkeit von Purkinje-Zellen regulieren. Bei einer durch Kletterfasererregung stimulierten Purkinje-Zelle wird eine gleichzeitige Parallelfasererregung postsynaptisch abgeschwächt. Diese Langzeitdepression ist ein wichtiger Mechanismus für das motorische Lernen.

3. Regelkreis

Die meisten Afferenzen des Kleinhirns werden über das Moosfasersystem dem Kleinhirn vermittelt. Die Impulse stammen hauptsächlich aus peripheren Extero- und Propriozeptoren und gelangen zum Spinocerebellum. Informationen aus dem Gleichgewichtsorgan und Vestibulariskernen werden auf das Vestibulocerebellum projiziert, Impulse aus dem motorischen Kortex und subkortikalen motorischen Zentren erreichen das Pontocerebellum.

Mit Hilfe der oben genannten Verschaltung werden die Informationen verarbeitet und auf Purkinje-Zellen übertragen, welche die Efferenzen des Kortex liefern. Zusammen mit den Kletterfasern und Kleihnhirnkernen bilden sie efferente Funktionseinheiten des Kleinhirns (zerebelläre Module). Die Kleinhirnkerne entlassen schließlich Projektionen, die direkt oder indirekt zu motorischen Systemen in Hirnstamm und Großhirnrinde gelangen.

Stichworte: Kleinhirn

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