XXYY-Syndrom
Synonyme: 48,XXYY-Syndrom, XXYY-Aneuploidie, XXYY-Chromosomenanomalie
Englisch: XXYY syndrome
Definition
Das XXYY-Syndrom ist eine seltene Gonosomenanomalie, bei der männliche Individuen je ein überzähliges X- und Y-Chromosom tragen. Es handelt sich um eine aneuploide Chromosomenaberration mit dem Karyotyp 48,XXYY.
Terminologie
Das XXYY-Syndrom wird in der Literatur teilweise als höhergradige Variante des Klinefelter-Syndroms bezeichnet. Neue genomische Daten zeigen aber, dass es sich um eine eigene klinische Entität mit ausgeprägten neuropsychiatrischen Profilen und anderen epigenetischen Regulationsmustern handelt (Stand 2025).[1]
Ätiologie
Ursache ist eine Non-Disjunction während der Meiose oder frühen Mitose, typischerweise im Rahmen der Spermatogenese. Dabei entstehen Spermien mit einem XXYY-Chromosomensatz. Es handelt sich um eine sporadisch auftretende de-novo-Mutation ohne familiäre Häufung.[2]
Epidemiologie
Klinik
Die Symptomatik ist vielgestaltig. Neben somatischen Auffälligkeiten dominieren neurologische und psychiatrische Symptome.
Phänotyp
- Klinodaktylie
- Großwuchs, Makrozephalie
- Radioulnare Synostose, Kyphose, Skoliose, Pes planus
- Hypertelorismus, Epikanthus, Strabismus, niedrige Stirnhaarlinie
- spärliche Gesichts- und Körperbehaarung
- Gynäkomastie
- Taurodontismus und weicher Zahnschmelz
Neurokognitive und psychologische Auffälligkeiten
- Intelligenzminderung (IQ meist ca. 70–80)
- Sprachentwicklungsstörung (expressive Störung häufiger als rezeptive Störung)
- Autismus-Spektrum-Störung
- ADHS
- Aggression, soziale Ängste, Impulsivität
Weitere Merkmale
Diagnostik
Die Diagnose erfolgt durch konventionelle Karyotypisierung (48,XXYY). Eine Chromosomen-Microarray-Analyse oder FISH kann zur weiteren Differenzierung eingesetzt werden.[4]
Differenzialdiagnose
- Klinefelter-Syndrom (47,XXY)
- XYY-Syndrom (47,XYY)
- Turner-Mosaikformen
- 48,XXXY oder 49,XXXXY
Therapie
Eine kurative Therapie ist nicht möglich. Im Vordergrund stehen symptomatische Maßnahmen. Medikamentös erfolgt eine Testosteronsubstitution, u.U. bereits mit Beginn der Pubertät (z.B. Gel oder Depotpräparate).[5] Ergänzende Maßnahmen sind z.B.:
- Logopädie, Ergotherapie, Physiotherapie
- Verhaltenstherapie und Psychotherapie
- Sonderpädagogische Förderung und frühkindliche Interventionen
- Soziale Unterstützungsmaßnahmen (z.B. Pflegegrad, Integrationshilfe)
Prognose
Die Lebenserwartung ist meist normal, sofern somatische Komorbiditäten frühzeitig behandelt werden. Die psychosoziale Prognose hängt wesentlich von der Intensität der frühzeitigen Förderung ab.[6]
Weblinks
Quellen
- ↑ Bearelly und Oates. Recent advances in managing and understanding Klinefelter syndrome. 2019
- ↑ Tartaglia et al. Sex chromosome aneuploidies in childhood: a review of the literature and clinical guidelines for management. 2011
- ↑ Davis et al. Prevalence, Morbidity, and Mortality of Men With Sex Chromosome Aneuploidy in the Million Veteran Program Cohort. 2024
- ↑ Coulter et al. Chromosomal microarray testing influences medical management. Genetics in Medicine. 2011
- ↑ Tartaglia et al. A New Look at XXYY Syndrome. 2008
- ↑ Howell et al. Discordant Prenatal Cell-Free DNA Screening vs. Diagnostic Results of Sex Chromosome Aneuploidies: Implications for Newborn Screening and Genetic Counseling. 2024