Orexin
von altgriechisch: ὄρεξις ("orexis") - Verlangen, Appetit
Synonyme: Hypocretin, Hypokretin, Hypothalamisches Incretin
Englisch: orexin, hypocretin, hcrt
Definition
Orexine sind Neuropeptide, die im Hypothalamus gebildet werden und an der Regulation der Vigilanz und des Appetits beteiligt sind.
Geschichte
Orexin A und B wurden erst 1998 entdeckt und ihre Wirkungen nahezu zeitgleich von zwei unterschiedlichen Arbeitsgruppen beschrieben.[1]
Nomenklatur
Die doppelte Bezeichnung Orexin/Hypocretin für diese Peptide besteht bis heute. Die International Union of Basic and Clinical Pharmacology empfahl jedoch 2012, die Peptide und ihre Rezeptoren mit dem Begriff Orexin und ihre jeweiligen Gene sowie die mRNA mit dem Begriff Hypocretin (abgekürzt HCRT) zu benennen.[1]
Genetik
Die Orexine werden als Präkursor-Protein (Präpro-Orexin) durch das HCRT-Gen auf Chromosom 17 an Genlokus 17q21 kodiert.
Biochemie
Die Orexine werden von Neuronen in der tuberalen Region des Hypothalamus als Präpro-Orexin synthetisiert und danach in die aktiven Peptide Orexin A und Orexin B proteolytisch gespalten und sezerniert. Orexin-Neuronen setzen auch Glutamat und Dynorphin frei. Sie werden durch Glukose gehemmt und durch nicht-essentielle Aminosäuren sowie durch Azidose und einen Anstieg der CO2-Konzentration (Hyperkapnie) erregt. Orexin-Neuronen werden auch direkt durch das orexigene (Hunger auslösende) Hormon Ghrelin aktiviert und indirekt durch das anorexigene Hormon Leptin gehemmt.[1]
Die Aminosäuresequenz beider Neuropeptide ist zu etwa 50% identisch. Orexin A besteht aus 33 Aminosäureresten und hat zwei intramolekulare Disulfidbrücken. Orexin B ist ein lineares Peptid mit 28 Aminosäureresten. Es wird angenommen, dass die Unterschiede zwischen den Strukturen von Orexin A und Orexin B, die bei Säugetieren hoch konserviert sind, Orexin A eine relative Resistenz gegen proteolytischen Abbau verleihen.
Die Orexine binden an zwei G-Protein-gekoppelte Rezeptoren, OX1R und OX2R. Orexin A bindet mit etwa der gleichen Aktivität an beide Rezeptoren, Orexin B bindet hauptsächlich an OX2R und ist weniger potent als Orexin A.
siehe Hauptartikel: Orexinrezeptor
Physiologie
Über das sogenannte orexinerge Projektionssystem werden eine Vielzahl von neuronalen Funktionen getriggert. Orexine aktivieren verschiedene Kerngebiete des Gehirns und steuern die Wachheit und den Schlaf-Wach-Rhythmus des Organismus, indem sie das Dopamin-, Noradrenalin-, Histamin- und Acetylcholinsystem beeinflussen.
Orexine steigern das Verlangen nach Nahrungsaufnahme und die verzehrte Nahrungsmenge, indem sie die negative Rückkopplung des Sättigungsgefühls unterdrücken. Orexin A ist diesbezüglich 100-mal stärker wirksam als Orexin B.
Orexin B beeinflusst den Energiehaushalt des Organismus. Die Aufnahme von Glukose in die Fettzellen wird gesteigert und vermehrt Triglyzeride gespeichert. Die Lipolyse wird gehemmt und die Sekretion von Adiponectin gesteigert.
Orexine haben ähnliche Wirkungen auf den Blutzuckerspiegel wie die Inkretine.
Pathophysiologie
Mutationen im HCRT-Gen, die zu einem Orexin-Defizit führen, sind ursächlich für die Narkolepsie und Kataplexie. Bei Patienten mit Narkolepsie mit zusätzlicher Kataplexie wurden erniedrigte Orexin-A-(Hypocretin-1-)Konzentrationen im Liquor nachgewiesen. Die Orexin-A-Bestimmung könnte hierbei zur Frühdiagnostik der Narkolepsie zu Beginn der Erkrankung im Kindesalter oder während der Pubertät eingesetzt werden.
Erniedrigte Orexin-A-Werte wurden auch im Zusammenhang mit entzündlichen Neuropathien, wie z. B. dem Guillain-Barré-Syndrom, beschrieben.
Pharmakologie
Orexin-Rezeptorantagonisten (z.B. Daridorexant oder Suvorexant) kommen in der medikamentösen Behandlung von Schlafstörungen zum Einsatz.
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Mogavero MP et al. Targeting Orexin Receptors for the Treatment of Insomnia: From Physiological Mechanisms to Current Clinical Evidence and Recommendations. Nat Sci Sleep. 2023
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