Chronische Granulomatose
Englisch: chronic granulomatous disease
Definition
Die chronische Granulomatose, kurz CGD, ist ein seltener primärer Immundefekt, der insbesondere die Phagozyten betrifft und für schwere und rezidivierende bakterielle und mykotische Infektionen sowie die Entwicklung von Granulomen prädisponiert.
Epidemiologie
Die chronische Granulomatose betrifft ca. 1 von 200.000 Lebendgeburten, wobei Männer mit 86 % häufiger betroffen sind. In 70 % der Fälle liegt ein X-chromosomal-rezessiver (XL-CGD), in 30 % ein autosomal-rezessiver Erbgang (AR-CGD) vor.
Ätiopathogenese
Der chronischen Granulomatose liegt eine Mutation in Genen, die für den NADPH-Oxidase-Komplex kodieren, zugrunde. Hierzu zählen 5 Gene:
Durch den gestörten NADPH-Oxidase-Komplex ist der sogenannte oxidative Burst gestört und die Phagozytose beeinträchtigt. Die Folge ist eine erhöhte Infektanfälligkeit, insbesondere für:
- Staphylococcus aureus
- gramnegative Enterobakterien: Salmonella spp., Klebsiella spp., Aerobacter spp., Serratia spp., Pseudomonas spp.
- Nokardien
- Aspergillen: v.a. Aspergillus fumigatus
Klinik
Am häufigsten kommt es zu Pneumonien und Lungenabszessen (66 - 80 %), eitriger Lymphadenitis (53 %) und Hautinfektionen (52 %) wie Impetigo, Phlegmone und subkutanen Abszessen.
Seltenere Manifestationen sind:
- Leberabszesse (30 %)
- Osteomyelitis (25 %)
- granulomatöse Kolitis (17 %)
- Magenausgangsstenose (15 %)
- Harnwegsobstruktionen (10 %)
Diagnostik
Die Diagnose kann durch Testung der Neutrophilen-Funktion, Immunoblot und genetischer Untersuchung gestellt werden. Es existieren pränatale Diagnoseverfahren.
Zusätzlich kommen radiologische Verfahren zum Einsatz. Im Röntgen-Thorax fallen meist Konsolidierungen (60 - 80 %), retikulonoduläre Verschattungen (40 %) und Pleuraergüsse (20 %) auf. Im Verlauf kommt es zu einer pulmonalen Hypertonie mit vergrößerten Pulmonalarterien (20 %). Im CT-Thorax sind mögliche Befunde:
- Konsolidierungen
- Noduli, ggf. Tree-in-Bud-Muster
- Folgeerscheinungen der rezidivierenden Infektionen: Narbenbildung, Bronchiektasen, Emphysem
- Lungen- oder Mediastinalabszesse
- reaktive Lymphadenopathie
- Zeichen der pulmonalen Hypertonie
Differenzialdiagnosen
Die chronische Granulomatose muss u.a. von der zystischen Fibrose unterschieden werden. Bei dieser autosomal-rezessiven Erkrankung kommt es ebenfalls zu rezidivierenden Infektionen. Radiologisch fallen typischerweise zentrale Bronchiektasen auf.
Weitere Differenzialdiagnosen sind:
- Hyper-IgE-Syndrom (Job-Syndrom): typischerweise persistierende Pneumatozelen
- Morbus Crohn: kann einer Kolitis bei CGD ähneln, führt jedoch meist nicht zu schweren Lungeninfektionen
- andere Immundefekte mit rezidivierenden Infektionen: z.B. G6PD-Mangel, Glutathion-Synthetase-Defizienz
Therapie
Bei Vorliegen einer chronischen Granulomatose sind die Prophylaxe und die frühzeitige aggressive Therapie einer Infektion entscheidend. Interferon-gamma dient der Immunprophylaxe. Eine hämatopoetische Stammzelltransplantation (hSCT) wird im Rahmen von klinischen Studien eingesetzt.
Prognose
Bei der XL-CGD treten die ersten Symptome meist im ersten Lebensjahr auf, während es bei der AR-CGD oft erst später zu Infektionen kommt. Ungefähr 50 % der Patienten erleben das Erwachsenenalter. Die Mortalitätsrate beträgt 18 %. Die häufigste Todesursache sind Aspergillosen.
Literatur
- Salvator H et al. Pulmonary manifestations in adult patients with chronic granulomatous disease. Eur Respir J. 2015