Belzutifan
Handelsname: Welireg®
Englisch: belzutifan
Definition
Belzutifan ist ein antineoplastisch wirksamer Arzneistoff, der u.a. zur Behandlung von Nierenzellkarzinomen eingesetzt wird. Er hemmt den Hypoxie-induzierten Faktor HIF-2α.
Chemie
Belzutifan ist eine kleinmolekulare organische Verbindung. Es besteht aus einem polyzyklischen Ringgerüst mit mehreren Fluoratomen als Liganden, die für die Bindungseigenschaften essenziell sind. Die Summenformel lautet C17H12F3NO4S. Die molare Masse beträgt 383,34 g·mol−1.
Wirkmechanismus
Belzutifan ist ein selektiver Inhibitor des Hypoxie-induzierten Faktors 2α. HIF-2α ist ein Transkriptionsfaktor, der bei zellulärem Sauerstoffmangel (Hypoxie) aktiviert wird. Bei Hypoxie bindet HIF-2α an HIF-1β und aktiviert Gene, die das Zellwachstum und die Neoangiogenese fördern.
Bei normaler Sauerstoffsättigung wird HIF-2α zielgerichtet vom VHL-Protein abgebaut. Eine Beeinträchtigung der VHL-Funktion und der für Tumoren typische Sauerstoffmangel führen zu einer Akkumulation von HIF-2α, was das Tumorwachstum fördert.
Belzutifan blockiert die Dimerisierung von HIF-2α mit HIF-1β. Dadurch kann HIF-2α seine Zielgene nicht mehr aktivieren und das Tumorwachstum wird verlangsamt – besonders bei Patienten mit VHL-assoziierten Tumoren oder Nierenzellkarzinomen.
Pharmakokinetik
Nach einmaliger oraler Gabe von 120 mg Wirkstoff wird die maximale Plasmakonzentration (Cmax) von Belzutifan innerhalb von 1 bis 2 Stunden erreicht. Eine fett- und kalorienreiche Mahlzeit verzögert die Cmax um etwa 2 Stunden, hat jedoch keinen Einfluss auf die Exposition (AUC).
Das mittlere Verteilungsvolumen beträgt 120 l, die Plasmaproteinbindung von Belzutifan liegt bei 45 %.
Belzutifan wird primär durch UGT2B17 und CYP2C19, in geringerem Maß durch CYP3A4 metabolisiert. Die Elimination erfolgt etwa zu gleichen Teilen über den Stuhl und den Urin – hauptsächlich in Form inaktiver Metaboliten. Die mittlere Eliminationshalbwertszeit beträgt etwa 14 Stunden.
Indikationen
- Monotherapie des fortgeschrittenen klarzelligen Nierenzellkarzinoms (ccRCC) bei Erwachsenen, deren Erkrankung nach zwei oder mehreren Therapien, darunter einem PD-L1-Inhibitor und mindestens zwei zielgerichteten VEGF-Therapien, fortgeschritten ist
- Monotherapie des von Hippel-Lindau-Syndroms bei Erwachsenen, die eine Therapie für assoziierte lokale Nierenzellkarzinome (RCC), Hämangioblastome des ZNS oder neuroendokrine Pankreastumoren (pNET) benötigen und für die lokale Therapien ungeeignet sind
Off-label wurde Belzutifan bei Patienten mit Pacak-Zhuang-Syndrom eingesetzt, die unter Polyzythämie und Paragangliomen litten.[1]
Darreichungsformen
Belzutifan ist in Form von Filmtabletten mit 40 mg Wirkstoff erhältlich.
Dosierung
Die empfohlene Dosis beträgt 1x täglich 120 mg Belzutifan (3 Tabletten á 40 mg). Sie sollte jeden Tag zur gleichen Zeit, unabhängig von den Mahlzeiten, eingenommen werden.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Nebenwirkungen
Sehr häufige (≥ 1/10) und häufige (≥ 1/100 bis < 1/10) Nebenwirkungen sind:
- Anämie, erniedrigtes Hämoglobin
- Schwindelgefühl
- Dyspnoe
- Hypoxie
- Blutungen (z.B. Hämaturie, Hämoptyse, Hämatome und Epistaxis)
- Übelkeit
- Fatigue
- Gewichtszunahme
Patienten, die langsame duale UGT2B17- und CYP2C19-Metabolisierer sind, weisen eine höhere Wirkstoffexposition auf, was die Häufigkeit und Schwere der Nebenwirkungen von Belzutifan erhöhen kann. In diesen Fällen ist eine engmaschige Überwachung notwendig.
Wechselwirkungen
Belzutifan ist ein schwacher CYP3A4-Induktor. Seine gleichzeitige Gabe mit Arzneistoffen, die von CYP3A4 metabolisiert werden (einschließlich hormoneller Kontrazeptiva), verringert die Wirksamkeit dieser Arzneistoffe. Das Ausmaß dieser Verringerung ist bei Patienten, die langsame duale UGT2B17- und CYP2C19-Metabolisierer sind, stärker ausgeprägt.
UGT2B17- oder CYP2C19-Inhibitoren erhöhen die Plasmakonzentration von Belzutifan, was die Häufigkeit und Schwere der Nebenwirkungen erhöhen kann und ggf. eine Dosisreduktion notwendig macht.
Kontraindikationen
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
Belzutifan ist embryo- und fetotoxisch und darf deshalb nicht während einer Schwangerschaft verabreicht werden. Es kann zu Fehlgeburten kommen.
Aufgrund potentiell schwerwiegender Nebenwirkungen bei gestillten Kindern sollten Frauen während der Behandlung mit Belzutifan und für mindestens 1 Woche nach der letzten Dosis nicht stillen.
Kosten
Die monatlichen Therapiekosten liegen bei rund 23.000 Euro.
Zulassung
ATC-Code
- L01XX74
Literatur
- EMA: Belzutifan, Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels, abgerufen am 10.4.2025
Quellen
- ↑ Kamihara J et al.: Belzutifan, a Potent HIF2α Inhibitor, in the Pacak-Zhuang Syndrome. N Engl J Med. 2021 Nov 25;385(22):2059-2065. doi: 10.1056/NEJMoa2110051. PMID: 34818480; PMCID: PMC11245359.
Bildquelle
- Strukturformel Belzutifan, Vaccinationist - Own work, CC BY-SA 4.0