Poppers
Trivialnamen: Rush, Jungle Juice
Englisch: poppers
Definition
Unter dem Namen Poppers werden leichtflüchtige, bei Raumtemperatur flüssige Schnüffelstoffe bezeichnet, die nach Inhalation einen sofortigen, 5- bis 10-minütigen Rauschzustand herbeiführen.
Hintergrund
Zur medizinischen Anwendung sind organische Nitrite in Glasampullen abgefüllt, die beim Öffnen aufgrund des hohen Dampfdrucks ein Knallgeräusch (engl. "pop") erzeugen.
Auch die heutigen Schraubverschluss-Fläschchen "ploppen" aufgrund des höheren Druckes in der Flasche beim Öffnen gut hörbar.
Chemie
Organische Nitrite (z.B. Amylnitrit (Pentylnitrit), Butylnitrit, Cyclohexylnitrit, Hexylnitrit, Isoamylnitrit, Isobutylnitrit, Isopropylnitrit) sind Ester der salpetrigen Säure. Es handelt sich um gelbliche, brennbare Flüssigkeiten mit charakteristischem Geruch. Die Flüchtigkeit von Alkylnitriten hängt von der Länge ihrer Kohlenstoffkette ab. Je länger die C-Kette, desto weniger flüchtig ist das Molekül.
Die Inhaltsstoffe der verschiedenen Poppers-Fläschchen (10 - 15 ml Inhalt) sind in der Regel nicht deklariert. Es handelt sich meist um verschiedene organische Nitrite in unterschiedlichen Konzentrationen, die mit Duft- und Aromastoffen parfümiert sind, um einer "Marke" einen charakteristischen Duft zu verleihen. Die Zusammensetzung der Produkte ist sehr unterschiedlich, in der Regel unvollständig deklariert und unterliegt ständigen Änderungen.
Wirkmechanismus
Organische Nitrite wirken als starke Stickstoffmonoxid (NO)-Donatoren. Durch die Aktivierung der Guanylatcyclase kommt es zu einem Anstieg von cGMP, das eine Relaxation der glatten Muskelzellen der Blutgefäße bewirkt, in Arterien stärker als in Venen. Die starke arterielle Vasodilatation bewirkt einen sofortigen Blutdruckabfall.
Darüber hinaus bindet NO mit hoher Affinität an das zweiwertige Eisen des Hämoglobins (Bildung von Nitrosylferrohämoglobin; HbNO). Durch eine nachfolgende Redoxreaktion, bei der Nitrit- in Nitratanionen umgewandelt werden, wird Methämoglobin (MetHb) gebildet und es kommt zu einer dosisabhängigen Methämoglobinämie.
Pharmakokinetik
Nach inhalativer Aufnahme tritt die Wirkung innerhalb von wenigen Sekunden ein und hält ca. fünf Minuten an. Durch hepatische Biotransformation werden Nitrite in Nitrate umgewandelt.
Verwendung
Organische Nitrite wie Amylnitrit wurden über Jahrzehnte als Mittel gegen Angina pectoris angewandt. Wegen der kurzen Wirksamkeit und dem damit verbundenen Blutdruckabfall ist diese Anwendung heute obsolet.
Die MetHb-Bildung durch organische Nitrite wird bei Vergiftungen mit Blausäure und Cyaniden genutzt, um Cyanidionen im Blut an MetHb zu binden.
Die Droge ist eine Party- und Sexdroge. Die Konsumenten verspüren einen sehr kurzen, etwa 5- bis 10-minütigen Rauschzustand mit einem starken Gefühl von Wärme, vermindertem Schmerzempfinden, sexueller Luststeigerung, Zeitlosigkeit, Enthemmung und Muskelrelaxation. Ursprünglich wurde Poppers vor allem von homosexuellen Männern verwendet, um eine Steigerung der Lust und des sexuellen Verlangens bei gleichzeitiger Enthemmung zu erzielen. Die sinkende Schmerzempfindung und die muskelrelaxierende Wirkung erleichtern den passiven Analsex.
Anwendung
Die Anwendung erfolgt per Inhalation der im Fläschchen entstehenden Gasphase durch die Nase.
Ein Haut- oder Schleimhautkontakt mit flüssigem Poppers sollte unbedingt vermieden werden, da organische Nitrite stark ätzend wirken und schwer heilende Wunden verursachen. Bei Augenkontakt kann es zu Hornhautverätzungen kommen.
Im Rahmen eines Suizidversuchs, in Unkenntnis der richtigen Anwendungsweise oder im Alkoholrausch werden die Produkte selten fälschlicherweise geschluckt. Aufgrund der höheren Dosis und der länger dauernden Exposition kann es dann zu schweren Vergiftungsverläufen mit potentiell letalem Ausgang kommen.[1]
Nebenwirkungen
Typische Nebenwirkungen von Poppers sind:
Toxikologie
Symptome einer Überdosierung
Bei einer akuten Überdosierung von Poppers können u.a. folgende Symptome auftreten:
Therapie einer Überdosierung
Die Behandlung erfolgt in erster Linie symptomatisch, mit dem Ziel den venösen Rückfluss zu fördern. Hierzu sollten die Extremitäten bewegt und der Kopf tief gelagert werden. Intravenöse Volumengabe und Sauerstoff per Maske oder Nasenbrille können ebenfalls in Betracht gezogen werden.
Starke Dyspnoe wird aufgrund des gebildeten Methämoglobins verursacht. Als Antidot wird Toloniumchlorid eingesetzt, wenn der MetHb-Spiegel 30% übersteigt.[2]
Langzeitfolgen
Bei regelmäßigem, hochdosiertem Missbrauch der Droge können auch die Dämpfe eine Schädigung der Atemwege auslösen. Der regelmäßige Konsum der Droge verursacht Gedächtnisschwierigkeiten und kann zu psychischer Abhängigkeit führen. Oft wird Unlust am Sex ohne Poppers beschrieben. Es wird noch untersucht, ob organische Nitrite immunsuppressiv oder kanzerogen wirken.
Eine physische Abhängigkeit bis bisher nicht bekannt.
Der AIDS-Kaposi-Mythos
In den 1980er Jahren stand die Droge Poppers zeitweise im Verdacht, das Kaposi-Sarkom und sogar die AIDS-Erkankung auszulösen. Zwar werden organischen Nitriten immunsuprresive Eigenschaften nachgesagt, aber sind bisher nicht bewiesen. Vermutlich kam dieser Mythos aufgrund der vielen Konsumenten in homosexuellen Kreisen bei gleichzeitig vielen HIV-Infektionen dieser Gruppe zu Stande. Bis 1995, als das Kaposi-Sarkom eindeutig als Folge einer Infektion mit dem Humanen Herpesvirus Typ 8 (HHV-8) beschrieben wurde, stützten sich vor allem die AIDS-Dissidenten auf diese These.
Allerdings können die Praktiken des Safer Sex durch die sexuelle Enthemmung beim Poppers-Konsum schnell vergessen werden. Gerade bei promiskem Verhalten kann dies das Infektionsrisiko mit STD erhöhen.
Quellen
- ↑ Pain S, Chavant F, Fauconneau B, Guenezan J, Marjanovic N, Lardeur JY, Brunet B, Perault-Pochat MC. Dangerous intoxication after oral ingestion of poppers (alkyl nitrites): Two case reports. Therapie. 2017 Jun;72(3):397-399. doi: 10.1016/j.therap.2016.09.005. Epub 2016 Dec 2. PMID: 27919469.
- ↑ Antidotarium. Rote Liste. Abgerufen 13.10.2023
Weblinks
- Poppers are unauthorized and may pose serious health risks. Canada health 2023-10-06. Abgerufen am 13.10.2023