Luftsacktympanie (Pferd)
Englisch: guttural puch tympany
Anatomie
Die Luftsäcke stellen luftgefüllte Aussackungen (Diverticula) der Tuba auditiva (Eustachische Röhre) bei Pferden dar. Die genaue Funktion der Luftsäcke ist bislang (2020) nicht geklärt. Es wird jedoch angenommen, dass sie einerseits zur Kühlung des arteriellen Blutflusses zum Gehirn, andererseits als Resonanzraum bzw. Gewichtsreduktion des Kopfes dienen.
Die Luftsäcke werden durch das Stylohyoideum (mittlerer Zungenbeinast) in zwei miteinander kommunizierende Kompartimente unterteilt: eine größere mediale und eine kleinere laterale Bucht. An der medialen Bucht verlaufen die Arteria carotis interna und in einer Schleimhautfalte die Hirnnerven IX (Nervus glossohpharyngeus), XI (Nervus accessorius) und XII (Nervus hypoglossus). Am Boden befindet sich der Nervus vagus (X) und das Ganglion cervicale craniale. An der Wand der lateralen Bucht liegt die Arteria carotis externa und Arteria maxillaris. In unmittelbarer Nähe befinden sich ebenso der Nervus facialis (VII), der Nervus vestibulocochlearis (VIII) und der Nervus mandibularis (V3).
Vorkommen
Die Luftsacktympanie ist eine seltene Erkrankung junger Pferde. Sie betrifft meist Fohlen und Jungpferde bis zu einem Alter von 1 Jahr. Stuten sind im Schnitt 2 bis 4 mal häufiger betroffen als Hengste. Bei bestimmten Rassen tritt die Erkrankung gehäuft auf, z.B. Arabisches Vollblut, Englisches Vollblut, Traber und Quarter Horse.
Ätiopathogenese
Die genaue Ätiopathogenese ist bislang nicht geklärt, jedoch sollen neben anatomischen und physiologischen Faktoren auch entzündliche Prozesse zur Krankheitsentstehung beitragen. In der Literatur sind unterschiedliche Mechanismen beschrieben: u.a. geht man davon aus, dass die Plica salpingopharyngea als Ventil funktioniert, sodass nur ein unidirektionaler Luftstrom gewährleistet werden kann. Auf diese Weise kommt es zu einer Akkumulation von Luft und Flüssigkeiten im Luftsack. Außerdem sollen virale oder bakterielle Infektionen des oberen Respirationstrakts, persistierender Husten oder metabolische Dysfunktionen die Krankheitsentstehung begünstigen.
In den meisten Fällen können keine offensichtliche anatomische Missbildungen im Bereich der Eustachischen Röhre sowie des Luftsacks festgestellt werden.
Klinik
Typische Symptome einer Luftsacktympanie sind eine uni- oder bilaterale Schwellung im Bereich der Glandula parotis. Der betroffene Abschnitt ist in der Regel nicht druckdolent oder vermehrt warm. Je nach Ausdehnung und Schweregrad der Schwellung können zusätzliche Symptome wie Dyspnoe, Dysphagie, Regurgitation und Husten auftreten.
Diagnose
Anamnese, Klinik und klinische Untersuchung sind hinweisend für eine Erkrankung der Luftsäcke.
Die Diagnosesicherung erfolgt mittels endoskopischer Untersuchung des oberen Respirationstraktes inkl. Luftsäcke und Larynx. Zusätzlich lässt sich die vermehrte Luftansammlung im röntgenologischen Bild darstellen.
Therapie
Die Therapie richtet sich nach der zugrundeliegenden Ursache. Scheint eine Entzündung der oberen Atemwege ursächlich für die Luftsacktympanie zu sein, kann eine antiinflammatorische (z.B. Flunixin) sowie antibiotische Behandlung (z.B. Trimethoprim-Sulfonamid) zu einer Linderung der Symptome führen.
Kann durch eine konservative Therapie keine Besserung erzielt werden, müssen chirurgische Behandlungsmethoden in Erwägung gezogen werden. In der Literatur sind unterschiedliche Maßnahmen beschrieben, z.B. die endoskopische Fenestrierung des Septums zwischen beiden Luftsäcken mittels Neodyn-YAG-Laser in Kombination mit einer partiellen Resektion der Plica.
Literatur
- Stephen M. Reed, Warwick M. Bayly, Debra C. Sellon. Equine internal medicine. 4th edition. Elsevier, 2018.
- Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover. Luftsacktympanie TiHo Hannover (abgerufen am 23.02.2020)
- B. Ohnesorge. Luftsacktympanie des Pferdes Pneumologie 2010; 64 - A2 (abgerufen am 23.02.2020)