Densfraktur
Synonyme: Dens-axis-Fraktur, "Genickbruch"
Englisch: dens axis fracture, odontoid fracture
Definition
Eine Densfraktur ist ein Knochenbruch (Fraktur) des Dens axis des 2. Halswirbels (C2). Sie ist eine Form der Axisfraktur.
- ICD-10 Code: S12.1
Epidemiologie
Die Densfraktur ist mit etwa 60 % die häufigste Form der Axisfraktur.[1] Belastbare Daten zur Inzidenz innerhalb der Gesamtpopulation liegen derzeit (2025) nicht vor. Der Altersgipfel liegt um die siebte bis achte Lebensdekade.[1][2] Eine früher viel zitierte bimodale Altersverteilung wird mittlerweile infrage gestellt.[2][3]
Insgesamt ist das Geschlechterverhältnis ausgeglichen, in den eher selten betroffenen jüngeren Altersgruppen überwiegen männliche Patienten jedoch leicht.[2]
Ätiopathogenese
Die Fraktur des Dens axis ist die häufigste Fraktur der oberen Halswirbelsäule. Sie ereignet sich vor allem bei älteren Patienten (mit Osteoporose) infolge eines Sturzes nach vorne. Dabei sollte bei Patienten dieses Alters mit Platzwunden an Stirn und Kinn immer eine Röntgenaufnahme der Halswirbelsäule erfolgen.
Klinik
Leitsymptom sind bewegungsabhängige Nackenschmerzen. Durch eine retropharyngeale Schwellung oder Hämatombildung kann es außerdem zu Schluckstörungen kommen.[4]
Bei stabilen, nicht oder gering dislozierten Frakturen finden sich meist keine neurologischen Ausfälle. Bei schwerer dislozierten Frakturen kann es zur Myelonkompression kommen, die zu verschiedenen spinalen Syndromen mit sensomotorischen Defiziten auf und unterhalb der Läsionshöhe führen kann. Im Extremfall resultiert ein komplettes Querschnittssyndrom.[4]
Einteilung
Die Einteilung erfolgt nach Anderson und D'Alonzo in drei Hauptgruppen:
Typ I
Typ I ist eine oft schräg verlaufende stabile Densspitzenfraktur, wahrscheinlich eine Abrissfraktur durch die Ligamenta alaria.
Typ II
Typ II ist der häufigste C2-Frakturtyp.[1] Die Frakturlinie liegt im Übergangsbereich vom Dens zum Corpus des zweiten Halswirbelkörpers. Durch konservative Therapie entsteht hier eine hohe Pseudarthroserate (bis 64 %).
Typ III
Die Frakturlinie zieht in den Corpus axis.
Diagnose
Die Diagnose erfolgt wie bei anderen Frakturen durch bildgebende Verfahren. Die genaue Schilderung des Unfallhergangs kann anamnestische Hinweise liefern. Bei einer Densfraktur ist wegen der möglichen Verletzung des Rückenmarks ein vollständiger neurologischen Status zu erheben.
Bildgebende Diagnostik
In erster Linie erfolgt ein Röntgenbild der HWS in zwei Ebenen, evtl. auch inklusive Schrägaufnahme. Es bieten sich außerdem ein CT zur exakten Bestimmung der knöchernen, sowie ein MRT zur Darstellung der Weichteilkomponenten und zur Bestimmung der Operabilität an.
Therapie
Konservativ
Typ I wird konservativ mit einer Philadelphia-Halskrawatte versorgt. Der Typ III wird normalerweise im Halo-Body-Jacket ruhiggestellt.
Operativ
Eine Typ-II-Fraktur wird mittels ventraler Verschraubung versorgt, das heißt durch eine direkte interfragmentäre Kompressionsschraubenosteosynthese mit zwei 3,5 mm Kortikalisschrauben oder Densschrauben, die einen Hohlraum besitzen. Auch instabile oder dislozierte Typ-III-Frakturen werden auf diese Weise versorgt.
Die alternative Operation ist die dorsale Fusion von Atlas und Dens axis.
Die C1/C2-Verschraubung nach Harms (transpedikuläre Verschraubung) ermöglichen durch den Erhalt der Intervertebralgelenke nach Metallentfernung eine gewisse Rotationsfähigkeit der Halswirbelsäule.
Bei älteren Patienten oder Noncompliance ist den dorsalen Verfahren aufgrund ihrer höheren Stabilität Vorzug zu gewähren.
Die operative Versorgung der Densfraktur erfolgt in Vollnarkose und ist eine klassische Indikation zur fiberoptischen Wachintubation.
Komplikationen
Eine Densfraktur kann mit Ruptur des Ligamentum transversum atlantis einhergehen und zur atlanto-axialen Dislokation führen, die eine Kompression des Rückenmarks bewirkt.
Vor allem ältere Patienten mit Osteoporose sind für Komplikationen prädestiniert. Nach der dorsalen Fusions-OP sind trotz höherer Heilungsrate bleibende Funktionseinschränkungen nicht selten, insbesondere bei der transartikulären Verschraubung nach Magerl.
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Salottolo et al., Epidemiology of C2 fractures and determinants of surgical management: analysis of a national registry, Trauma Surgery & Acute Care Open, 2023.
- ↑ 2,0 2,1 2,2 Baranto et al., The epidemiology of odontoid fractures: a study from the Swedish fracture register, European Spine Journal, 2024.
- ↑ Somogyi et al., Age-Based Incidence of Dens Fracture Has Unimodal Distribution Rather Than Commonly Claimed Bimodal Distribution, The Journal of Bone & Joint Surgery, 2024.
- ↑ 4,0 4,1 Munakomi und Varacallo, Odontoid Fractures, StatPearls, 2024.