Hornhautulkus (Hund)
Synonyme: Hornhautgeschwür, Keratitis ulcerosa, Ulcus corneae
Definition
Ätiologie
Ulzerative Hornhautdefekte können aufgrund zahlreicher Ursachen entstehen:
- mechanische Einwirkungen (z.B. Entropium, Distichiasis, Trichiasis, ektopische Zilien, Fremdkörper, Traumata)
- virale und (sekundäre) bakterielle Infektionen
- Keratokonjunktivitis sicca
- Dakryozystitis
- unkontrollierte Glukokortikoidbehandlung
- therapeutischer Einsatz eines Lokalanästhetikums
- Verätzungen
- Cushing-Syndrom
- autoimmunvermittelte Hauterkrankungen
- Trigeminusschaden (Keratitis neuroparalytica)
- Boxerkeratitis
Pathogenese
Aufgrund unterschiedlicher Auslöser wird die oberflächliche Hornhautschicht verletzt (Hornhauterosion).
Bleiben die Auslöser bestehen, kommt es durch proteolytische und bakterielle Enzyme zum Fortschreiten der Gewebseinschmelzung (progressives Ulkus) bis zur Descemet-Membran, die sich dann elastisch vorwölben kann (Descemetozele). Bei starker Toxineinwirkung entwickelt sich ein tiefes und fortschreitendes Ulkus (Ulcus serpens) mit wallartigem Rand - begleitet von einer Iritis und einer Leukozytenansammlung am Boden der Vorderkammer (Hypopyokeratitis). In weiterer Folge kommt es zur Hornhautperforation mit Abfluss von Kammerwasser und Vorfall der Iris in den Bereich der durchgebrochenen Hornhaut.
Abhängig von der Größe der Perforation legt sich die Iris entweder nur an die Hornhautlücke an (Synechia anterior, Leukoma adhaerens) oder das Irisgewebe quillt über die Hornhautoberfläche vor (Prolapsus iridis, inkarzerierte Irishernie). Die infolge der proalbierten Iris entstehende epithelisierte und vernarbte Vorwölbung der Hornhaut wird auch als erworbenes Staphyloma corneae bezeichnet. In den Defekt eingedrungene Keime führen zusätzlich zu einer eitrigen Infektion des gesamten Auge (Panophthalmitis purulenta). Bei einer heftigen und aseptischen Entzündung hingegen (Endophthalmitis) kann es zur Schrumpfung des gesamten Augapfels (Atrophia bulbi) in Verbindung mit einer Destruktion der inneren Augengewebe (Phthisis bulbi) kommen.
Etwa 3 bis 6 Tage nach Auftreten der Läsion beginnt auf Höhe des pathologischen Prozesses die Vaskularisation der Hornhaut. Diese beginnt am Limbus corneae) und schreitet maximal 1 mm pro Tag voran. Die ursprüngliche tiefe Vaskularisation (kurze, dicht gelagerte und besenreiserartige Gefäße, die aus dem Randschlingennetz der Kornea entspringen) geht allmählich in eine oberflächliche Vaskularisation über. Dabei schiebt sich der limbale Vaskularisationswall als Pannus in Richtung des Defektes vor und wird von baumastförmig und sich verzweigenden Gefäßen versorgt. Die Gefäße bilden sich dann wieder von der Peripherie beginnend zurück, sodass nur noch blutleere Schläuche (Geistergefäße) zurück bleiben.
Klinik
Die Symptome hängen maßgeblich von der Tiefe des Ulkus und von der Dauer der Erkrankung ab.
Betroffene Hunde leiden besonders an Photophobie, Epiphora, Blepharospasmus, Entropium spasticum, Enophthalmus und schleimig-eitrigem Augenausfluss. Zusätzlich kommt es zur konjunktivalen Hyperämie sowie zu fokalen Trübungen im Defektbereich und der umgebenden Hornhaut (Detritus, Ödem, Infiltration).
Diagnose
Die Diagnose wird mittels klinischer und ophthalmologischer Untersuchung gestellt. Hierbei sind vor allem ein Schirmer-Tränen-Test, eine Biomikroskopie sowie eine Tupferprobe für die anschließende mikrobiologische Untersuchung durchzuführen. Das nicht-epithelisierte Hornhautareal ist Fluorescein-positiv.
Fremdkörper im Bindehautbereich müssen unbedingt ausgeschlossen werden.
Therapie
Sowohl auslösende als auch prädisponierende Faktoren sind umgehend abzustellen. Die weitere Therapie richtet sich nach der Größe und Tiefe des Defekts und muss individuell angepasst werden.
Nicht-gereinigte und progressive Ulzera sind wie eine Boxerkeratitis (Keratitis superficialis erosiva) zu behandeln: Touchieren mit Tinctura jodi, umfangreiches Debridement des losen Hornhautepithels, antibiotische Augensalbe und lokale Behandlung mit 1%igem Atropin.
Bei allen schmerzhaften Hornhautdefekten sind Atropin-haltige Augentropfen indiziert - auch wenn noch keine klinisch manifeste Iritis diagnostiziert werden kann (vorab Glaukom und KCS ausschließen). Ulzera, die nicht tiefer als die halbe Dicke der Hornhaut sind, sind mit einer Nickhautschürze oder Tarsorrhaphie zu versorgen. Bei tiefen Ulzera mit Perforationsgefahr ist eine Bindehautschürze indiziert.
Literatur
- Niemand HG (Begr.). Suter PF, Kohn B, Schwarz G (Hrsg.). 2012. Praktikum der Hundeklinik. 11., überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Enke-Verlag in MVS Medizinverlag Stuttgart GmbH & Co. KG. ISBN: 978-3-8304-1125-3.
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