Histomonadose (Geflügel)
Synonym: Histomonose, Histomoniasis, Schwarzkopfkrankheit, ansteckende Leber-Blinddarm-Entzündung, Typhlohepatitis
Englisch: black head, histomoniasis
Definition
Die Histomonadose bzw. Schwarzkopfkrankheit ist eine besonders bei Jungputen in Auslaufhaltung auftretende und parasitär bedingte Infektionskrankheit, die immer wieder zum Totalverlust der gesamten Herde führt.
Ätiologie
Histomonas meleagridis ist ein zur Gattung Histomonas gehörendes Protozoon, das pleomorph geformt ist. Der Parasit liegt in den unterschiedlichen Geweben bzw. Organen in verschiedenen Stadien vor (Stadium I bis III) und weist eine Größe von 3 bis 17 µm auf.
Das besondere an Histomonas meleagridis ist, dass das sphäroide Dauerstadium (Stadium III) selbst in den Eiern von Heterakis gallinarum (Nematoda aus der Ordnung Ascaridida) parasitiert.
Epidemiologie
Empfänglich sind vor allem Hühnervögel, insbesondere Puten und gelegentlich auch andere Nutzgeflügelarten. Es wird immer wieder von Erkrankungsfällen berichtet, dabei kann es auch zu Totalverlusten der gesamten Putenherde kommen.
Die wichtigsten Reservoirwirte stellen Hühner dar, die mit Heterakis gallinarum befallen sind. Auslaufhaltungen sind besonders gefährdet.
Pathogenese
Histomonas meleagridis wird sowohl direkt als auch indirekt übertragen.
Bei der indirekten Übertragung fungiert Heterakis gallinarum als Vektor. Dieser Nematode parasitiert in den Blinddärmen der Wirte, in denen sie die Histomonaden aufnehmen. Anschließend vermehren sie sich in ihrem Darm, um dann das Ovar und letztendlich auch die Oozyten zu befallen. Die Endwirte infizieren sich dann durch die perorale Aufnahme von Heterakis-Eiern, die neben den infektiösen Nematoden-Larven auch die Drittstadien der Histomonaden enthalten. Nach dem Schlupf der Heterakis-Larven gelangen die freigesetzten Histomonaden in die Blinddärme, um sich dort anzusiedeln. Von dort aus können sie in andere Organe streuen.
Übertragungen können aber auch direkt stattfinden. Die empfänglichen Tiere setzen sich auf den frisch ausgeschiedenen und mit Histomonaden kontaminierten Kot. Anschließend wandern die Erreger durch reverse Peristaltik über die Kloake in den Enddarm ein und verursachen so eine Erkrankung.
Klinik
Neben der akuten Verlaufsform ist auch ein protrahierter Verlauf v.a. bei älteren Puten sowie bei anderen Hühnervögeln möglich.
Erkrankte Tiere leiden an Mattigkeit, sie lassen die Flügel vermehrt hängen und weisen ein ungepflegtes Gefieder auf. Sie verweigern die Futteraufnahme, magern ab und zeigen schwefelgelben und übelriechenden Durchfall. Typisch für die Erkrankung sind aschgraue bis blau-schwarze Verfärbungen im Kopf-Hals-Bereich - einschließlich der Kopfanhänge. Der Tod tritt meist durch Koagulopathien ein.
Innerhalb der Herde fällt ein zunehmendes Auseinanderwachsen gleich alter Tiere auf. Die Vögel zeigen dabei ein erhöhtes Wärmebedürfnis (Gruppenbildung). Über einen Zeitraum von etwa 3 Wochen kommt es immer wieder zu Tierverlusten. Die Mortalität beträgt 20 bis 90 %.
Pathohistologie
In der Leber lassen sich unregelmäßig große (0,5 bis 3 cm) Nekroseherde finden. Akut erkrankte Jungputen weisen dabei eher kleine, milchfleckenähnliche Läsionen auf, während bei älteren Tieren große, kokardenartig und breit demarkierte Flecken zu finden sind. Die Nekrosen in der Leber sind bei Puten pathognomonisch, während sie bei Hühnervögeln häufig fehlen. In den Blinddärmen befinden sich unregelmäßige fibrinöse Ausgüsse (fibrinös-ulzerative Enteritis). Sie erscheinen dabei geschwollen und hyperämisch.
Histologisch dominieren Infiltrationen in der Blinddarmwand mit heterophilen Leukozyten. Im PAS-gefärbten Gewebeschnitt sind die Histomonaden als rote und graumelierte Zytoplasmaeinschlüsse nachweisbar.
Differenzialdiagnosen
- Infektionen mit anderen Flagellaten
- Enteritiden durch Escherichia coli
- Candidose
- Kokzidiose
Diagnose
Die pathognomonischen Lebernekrosen sind bei Puten in den meisten Fällen beweisend. Um die Verdachtsdiagnose jedoch abzusichern, ist eine PCR (Trockentupfer von Lebernnekrosen und Blinddarmwand) indiziert. Alternativ kann auch ein direkter Erregernachweis im frischen und noch warmen Blinddarminhalt unter dem Mikroskop (Trophozoiten mit ein bis zwei Geißeln, die sich lebhaft auf der Stelle kreisend bewegen) erfolgen.
Therapie
Bei lebensmittelliefernden Tieren ist kein Medikament zugelassen.
Prophylaxe
Ein striktes Hygienekonzept sowie die regelmäßige koproskopische Untersuchung innerhalb der Herde verhindert einen Eintrag der Parasiten in einen Bestand.
Literatur
- Rautenschlein S, Ryll M. 2014. Erkrankungen des Nutzgeflügels. 1. Auflage. Stuttgart: UTB Verlag GmbH. ISBN: 978-3-8252-8565-5
- Siegmann O, Neumann U (Hrsg.) 2012. Kompendium der Geflügelkrankheiten. 7., überarbeitete Auflage. Hannover: Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. ISBN: 978-84268333-4
- Eckert J, Friedhoff KT, Zahner H, Deplazes P. 2008. Lehrbuch der Parasitologie für die Tiermedizin. 2., vollständig überarbeitete Auflage. Stuttgart: Enke Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG. ISBN: 978-3-8304-1072-0