Diffuse idiopathische pulmonale neuroendokrine Zellhyperplasie
Englisch: diffuse idiopathic pulmonary neuroendocrine cell hyperplasia
Definition
Die diffuse idiopathische pulmonale neuroendokrine Zellhyperplasie, kurz DIPNECH, ist eine seltene diffuse Lungenerkrankung. Sie geht mikroskopisch mit einer Bronchiolitis und kleinen Noduli (< 5 mm), z.T. aus neuroendokrinen Zellen, einher. Es handelt sich um eine benigne, jedoch präinvasive Lungenläsion.
Epidemiologie
Haupterkrankungsalter ist das 50. bis 70. Lebensjahr mit einem Durchschnittsalter von 58 Jahren. Frauen sind zehnmal häufiger betroffen. In der Regel handelt es sich um Nichtraucher.
Klinik
Die DIPNECH verläuft bei bis zu 50 % der Patienten asymptomatisch. Mögliche Symptome sind trockener Husten, Belastungsdyspnoe und asthmaartige Beschwerden. Auch produktiver Husten, Hämoptysen und Thoraxschmerzen können vorkommen. Meist zeigt sich eine obstruktive oder gemischt obstruktiv-restriktive Ventilationsstörung. Die DIPNECH verläuft oft langsam progredient; lebensbedrohliche Fälle kommen in weniger als 10 % der Fälle vor.
Diagnostik
Die DIPNECH ist meist ein Zufallsbefund in der Histologie, z.B. wenn eine Biopsie bei Verdacht auf einen Karzinoidtumor entnommen wird.
Pathohistologie
Neuroendokrine Zellen (NEC) kommen physiologisch im respiratorischen Epithel vor. Bei einer Proliferation der NEC spricht man zunächst von einer NEC-Hyperplasie (NECH). Sie kann im Rahmen chronischer Lungenerkrankungen reaktiv auftreten.
Ist die NECH assoziiert mit einer konstriktiven Bronchiolitis, Tumorlets und Karzinoidtumoren, liegt eine DIPNECH vor, die folgende Merkmale aufweist:
- generalisierte, lineare NEC-Proliferation mit Bildung von Aggregaten (neuroendokrine Körperchen)
- peribronchioläre Fibrose mit Stenosierung oder Obliteration des Lumens im Sinne einer Bronchiolitis obliterans
- Tumorlets: NEC-Proliferation mit Invasion der bronchiolären Basalmembran und Ausdehnung < 5 mm
- Karzinoidtumor: NEC-Proliferation mit Invasion der Basalmembran und Ausdehnung ≥ 5 mm
In 10 % der Fälle kann es zu einer malignen Transformation kommen, wobei Lymphknotenmetastasen und hämatogene Metastasen beschrieben sind, z.B. in Knochen, Leber oder Nebenniere.
Radiologie
Im CT-Thorax finden sich unspezifische Befunde:
- multifokale Mikronoduli (< 3 mm) bzw. Noduli (< 5 mm): solide Herde oder Milchglasherde, ggf. in bronchozentrischer Verteilung (noduläre Bronchialwandverdickungen)
- lobuläres oder regionales Mosaikmuster bzw. Air Trapping
- Mukusimpaktionen und Bronchiektasen
Bei größeren Lungenrundherden sollte an ein Karzinoidtumor gedacht werden.
Differenzialdiagnosen
- hämatogene Metastasen: Lungenrundherde verschiedener Größen in zufälliger Verteilung
- Adenokarzinom der Lunge: langsameres Wachstum. Noduli können irregulär und subsolide sein.
- zelluläre Bronchiolitis:
- follikuläre Bronchiolitis: multifokale zentrilobuläre Noduli und Air Trapping. Oft bei Sjögren-Syndrom oder rheumatoider Arthritis.
- infektiöse Bronchiolitis: zentrilobuläre Noduli und Tree-in-Bud-Muster bei viralen, bakteriellen oder mykotischen Infektionen
- Aspirationsbronchiolitis: basal betonte zentrilobuläre Noduli und Tree-in-Bud-Muster bei Patienten mit vorliegenden Risikofaktoren einer Aspiration
- diffuse pulmonale Meningotheliomatose (DPM): Mikronoduli in zufälliger Verteilung
- chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH)
Therapie
Sofern die Patienten beschwerdefrei sind, wird eine "watch and wait"-Strategie empfohlen. Therapeutisch kommen inhalative oder orale Glukokortikoide, Azithromycin und Somatostatinanaloga (z.B. Octreotid) in Frage. In ausgeprägten Fällen muss eine Lungentransplantation erwogen werden.
Um eine maligne Transformation frühzeitig zu erkennen, werden zunächst alle 3 bis 6 Monate Verlaufskontrollen empfohlen.
Literatur
- Benson RE et al. Spectrum of pulmonary neuroendocrine proliferations and neoplasms. Radiographics. 2013
- Rossi G et al. Diffuse idiopathic pulmonary neuroendocrine cell hyperplasia syndrome. Eur Respir J. 2016
Peer-Review durch Bijan Fink |