Glucarpidase
Handelsname: Voraxaze®
Synonym: Carboxypeptidase G2
Definition
Glucarpidase ist ein Enzym, das als Arzneimittel zur Behandlung und Prophylaxe toxischer Methotrexat-Plasmaspiegel eingesetzt wird.
Biochemie
Glucarpidase ist eine Carboxypeptidase, die mittels rekombinanter DNA-Technologie aus genetisch veränderten Escherichia coli-Bakterien hergestellt wird. Das Enzym besteht aus 390 Aminosäuren und liegt als Homodimer vor. Das Molekulargewicht beträgt rund 83 kDa.
Wirkmechanismus
Glucarpidase spaltet den Glutamatanteil von Methotrexat, Folsäure und verwandten Verbindungen ab. Dadurch entstehen die inaktiven Metaboliten Glutamat und im Falle von Methotrexat 2,4-Diamino-N10-methylpteroinsäure (DAMPA), die hepatisch eliminiert werden. Da Methotrexat überwiegend renal eliminiert wird, wird auf diese Weise ein zweiter Eliminationsweg für den Arzneistoff eröffnet.
Aufgrund der Molekülgröße und Ladung kann Glucarpidase nicht in die Zelle gelangen und hebt somit die Wirkung von Methotrexat im Zielgewebe nicht auf.
Pharmakokinetik
Das Verteilungsvolumen von Glucarpidase beträgt 3,55 Liter, die Elimination erfolgt über proteolytischen Abbau. Die Eliminationshalbwertszeit in Hinsicht auf die Serumgesamtkonzentration liegt bei 5,6 Stunden.
Indikation
Das Arzneimittel wird als Antidot bei toxischen Methotrexatspiegeln bei Patienten eingesetzt, die eine reduzierte Elimination des Zytostatikums aufgrund einer eingeschränkten Nierenfunktion aufweisen.
Die Behandlung mit Glucarpidase kann begonnen werden, wenn der Methotrexat-Plasmaspiegel höher als zwei Standardabweichungen des mittleren erwarteten Spiegels ist. Im Optimalfall wird diese Richtlinie auf lokale Behandlungsprotokolle angewandt, sodass der behandelnde Arzt sofort bestimmen kann, ob die Anwendung indiziert ist.
Darreichungsform
Der Wirkstoff liegt als Pulver zur Herstellung einer Injektionslösung vor. Die Verabreichung erfolgt mittels intravenöser Injektion.
Dosierung
Die Anwendung sollte innerhalb von 60 Stunden nach Beginn der Methotrexat-Infusion begonnen werden. Nach Gabe von Glucarpidase ist die Bestimmung der Methotrexatkonzentration mittels Immunoassay nicht mehr möglich, da die Messung durch den Metaboliten DAMPA verfälscht wird. Die Konzentration sollte stattdessen durch HPLC bestimmt werden.
Abhängig von Dosierung und Zeitpunkt der Methotrexat-Infusion wird die Behandlung mit Glucarpidase ab einer Methotrexat-Plasmakonzentration zwischen 5 bis 50 µmol/l begonnen. Genaue Konzentrationsangaben hierfür können der Fachinformation entnommen werden.
Die empfohlene Dosierung beträgt 50 Einheiten Glucarpidase pro kgKG.[1]
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Nebenwirkungen
- Anaphylaxie
- Parästhesien
- Kopfschmerzen
- Tachykardie
- Hautrötung
- Hypotonie
- Pleuraerguss
- Engegefühl im Hals
- Oberbauchschmerzen
- Diarrhö
- Übelkeit
- Erbrechen
- Pruritus
- Ausschlag
- Kristallurie (durch DAMPA hervorgerufen)
- Hitzegefühl
- Fieber
- Rebound-Effekt
- Lokalreaktionen an der Injektionsstelle
Wechselwirkungen
Da strukturell ähnliche Folate ebenfalls als Substrate für die Glucarpidase dienen, sollte innerhalb von zwei Stunden vor bzw. nach der Applikation keine Gabe von Leucovorin erfolgen.[1] Ebenso kann die Konzentration anderer Folat-Analoga vermindert werden.
Kontraindikationen
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
Literatur
- Arbeitskreis DRG und Gesundheitsökonomie der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie e.V.: NUB Antrag 2020/2021 – Glucarpidase 2020
- European Medicines Agency (EMA): Fragen und Antworten zur Rücknahme des Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen von Voraxaze 2007
- US Food and Drug Administration (FDA): VORAXAZE®
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