Schlundverstopfung (Pferd)
Synonym: Ösophagusobturation
Englisch: oesophageal obstruction
Definition
Als Schlundverstopfung oder Ösophagusobturation bezeichnet man die partielle oder totale Verlegung (Obturation) des Ösophagus beim Pferd.
Epidemiologie
Schlundverstopfungen sind die häufigsten Ösophaguserkrankungen beim Pferd. Sie treten bei allen Altersklassen und Rassen auf.
Ätiologie
Je nach auslösender Ursache unterscheidet man zwischen folgenden zwei Formen:
- Primäre Schlundverstopfung: Häufigste Form, die infolge von nicht ausreichend aufgeweichtem Futter (z.B. Rübenschnitzel, Pellets), kurzhalmigem Heu sowie gierig aufgenommenem Kraftfutter entsteht.
- Sekundäre Schlundverstopfung: meist Folge einer anderen Ösophaguserkrankung (z.B. Ösophagusdivertikel oder Ösophagusstriktur)
Pathogenese
Schlundverstopfungen entstehen meist aufgrund von Zahnproblemen (fehlerhaftes Gebiss, lang ausstehende Zahnkorrektur u.ä.) und/oder gierigem Fressen, was zu einer mangelhaften Futterzerkleinerung führt. Die ungenügend zerkauten oder viel zu großen Futterboli sammeln sich dann an den typischen Prädilektionsstellen des Ösophagus an: entweder direkt kaudal des Larynx, kurz vor der Apertura thoracis cranialis (Brusteingang) oder im Bereich des Zwerchfelldurchtritts.
Das angeschoppte Futter führt an den Obturationsstellen zu einer spastischen Kontraktion der Muskulatur, sodass ein Weitertransport in den Magen erschwert wird. Die wenig eingespeichelten und somit viel zu trockenen Futterbissen setzten sich so meist im thorakalen Teil des Ösophagus fest und werden durch den einsetzenden Spasmus in ihrer Lage fixiert. Durch den abgeschluckten Speichel quellen die Boli allmählich auf, weshalb das Lumen vollständig verschlossen wird. Da die meisten Pferde ungehindert weiterfressen, kommt es zu einer Anschoppung des gesamten Ösophagus mit Futter.
Klinik
Leitsymptom einer Schlundverstopfung ist eine Regurgitation. Feste sowie flüssige Nahrung, vermengt mit Speichel, läuft vom Ösophagus in den Larynx bzw. Pharynx zurück, um dann über die Nasengänge aus den Nüstern bzw. dem Mund auszutreten. Betroffene Pferde zeigen mit Futterbrei verschmutzte Nüstern, husten und nehmen häufig eine gestreckte Kopf-Hals-Haltung ein.
Diagnose
Schlundverstopfungen lassen sich in der Regel leicht diagnostizieren. Regurgitieren, futterbrei-verschmutzte Nüstern und Husten weisen auf eine Verstopfung des Ösophagus hin. Bei kranial gelegenen Obturationen kann der Bolus meist von außen palpiert werden. Weiter aboral liegende Verstopfungen lassen sich beim Setzen einer Nasenschlundsonde feststellen (fehlende Durchgängigkeit).
Eine endoskopische oder röntgenologische Untersuchung ist nur selten notwendig.
Komplikationen
Schlundverstopfungen, die länger als 24 Stunden andauern, gehen meist mit verschiedenen Komplikationen einher. Durch das ständige Regurgitieren können die Tiere eine Aspirationspneumonie entwickeln. Die Futterboli verursachen aufgrund des chronisch erhöhten Drucks Schleimhautnekrosen im Bereich der Obstruktion, die zu Rupturen und Strikturen führen.
Therapie
Ziel der Therapie ist die Beseitigung der Obstruktion und die Prävention einer Aspirationspneumonie. Bei nicht sofort lösbaren Schlundverstopfungen ist eine Sedierung mit α2-Agonisten (z.B. Detomidin, Xylazin) empfohlen. Durch die Verabreichung von α2-Agonisten ergeben sich folgende Vorteile:
- Die meisten Tiere sind äußerst aufgeregt und panisch und widersetzen sich daher dem Setzen und anschließenden Spülen über eine Nasenschlundsonde, was durch eine Sedierung verhindert wird.
- α-Agonisten bewirken eine Relaxation der quergestreiften und glatten Muskulatur im Ösophagus.
- Die Sedierung führt zu einer Tiefhaltung des Kopfes, was wiederum die Belastung der Atemwege bei der Spülung und die Gefahr einer Aspirationspneumonie minimiert.
Die zusätzliche Gabe von Butylscopolamin unterstützt die Relaxation der glatten Muskulatur und hilft, den Spasmus zu lösen. Metamizol verstärkt die spasmolytische Wirkung und wirkt zudem stark analgetisch. Alternativ kann auch Oxytocin (nicht bei tragenden Stuten) zur Relaxation der quergestreiften Muskulatur im kranialen Ösophagusabschnitt eingesetzt werden. Durch Spülen oder Insufflation von Luft in die Sonde lassen sich die meisten Obstruktionen lösen.
Eine chirurgische Therapie ist nur in Ausnahmefällen indiziert und ist mit zahlreichen postoperativen Komplikationen vergesellschaftet (z.B. Wundinfektionen, Strikturen u.ä.).
Literatur
- Brehm W., Gehlen H., Ohnesorge B. et al., Hrsg. Handbuch Pferdepraxis. 4., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Enke Verlag; 2016.
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