Knochenmarkpunktion
Synonyme: Knochenmarkbiopsie, Knochenmarkspunktion
Definition
Unter einer Knochenmarkpunktion versteht man den Einstich in das Knochenmark zur Gewinnung von diagnostischem Material. Der Eingriff wird bei Erkrankungen des blutbildenden Systems mittels einer Spezialkanüle, z.B. am Beckenkamm oder Sternum, unter Lokalanästhesie durchgeführt.
Terminologie
Unter dem Begriff "Knochenmarkpunktion" wird in der Regel nur die Punktion zu diagnostischen Zwecken verstanden. Bei einer Punktion des Knochenmarks zur Transfusion von Blutprodukten oder zur Medikamentengabe in Notfallsituationen spricht man meist von einem intraossären Zugang.
siehe auch: intraossärer Zugang, intraossäre Infusion
Einteilung
Je nachdem, welches Material entnommen wird, unterscheidet man:
- Aspirationspunktion: Zellen aus dem Knochenmark (Knochenmarkblut und vereinzelte Bröckchen) werden durch Aspiration gewonnen und zytologisch untersucht. Ausreichend, wenn eine Beurteilung der Zellen für eine Diagnosestellung reicht.
- Biopsie, Knochenmarkstanze: Neben den Zellen wird auch ein Knochenmarkzylinder entnommen. Notwendig, wenn das Knochenmark mit beurteilt werden muss, z.B. wenn die Lokalisation von Zellen innerhalb des Knochenmarks relevant ist, die Architektur des Knochens gestört ist oder die betroffenen Zellen nicht aspiriert werden können.
Indikationen
Die Knochenmarkpunktion dient der Diagnostik hämatologischer Erkrankungen. Zu den möglichen Indikationen zählen:
- akute Leukämie
- Knochenmarkfibrose
- Myelodysplastische Syndrome
- unklare Zytopenie oder Anämie
- Staging bei hämatologischen Neoplasien (z.B. Lymphome, multiples Myelom)
- Blasten oder abnorme Zellen im peripheren Blut
- Splenomegalie
Kontraindikation
Unter folgenden Bedingungen darf eine Knochenmarkpunktion nicht durchgeführt werden:
- Thrombopenie (< 20.000/µl)
- Gerinnungsstörungen (Quick < 50 %)
- Einnahme von Antikoagulantien (therapeutisch)
- Sepsis
- lokale Infektion oder Verletzung der Haut an der Punktionsstelle
- fehlende Einverständniserklärung
Durchführung
Für die Knochenmarkpunktion wird meist eine der folgenden Techniken verwendet:
- Punktion der Spina iliaca posterior superior des auf dem Bauch liegenden Patienten
- Punktion der Crista iliaca des auf der Seite liegenden Patienten
Vor Beginn der Punktion sollte festgelegt sein, welche Materialien gewonnen werden und welche Antikoagulanzien (z.B. Heparin, Citrat oder EDTA) dafür erforderlich sind.
Anfangs wird die Punktionsstelle chirurgisch desinfiziert und die Region mittels Lokalanästhetikum infiltriert. Dabei sollte man darauf achten, dass das anästhesierte Gebiet ausreichend groß und die Wirkung des Anästhetikums voll entfaltet ist.
Anschließend wird in einem Punktionswinkel von etwa 70° zur Hautoberfläche punktiert. Dabei wird die Nadel mit Drehbewegungen durch Periost und Kortikalis bis in die Spongiosa eingedreht, bis sie fest sitzt und beim Loslassen ihre Position nicht verändert. Ist die Nadel an der richtigen Stelle positioniert, wird die innere Nadel aus der äußeren zurückgezogen. Dies ist für manche Patienten bereits schmerzhaft, weshalb der Patient darauf vorbereitet werden sollte. Als Nächstes wird eine Spritze auf die Nadel gesetzt und kräftig aspiriert. Der entstehende Unterdruck löst Schmerzen aus, die sich bei Nachlassen des Unterdrucks wieder verringern. Mit dem Aspirat werden Ausstriche erstellt und je nach Bedarf Monovetten für weitere Untersuchungen gefüllt.
Wird zusätzlich ein Knochenmarkzylinder benötigt, erfolgt eine zweite Punktion mit einer speziellen Stanzbiopsienadel. Die Nadel wird ähnlich wie bei der Aspiration unter Drehen bis in die Spongiosa vorgeführt. Dabei wird eine andere Stelle als für die Aspiration verwendet. Dann wird die innere Nadel zurückgezogen, während die äußere, hohle Nadel unter Drehen 1 bis 2 cm tiefer hineingebohrt wird. Durch kräftigere Drehbewegungen und leichtes Kippen wird der Zylinder an der Nadelspitze aus der Spongiosa gelöst. Schließlich wird die Nadel mit Zylinder unter Hin- und Herdrehen herausgezogen, der Zylinder mit einem Draht herausgeschoben und in eine Fixierlösung gegeben.
Nach Abschluss der Untersuchung wird die Punktionsstelle 1 bis 2 Minuten lang manuell mit einer Kompresse komprimiert und dann mit einem sterilen Wundverband versorgt. Danach muss der Patient für etwa 20 bis 30 Minuten mit der Punktionsstelle auf einem Sandsack liegen, damit keine Blutungen auftreten.
Risiken
Der Eingriff ist minimal-invasiv, sodass die Risiken relativ gering sind. Zu ihnen gehören Blutungsereignisse sowie Infektionen der Punktionsstelle. In seltenen Fällen kommt es zu einer Osteomyelitis.
Beim Vorhandensein von osteolytischen Knochenmetastasen oder starker Osteoporose ist das Risiko für eine Fraktur höher, weshalb das Ausüben von unkontrolliertem Druck zu vermeiden ist.
Quiz
Bildquelle
- Bildquelle für Flexikon-Quiz: © Mikhail Nilov / Pexels
Literatur
- Universitätsklinikum Magdeburg – Handbuch der Primärprobenentnahme Hämatologisches Speziallabor, Stand 02/2022, abgerufen am 10.05.2024
- e.medpedia – Punktionen: Knochenmarkpunktion, DGIM Innere Medizin, abgerufen am 10.05.2024