Fiberoptische Intubation
Synonyme: fiberoptisch assistierte Intubation, fiberoptische Wachintubation
Englisch: fiberoptic intubation
Definition
Die fiberoptische Intubation, kurz FOI, ist ein Verfahren zur endotrachealen Intubation unter Verwendung eines flexiblen Bronchoskops. Sie gilt als Goldstandard bei erwartet schwierigem Atemweg und erfolgt bevorzugt nasotracheal am wachen, spontan atmenden Patienten.
Indikationen
Eine fiberoptische Intubation ist insbesondere indiziert bei:
- erwartet schwieriger Maskenbeatmung und Intubation
- anatomischen Anomalien (z.B. Tumoren, Fehlbildungen oder Frakturen im Bereich der Atemwege)
- eingeschränkter Beweglichkeit der Halswirbelsäule (z.B. Densfraktur, Morbus Bechterew)
Technik
Vorbereitung
Die Intubation erfolgt beim wachem, leicht sedierten und spontan atmenden Patienten. Der Patient muss daher ausführlich über das geplante Vorgehen aufgeklärt werden, da die FOI in aller Regel trotz Sedierung und Lokalanästhesie als unangenehm empfunden wird.
Die Schleimhäute von Nase, Rachen, Kehlkopf und Trachea wird lokal betäubt (z.B. mit Lidocain). Bei geplanter nasaler Intubation werden zudem abschwellende Nasentropfen (z.B. Oxymetazolin) verabreicht. Über das kontralaterale Nasenloch wird Sauerstoff gegeben.
Die leichte Sedierung sollte idealerweise mit gut steuerbaren Substanzen erfolgen und äußerst vorsichtig titriert werden, um eine unbeabsichtigte Apnoe zu verhindern. Die Auswahl erfolgt meist nach Präferenz und Erfahrung des durchführenden Anästhesiologen. Typischerweise verwendete Medikamente sind:
- Remifentanil, Sufentanil oder Fentanyl
- Propofol
- Midazolam oder Remimazolam
- Dexmedetomidin oder Clonidin
Durchführung
- Tubusvorbereitung: Der Endotrachealtubus wird auf das flexible Bronchoskop aufgefädelt.
- Einführung: Das Bronchoskop wird über den unteren Nasengang (seltener oral) bis in den Rachen vorgeschoben
- Lokalanästhesie über Biopsiekanal: Besprühen von Epiglottis, Glottiseingang und Trachea mit Lokalanästhetikum.
- Vorschub in die Trachea: Nach Sicht der Carina wird der Tubus über das Bronchoskop vorgeschoben.
- Lagekontrolle: Nach Entfernung des Bronchoskops erfolgt die Bestätigung der Tracheallage durch Kapnographie (etCO₂) und sichtbare Atembewegungen.
Der Tubus wird ausreichend fixiert, um eine Dislokation durch Husten o.ä. zu verhindern. Erst danach folgt die Narkoseeinleitung.
Varianten
Die nasotracheale FOI ist das Standardverfahren, da durch die Nase eine stabilere Führung möglich ist. Allerdings besteht das Risiko für Nasenbluten oder eine Verletzung der Nase, z.B. durch Engstellen.
Die orotracheale FOI wird seltener durchgeführt. Sie ist aufgrund des fast rechtwinkligen Knicks vom Mund in den Pharynx und der weniger stabilen Führung technisch schwieriger.
Vorteile
- Erhalt der Spontanatmung
- Gute Beurteilbarkeit der anatomischen Strukturen
- Sehr hohe Erfolgsraten bei geplanter Durchführung (94–98 %)
- Möglichkeit der Oxygenierung während des gesamten Verfahrens
- Geringes Risiko für Hypoxie und Aspiration, wenn frühzeitig und geplant eingesetzt
Nachteile
- Fehlende Sicht durch Blut, Sekret oder Schleimhautschwellung
- Hustenreiz oder Tubusausstoß bei unzureichender Lokalanästhesie
- Risiko der Aspiration bei ungeplanten FOI-Versuchen im Notfall
- Gefahr der Asphyxie bei verspätetem Einsatz nach frustranen Laryngoskopieversuchen
Literatur
- Striebel, H.-W.: Die Anästhesie. 5. Auflage, Thieme Verlag 2019. Kapitel 27.2, Seiten 712–718. Link zur Verlagsseite
- S1-Leitlinie Atemwegsmanagement (AWMF-Register Nr. 001/028), DGAI 2015. AWMF-Leitlinie online