Akutes Subduralhämatom
Synonyme: akutes subdurales Hämatom, akute Subduralblutung
Englisch: acute subdural hematoma
Definition
Das akute Subduralhämatom, kurz aSDH, ist eine akute Einblutung in den Subduralraum des Schädels, also zwischen Dura mater und Arachnoidea.
Epidemiologie
Akute Subduralhämatome sind eine der häufigsten Todesursachen bei Patienten mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma. Sie sind deutlich häufiger als Epiduralhämatome und können Patienten jeden Alters betreffen. Meist treten sie zusammen mit einer traumatischen Subarachnoidalblutung und Hirnparenchymverletzungen (Hirnkontusionen, Hirnlazerationen und diffusen axonalen Schäden) auf.
Ätiopathogenese
Die häufigste Ursache für ein akutes Subduralhämatom ist das Einreißen einer Brückenvene im Rahmen eines Schädel-Hirn-Traumas. Brückenvenen durchqueren den potenziellen Subduralraum um in einem duralen Sinus zu münden. Neben Schädelfrakturen können auch plötzliche Geschwindigkeitsänderungen und Rotationsbewegungen des Gehirns ursächlich sein. Auch die Verletzung von kortikalen Arterien im Rahmen einer Schädelfraktur oder die direkte Verletzung der Arachnoidea kann zu einem aSDH führen. Bei einer direkten Verletzung der Arachnoidea trittt zusätzlich Liquor in den Subduralraum aus. Seltene Ursachen eines aSDH sind:
- Ruptur eines Aneurysmas
- Metastasen von vaskulären Tumoren in die Schädelkalotte, Dura oder Arachnoidea
- Spontanblutung bei schwerer Koagulopathie
- idiopathisch
Insbesondere bei älteren Patienten unter Antikoagulation kann bereits ein relativ geringfügiges Trauma zu einem aSDH führen.
Klinik
Akute Subduralhämatome können sowohl asymptomatisch verlaufen als auch zu Vigilanzminderung bis hin zum Koma führen. Eine schleichende Verschlechterung, insbesondere bei älteren, antikoagulierten Patienten, ist häufig. Im Verlauf können akute Subduralhämatome stabil bleiben, aber auch langsam oder rapide an Größe zunehmen und zu einer sekundären Einklemmung führen. Eine Saumbreite über 2 cm ist mit einer Mortalität von 35 bis 90 % assoziiert. Ein aSDH, das mehr als 10 % des gesamten intrakraniellen Volumens einnimmt, ist in der Regel tödlich.
Radiologie
Klassischerweise präsentiert sich ein aSDH als eine extraaxiale Flüssigkeitsansammlung, die die Mark-Rinden-Grenze nach medial verschiebt. Über 95 % der aSDH sind supratentoriell lokalisiert. Sie können Suturen kreuzen und breiten sich meist diffus und sichelförmig über die betroffene Großhirnhemisphäre sowie entlang der Falx, des Tentoriums und um die Böden der vorderen und mittleren Schädelgrube aus. Stellen der duralen Befestigung (Falx bzw. Tentorium) werden jedoch i.d.R. nicht überschritten. Bilaterale SDH kommen in 15 % d.F. vor.
Computertomographie
Bei einem Schädel-Hirn-Trauma wird häufig eine Computertomographie des Schädels (cCT) angefertigt. 60 % der aSDH erscheinen hyperdens. Eine gemischte Dichte findet sich in 40 % d.F, wobei hypodense Areale auf noch nicht geronnenes Blut und somit auf eine rapide Blutung hinweisen. Unter dem aSDH finden sich oft Punkte oder Linien von Liquor, der in verschobenen und komprimierten Sulci "gefangen" ist. Bei Patienten mit einer Anämie (Hb < 8 bis 10 g/dl) oder einer Koagulopathie kann das aSDH fast isodens zum Kortex sein. In seltenen Fällen tritt Liquor über eine gerissene Arachnoidea aus und vermischt sich mit dem subduralen Blut. Im regulären Gehirnfenster können subtile Subduralhämatome leicht übersehen werden. Daher sollte bei einer cCT zusätzlich eine größere Fensterbreite (150 bis 200 HU) gewählt werden („Subduralfenster“)
Akute SDH führen häufig zu einem raumfordernden Effekt, insbesondere zu einer subfalzinen Herniation. Dabei muss auf das Verhältnis zwischen subduraler Saumbreite und der Mittellinienverlagerung geachtet werden: Beträgt die Differenz > 3 mm, ist die Mortalität sehr hoch. Ursächlich ist ein zusätzliches Hirnödem i.R. des Schädel-Hirn-Traumas.
Die Gabe von Kontrastmittel ist meistens nicht notwendig. Sie kann sinnvoll sein, um kleine isodense aSDHs zu erkennen: Die Kontrastmittel-aufnehmenden kortikalen Venen werden durch den extraaxialen Verhalt nach medial verlagert. Mittels CT-Angiographie kann ein aktiv blutendes kortikales Gefäß dargestellt werden.
In der CT-Perfusion oder Xenon-CT kann sich ein verminderter zerebraler Blutfluss (CBF) zeigen. Kommt es nach Hämatomausräumung zu anhaltenden hyperämischen Veränderungen mit erhöhten CBF-Werten im angrenzenden Kortex, ist dies mit einem schlechten Outcome assoziiert.
Magnetresonanztomographie
Ein aSDH erscheint in der Magnetresonanztomographie (MRT) wie folgt:
- T1w: isointens
- T2w: hypointens
- FLAIR: meist iso- bis hyperintens im Vergleich zu Liquor und hypointens im Vergleich zum angrenzenden Gehirn.
- T2*: hypointens
- DWI: heterogenes Signal innerhalb des Hämatoms. Fleckige Areale mit Diffusionsrestriktion in dem angrenzenden Kortex sind möglich.
Differenzialdiagnosen
Eine wichtige Differentialdiagnose ist das Epiduralhämatom, das fast immer mit einer Schädelfraktur assoziiert ist. In der Computertomographie zeigt es sich meistens bikonvex. Es kann die Falx oder das Tentorium kreuzen, jedoch nur selten die Suturen.
Therapie
Bei großen aSDH besteht die Indikation zur notfallmäßigen Operation. Kleine aSDHs werden meist konservativ behandelt, wobei engmaschige klinische und radiologische Kontrollen erfolgen. Bei etwa 6 bis 7 % dieser Patienten vergrößert sich das SDH im Verlauf, sodass ein chirurgischer Eingriff notwendig wird. CT-Untersuchungen werden empfohlen, bis sich die SDH zurückbildet bzw. mindestens bis zu 5 Wochen nach dem Trauma.