Vena-Galeni-Malformation
Definition
Als Vena-Galeni-Malformation, kurz VG-Malformation, wird eine angeborene zerebrale aneurysmatische, arteriovenöse Gefäßmalformation bezeichnet, die vor der 11. Schwangerschaftswoche entsteht.
Ätiologie
Die genaue Ursache der Vena-Galeni-Malformation ist aktuell (2022) unklar.
Pathophysiologie
Die Vena-Galeni-Malformation ist eine arteriovenöse Fistelverbindung zwischen tiefen choroidalen Arterien und der Vena prosencephalica medialis, einem embryonalen Vorläufer der Vena Galeni. Dieser Shunt führt zu einer aneurysmatischen Dilatation der Vene hinter dem dritten Ventrikel. Aufgrund des resultierenden erhöhten Herzzeitvolumens ist ein Herzversagen die Folge. Die eigentliche Vena Galeni ist nicht angelegt.
Einteilung
...nach Hoffmann und Nicholson
Diese Einteilung basiert auf den angiographischen Befund:
- Muster 1: Fistelverbindung in die Vena Galeni wird durch zahlreiche Gefäße gebildet, z.B. Äste der Arteria cerebri anterior und der Arteria cerebelli superior.
- Muster 2: Fistelverbindung mit einer Arteria choroidea posterior
- Muster 3: Arteria choroidea posterior (ein- oder beidseits) sowie Arteria cerebri anterior (ein- oder beidseits) drainieren direkt in die Vena Galeni
- Muster 4: angiomatöses Netzwerk aus posterioren choroidalen und thalamoperforierenden Arterien drainiert in die Vena Galeni
- Muster 5: High-Flow-arteriovenöse Malformation im Frontallappen drainiert über den Sinus sagittalis inferior und eine perikallosale Vene in die Vena Galeni
Das Muster 1 zeigt dabei mit ca. 91 % die höchste Mortalität nach chirurgischer Versorgung.
...nach Yasargil
Die Einteilung nach Yasargil wird häufig verwendet. Dabei werden vier Typen unterschieden, wobei sich die ersten drei durch eine direkte Fistelverbindung mit der Vena Galeni auszeichnen, während beim Typ 4 eine parenchymatöse arteriovenöse Malformation (AVM) in die Vena Galeni drainiert:
- Typ 1: kleine Fistel zwischen Vena Galeni und einer oder mehreren perikallosalen Arterien oder der Arteria cerebri posterior (und ihrer Äste)
- Typ 2: Fistel zwischen thalamoperforierenden Arterien und der Vena Galeni
- Typ 3: perikallosale Äste und Äste der Arteria basilaris oder des P1-Segments der Arteria cerebri posterior (Thalamoperforatoren) fisteln in die Vena Galeni
- Typ 4: plexiforme AVM im Mesencephalon oder Thalamus (ein- oder beidseits) mit Drainage über tiefe Hirnvenen in die Vena Galeni
...nach Lasjaunias
Die Einteilung nach Lasjaunias wird ebenfalls häufig verwendet. Dabei werden zwei Formen nach angiografischen Gesichtspunkten unterschieden:
- Choroidaler Typ: Multiple zuführende Äste, u.a. aus thalamoperforierenden, choroidalen und perikallosalen Arterien, drainieren in einen aneurysmatisch erweiterten venösen Pouch
- Muraler Typ: Fistel in der Wand der Vena prosencephalica medialis
Klinik
Bei der choroidalen Form mit multiplen Shunts stehen postnatal Zeichen der Volumenbelastung im Vordergrund:
- erhöhtes Herzzeitvolumen mit Systolikum, Tachykardie, Kardiomegalie und Herzinsuffizienz
- Hepatomegalie
- Atemnotsyndrom
- Lungenödem
Über der Kalotte ist ein lautes Gefäßgeräusch auskultierbar. Die kranialen Venen sind sichtbar gestaut.
In anderen Fällen kann sich die VG-Malformation erst im Säuglings- und Kleinkindalter manifestieren, wobei die venöse Abflussstörung im Vordergrund steht. Der erhöhte venöse Druck hat eine Abnahme der Liquorresorption zur Folge. Der resultierende Hydrocephalus internus führt zur Makrozephalie mit gestauten Schädelvenen und Sonnenuntergangsphänomen. Im Verlauf kommt es zur Hypoxie des Hirnparenchyms und zu Verkalkungen im subkortikalen Marklager. Manifestationen sind zerebrale Krampfanfälle, Entwicklungsretardierung sowie hämorrhagische Komplikationen.
Diagnose
Die Diagnose einer VG-Malformation kann prä- und postnatal durch eine Ultraschalluntersuchung gestellt werden. Dabei zeigt sich eine große, zentrale, zystische Formation mit eindeutigem Blutfluss, fistulösen Zuflüssen und Abfluss über die dilatierte Vena prosencephalica.
In der Magnetresonanztomographie und der MR-Angiographie können Veränderungen des Hirnparenchyms, der Liquorräume und der Gefäßarchitektur dargestellt werden. Verkalkungen sind insbesondere in der kranialen Computertomographie sichtbar.
Differenzialdiagnostik
Die VG-Malformation muss von einer sekundären Dilatation der Vena Galeni unterschieden werden. Diese entsteht, wenn ein arteriovenöses Angiom in eine regelrecht angelegte Vena Galeni drainiert und sich diese infolge des hohen Shuntvolumens aneurysmatisch erweitert.
Therapie
In spezialisierten Zentren kann eine Embolisationsbehandlung durchgeführt werden, optimalerweise im 5. bis 6. Lebensmonat nach symptomatischer Behandlung der Herzinsuffizienz. Eine anschließende normale Entwicklung ist in 76 % d.F. zu erwarten, die Letalität nach Embolisation liegt bei ca. 7 %. Beim muralen Typ ist die Prognose besser.
Eine operative Shuntanlage bei Hydrozephalus sollte vermieden werden, da die venöse Hypertension und die Rate an subkortikalen Verkalkungen zunehmen können.
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