Intraossärer Zugang
von lateinisch: intra - innerhalb, os - Knochen
Synonym: i.o.-Zugang
Definition
Als intraossären Zugang bezeichnet man eine Punktion des Knochenmarks mit einer Spezialkanüle am medialen Rand der Tibia (Schienbein). Er ist eine Alternative zum intravenösen Zugang bei kleinen Kindern, Säuglingen und Neugeborenen (v.a. in Notfall-Situationen).
Hintergrund
Bei kleinen Kindern, Säuglingen und Neugeborenen kann sich eine Punktion von Venen oft als sehr schwierig erweisen. Im Notfall, wenn schnell ein Zugang zum venösen Gefäßsystem gelegt werden muss, darf keine Zeit durch langes Suchen nach einer geeigneten kleinen Vene vergeudet werden. Das ERC (European Resuscitation Council) empfiehlt einen intraossären Zugang im Rahmen einer Reanimation von Kindern bis 8 Jahren immer dann, wenn kein venöser Zugang liegt oder nicht sofort gelegt werden kann.
Beim intraossären Zugang können alle Medikamente und Infusionen wie bei intravenöser Gabe appliziert werden (sie werden über die im gut durchbluteten Knochenmark gelegene Kanüle sehr schnell aufgenommen).
Lidocaingabe
Nach Anlage eines intraossären Zugangs kann es bei der ersten Injektion über die intraossäre Kanüle zu einem starken Schmerzreiz kommen. Deshalb wurde die intraossäre Applikation eines Lokalanästhetikums (z.B. Lidocain 1 % ohne Konservierungsstoff und ohne Adrenalin: 20 bis 40 mg bei Patienten > 40 kgKG) zur Reduktion intraossärer Schmerzen durch den intramedullären Druck empfohlen.[1] Aufgrund von Zwischenfällen wird in einer Stellungnahme mehrerer Fachgesellschaften die Anwendung von Lidocain bei Anlage eines intraossären Zugangs in der Kindernotfallmedizin nicht mehr empfohlen.[2][3]
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Komplikationen
Durch einen intraossären Zugang kann es selten zu Verletzungen der Epiphysenfugen, Infektionen des Knochenmarks (Osteomyelitis) und anderen Komplikationen kommen.
Quellen
- ↑ S1-Leitlinie Die intraossäre Infusion in der Notfallmedizin. AWMF Registernummer 001 - 042, abgerufen am 18.09.2024
- ↑ AkdÄ. Intraossäre Gabe von Lidocain zur Schmerztherapie bei pädiatrischen Patienten – eine nicht sachgerechte, potenziell gefährliche Off-Label-Empfehlung, Dtsch Arztebl 2022
- ↑ Hoffmann F et al. Stellungnahme zum Einsatz von Lidocain zur Reduktion des Injektionsschmerzes beim Legen eines intraossären Zugangs in der Kindernotfallmedizin. Dtsch Ärzteblatt 2024, abgerufen am 18.09.2024