Chronische hypertensive Enzephalopathie
Englisch: chronic hypertensive encephalopathy
Definition
Als chronische hypertensive Enzephalopathie, kurz CHE, bezeichnet man ein neurologisches Syndrom, das durch eine lang anhaltende, nicht oder unzureichend behandelte arterielle Hypertonie entsteht.
Epidemiologie
Die chronische hypertensive Enzephalopathie tritt am häufigsten bei Patienten mittleren und höheren Alters auf. Männer sind häufiger betroffen. Neben dem Alter und chronisch erhöhtem Blutdruck ist Rauchen ein unabhängiger Risikofaktor.
Pathologie
Pathohistologisch liegt bei der chronischen hypertensiven Enzephalopathie eine Mikroangiopathie vor, die durch Arteriolosklerose und Lipohyalinose gekennzeichnet ist. Stenosen und Verschlüsse kleiner Arterien und Arteriolen durch Schichten hyaliner Kollagenablagerungen verursachen eine verminderte Oligodendrozytendichte, Gliosen und spongiforme Atrophie der weißen Substanz (WM). Häufig finden sich lakunäre Infarkte.
Klinik
Das häufigste Symptom ist ein unspezifischer Kopfschmerz. Ein stufenweiser oder allmählicher kognitiver Abbau ist ebenfalls häufig und kann sich zu einer vaskulären Demenz entwickeln. Etwa 1-2 % der Patienten mit chronischer Hypertonie entwickeln einen akuten hypertensiven Notfall. In diesen "akut-auf-chronischen" Fällen steigt der Blutdruck erheblich und verursacht eine Endorgandysfunktion. Das Gehirn ist in etwa 15 % der Fälle betroffen (akute hypertensive Enzephalopathie). Kopfschmerzen, Krampfanfälle, fokal-neurologische Defizite oder Bewusstseinsstörungen sind häufige Symptome. Diese Patienten haben ein 5%iges Risiko für einen ischämischen Schlaganfall oder eine intrakranielle Blutung innerhalb eines Jahres.
Diagnostik
Die Diagnose wird auf Basis der Anamnese, der klinischen Untersuchung, der Langzeitblutdruckmessung und der Bildgebung gestellt.
Die wichtigsten radiologischen Merkmale sind:
- Diffuse fleckige und/oder konfluierende Läsionen der weißen Substanz (White Matter Lesions bzw. Leukoaraiose): insbesondere Corona radiata und periventrikulär. Sie erscheinen in der CT hypodens, in der MRT hyperintens in den T2w- und FLAIR-Sequenzen.
- Multifokale zerebrale Mikroblutungen: insbesondere in den Basalganglien, im Pons und im Kleinhirn. Im CT sind sie normalerweise nicht erkennbar, in der MRT in T2w- und FLAIR-Sequenzen häufig ebenfalls nicht. In T2*-Sequenzen kann man sie als hypointense Punkte mit Blooming-Artefakt identifizieren.
Zusätzlich können sich akute Befunde zeigen, wie z.B. hypertensive intrakranielle Blutungen oder Zeichen eines PRES.
Differenzialdiagnose
Radiologisch ist die wichtigste Differenzialdiagnose einer CHE die zerebrale Amyloidangiopathie (CAA): Die Marklagerläsionen in beiden Erkrankungen sehen oft ähnlich aus und beide Erkrankungen können hämorrhagische Mikroangiopathien verursachen. Die Mikroblutungen bei CAA sind jedoch häufiger peripher (z.B. in der Hirnrinde) und betreffen selten den Hirnstamm oder das Kleinhirn.
Des Weiteren muss an CADASIL gedacht werden. Diese Erkrankung tritt typischerweise bei jüngeren Patienten auf und führt zu mehreren subkortikalen lakunären Infarkten. Läsionen finden sich klassischerweise in den vorderen Temporallappen und der Capsula externa.
Therapie
Therapeutisch und insbesondere prophylaktisch steht die adäquate Blutdruckkontrolle im Vordergrund.