Streptobazillose (Geflügel)
Synonyme: Streptobacillose, Streptobacillus-moniliformis-Infektion
Englisch: streptobacillosis
Definition
Als Streptobazillose bezeichnet man eine nicht-kontagiöse Infektionskrankheit der Pute, die mit lokalisierten exsudativ-entzündlichen bis dystrophischen Prozessen einhergeht.
Ätiologie
Streptobacillus moniliformis ist ein pleomorphes, gramnegatives, unbewegliches und 0,3 bis 0,7 x 1 bis 5 µm großes Stäbchenbakterium. Es kann granuliert sein und lange, gewundene Fäden (10 bis 150 µm) mit sphärischen oder fusiformen Austreibungen bilden. Das Bakterium neigt äußerst stark zur Bildung zellwandloser L-Formen.
Der Erreger kann im mikroaeroben Milieu auf blut- und serumhaltigen Nährmedien nach einer 48- bis 72-stündigen Inkubation angezüchtet werden. Dabei bildet es sehr feine opake und runde Kolonien. Eine Erregeridentifikation ist aufgrund morphologischer und biochemischer Merkmale möglich.
Epidemiologie
Da Streptobacillus moniliformis zur Normalflora des Nasopharynx von Ratten und anderen Muriden gehört, ist der Erreger weit verbreitet.
Pathogenese
Die Übertragung erfolgt durch den Biss einer Ratte bzw. anderer Krankheitsträger. Nach der Infektion kommt es zu einer hämatogenen Dissemination, wobei sich die Erreger bevorzugt in den synovialen Schleimhäuten der Gelenke, Sehnenscheiden und Bursen ansammeln und dann vermehren.
Klinik
Betroffene Tiere leiden an Bewegungsunlust sowie an Steh- und Bewegungsstörungen. Nach einer initialen akuten Krankheitsphase geht die Erkrankung meist in eine langanhaltende chronische Verlaufsform über, die häufig nur von einer geringen Mortalität begleitet ist. Chronisch kranke Tiere nehmen jedoch zu jeder Zeit Wasser und Futter zu sich.
Innerhalb der Herde können bei genauerer Untersuchung Bissverletzungen beobachtet werden. Es kommt zu entzündlichen Umfangsvermehrungen im Bereich der Gelenke, Sehnenscheiden und Schleimbeutel (Bursa sternalis). Besonders stark betroffen sind die Intertarsal-, Zehengrund- und Ellenbogengelenke.
Pathohistologie
Betroffene Gelenke und Bursen weisen ein grau-gelbes und fadenziehendes bis fibrinöses Exsudat sowie entzündlich-ödematöse Verdickungen der Sehnenscheiden auf. Vereinzelt können auch Schwellungen der parenchymatösen Organe, eine katarrhalische Enteritis sowie eine Atrophie der Bursa cloacalis und des Thymus beobachtet werden.
Histologisch dominieren exsudative bis proliferativ-entzündliche Veränderungen der synovialen Häute sowie herdförmige und nekrotische Alterationen der Synovia, des Gelenkknorpels, der Gelenkkapsel und des Periosts.
Diagnose
Die Diagnose kann nur durch einen kulturellen Erregernachweis gesichert werden. Bei chronischen Krankheitsverläufen können die Bakterien jedoch oft nicht mehr detektiert werden.
Differentialdiagnosen
- infektiöse Synovitis
- Staphylokokkenarthritis
Therapie
Der Einsatz von ß-Lactam-Antibiotika, Tetrazyklinen und Novobiocin ist nur unmittelbar nach der Bissverletzung wirkungsvoll. Bei klinisch-manifesten Erkrankungen sollte daher keine Kausaltherapie mehr durchgeführt werden.
Prophylaxe
Es ist auf eine wirkungsvolle Ratten- und Mäusebekämpfung in und um die Stallungen zu achten.
Zoonotische Bedeutung
Streptobacillus moniliformis ist ein Zoonoseerreger und wird durch Rattenbisse auch auf den Menschen übertragen. Nach einer Infektion kommt es zum klinischen Bild des Rattenbissfiebers. Orale Infektionen manifestieren sich hingegen als Haverfill-Fieber.
Literatur
- Siegmann O, Neumann U (Hrsg.) 2012. Kompendium der Geflügelkrankheiten. 7., überarbeitete Auflage. Hannover: Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. ISBN: 978-84268333-4
- Mayr A, Rolle M. Mayr A (Hrsg.). 2007. Medizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre. 8., überarbeite Auflage. Stuttgart: Enke Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG. ISBN: 978-3-8304-1060-7
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