Equines Choriongonadotropin
Synonyme: eCG, Gonadotropinum sericum equinum
Handelsname: Folligon®
Englisch: equine gonadotropin, pregnant mare serum gonadotropin (PMSG)
Definition
Equines Choriongonadotropin ist ein Hormon aus der Gruppe der Choriongonadotropine (Plazentagonadotropine), das in der Plazenta von trächtigen Stuten gebildet wird.
Chemie
Equines Choriongonadotropin ist ein saures, heterodimeres Glykoprotein und hat ein Molekulargewicht von ca. 70.000 Da. Es besteht zu einem hohen Anteil aus Kohlenhydraten (ca. 45 %), der sich aus Sialinsäure, Galaktose und Glukosamin zusammensetzt. Equines Choriongonadotropin weist einen ungewöhnlich tiefen isoelektrischen Punkt auf (2,4) und ist besonders resistent gegenüber einer sauren Hydrolyse. Es ist in Wasser löslich und kann in eine α- und β-Untereinheit unterteilt werden, die durch eine kovalente Bindung miteinander verknüpft sind.
Biochemie
Equines Choriongonadotropin zirkuliert im Blut trächtiger Stuten und kann nicht im Urin gemessen werden. Es wird während der frühen Trächtigkeitsphase (40. bis 140. Trächtigkeitstag) von fetalen trophoblastischen Zellen gebildet, die aus dem Choriongürtel stammen und um den 36. bis 38. Trächtigkeitstag ins Endometrium auswandern. Dort bilden sie die sogenannten "endometrial cups", um sich dann schnell in große, zweikernige Zellen zu transformieren, die für die Produktion des equiden Choriongonadotropins zuständig sind.
Equines Choriongonadotropin kann aus dem Serum trächtiger Stuten gewonnen werden.
Eigenschaften
Bis heute (2019) ist noch ungeklärt, welche Funktion equines Choriongonadotropin bei der Stute ausführt. Es kann als Marker zur Trächtigkeitsfeststellung bei Stuten herangezogen werden.
Wird equines Choriongonadotropin anderen Säugetieren verabreicht, tritt eine FSH- (Follikelstimulierendes Hormon) und LH-ähnliche (Luteinisierendes Hormon) Wirkung ein. Beim männlichen Tier werden die Sertoli-Zellen im Hoden stimuliert. Im Gegensatz dazu bewirken hCG (humanes Choriongonadotropin) und die Choriongonadotropine von Primaten nur eine LH-ähnliche Wirkung.
Wirkungsort
Equines Choriongonadotropin wird in den maternalen Blutkreislauf sezerniert, um auf die Ovarien der Stute einen LH-ähnlichen Effekt auszuüben. Da equines Choriongonadotropin nicht von der Plazenta absorbiert wird, kann es nicht oder nur in sehr geringer Konzentration im Blutkreislauf des Fetus nachgewiesen werden.
Wirkungsmechanismus
Da equines Choriongonadotropin hydrophil ist, ist es nicht in der Lage, die Zellmembran zu passieren. Aus diesem Grund muss das Hormonsignal über die Zellmembran vermittelt werden.
Equines Choriongonadotropin weist eine nur sehr geringe Bindungsaffinität zu den ovariellen FSH-Rezeptoren der Stute auf. Deshalb wird angenommen, dass nur die LH-ähnliche Komponente des equinen Choriongonadotropins bei der trächtigen Stute eine funktionelle Bedeutung hat. Man geht davon aus, dass durch die LH-ähnliche Wirkung die Reifung und Luteinisierung der dominanten Follikel während den FSH-Wellen induziert wird. Es besteht die Theorie, dass das apparente refraktäre Verhalten von Stuten gegenüber ihrem eigenen Hormon deshalb entwickelt wurde, um die Ovarien während der Trächtigkeit vor einer Überstimulation zu schützen.
Obwohl das hCG ein klar essentielles luteinisierendes Hormon ist (fördert in den ersten zwei Schwangerschaftsmonaten die Progesteronsekretion in den Ovarien), übt das equine Choriongonadotropin (obwohl der starken Ähnlichkeit zu hCG) keine Funktion in der Trächtigkeitserhaltung aus.
Pharmakokinetik
Nach einer oralen Applikation von equinem Choriongonadotropin tritt keine Wirkung ein, da das Eiweiß im Gastrointestinaltrakt enzymatisch aufgespalten und inaktiviert wird. Parenteral zugeführtes equines Choriongonadotropin wird durch zwei unterschiedliche Mechanismen im Körper metabolisiert:
- Das Hormon wird nach der Bindung an die Rezeptoren in die Zellen eingeschleust und abgebaut.
- Das Hormon wird direkt nach der Dissoziation vom Rezeptor durch Enzyme im Blut, der Leber und der Niere inaktiviert, abgebaut und eliminiert.
Aufgrund des hohen Gehalts an Sialinsäure ist die Halbwertszeit von equinem Choriongonadotropin gegenüber anderen Gonadotropinen stark verlängert. Der größte Teil des Hormons wird in der Leber abgebaut und anschließend über die Nieren aus dem Körper ausgeschieden.
Die Bioverfügbarkeit bei der Katze nach intramuskulärer Injektion beträgt zwischen 50 und 60 %.
Anwendungsformen
Equines Choriongonadotropin kann sowohl subkutan, als auch intramuskulär oder intravenös appliziert werden.
Dosierung
Die Dosierung des Hormons hängt stark von der Indikation ab und variiert innerhalb der Tierarten stark.
Tier | Anwendung | Indikation | Dosis |
---|---|---|---|
Kätzin | intramuskulär | Anöstrus | Protokoll: 100 I.E. eCG einmalig (Tag 1) 50 I.E. hCG nach 3,5 bis 6 Tagen 0,75 mg FSH am 5. Tag 0,25 mg FSH am 6. Tag 375 I.E. hCG am 6. und 7. Tag |
Superovulation | 150 I.E. eCG einmalig und 84 Stunden später 100 I.E. hCG | ||
subkutan | Anöstrus | gleiches Protokoll wie oben | |
Superovulation | gleiches Protokoll wie oben | ||
Hündin | intramuskulär | Brunstinduktion | 20 I.E. eCG einmalig an 5 aufeinanderfolgenden Tagen und 500 I.E. hCG am 5. Tag nach Beginn |
Stute | intramuskulär | Brunstinduktion | 1.500 bis 10.000 I.E. zwei Tage vor Beendigung der Gestagenapplikation |
Sau | intramuskulär | präpubertale Brunstinduktion | 400 I.E. eCG + 200 I.E. hCG einmalig |
Brunstinduktion post partum | 1.500 I.E. eCG und 72 bis 96 Stunden später 1.000 I.E. hCG (Besamung 24 bis 42 Stunden nach hCG-Injektion) | ||
Brunstinduktion nach Absetzen | 750 I.E. einmalig | ||
Rind | intramuskulär | dystrophische Ovarien | 1.500 bis 2.000 I.E. |
Superovulation | 1.500 bis 3.000 I.E. zwischen dem 9. und 13. Zyklustag |
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Kontraindikation
Da equines Choriongonadotropin für die meisten Tiere ein Fremdprotein darstellt (außer für die Equiden), können nach Applikation auch allergische Reaktionen (bis hin zum anaphylaktischen Schock) auftreten.
Nebenwirkungen
Aufgrund der tierartübergreifenden Anwendung können nach einmaliger Applikation von equinem Choriongonadotropin auch Antikörper gegen das Hormon gebildet werden, welche zu einer Abnahme der induzierten Ovulationen führt.
Beim Hund sollte equines Choriongonadotropin nicht länger als 9 Tage appliziert werden, da eine kontinuierliche Stimulation der Ovarien zu unphysiologisch hohen Plasmaöstradiolkonzentrationen führen. In weiterer Folge kommt es zu endogener Östrogenintoxikation mit unbefriedigenden Konzeptionsergebnissen. Bei der Katze kann eine eCG-Therapie zu einer Überstimulation der Ovarien führen, die unreife Follikel bereits vor der Ovulation luteinisiert.
Beim Rind kann durch die Gabe von equinen Choriongonadotropin eine unerwünschte Superovulation ausgelöst werden.