Nierenszintigraphie
Synonyme: ING, Isotopennephrographie, Radioisotopennephrographie, Nierenfunktionsszintigraphie
Englisch: scintiscan of the kidney
Definition
Die Nierenszintigraphie ist ein nuklearmedizinisches Untersuchungsverfahren, das die Beurteilung der Nierenfunktion unter statischen und dynamischen Gesichtspunkten erlaubt. Beurteilt werden dabei die Blutversorgung, Funktion und Exkretion jeder einzelnen Niere. Es ist die am besten geeignete Untersuchung zur Erkennung von Parenchymnarben, insbesondere bei Kindern, und dient weiter zur Beurteilung der regionalen und seitengetrennten Nierenfunktion.
Formen
Grundsätzlich sind zwei Formen der Nierenszintigraphie zu unterscheiden.
Bei der statischen Nierenszintigraphie wird unter Verwendung des Radionuklids Tc-99m-DMSA das funktionsfähige Nierengewebe dargestellt. Die statische Nierenszintigraphie eignet sich daher vor allem zur Darstellung von Nieren mit Anomalien (Dystopie, Hufeisenniere etc.) oder Zustand nach Entzündung.
Die dynamische Nierenszintigraphie untersucht demgegenüber die Nierenfunktion. So können GFR, RPF und tubuläre Sekretion mit der Fragestellung nach der Nierenfunktion und ihrer Clearance untersucht werden.
Als Radionuklide kommen hierbei zum Einsatz:
- Tc 99m-MAG3 (wird nur tubulär eliminiert)
- Tc-99m-DTPA (wird nur glomerulär filtriert)
- I-123-OIH (wird glomerulär filtriert und tubulär sezerniert)
Statische Nierenszintigraphie
Die Injektion des Radionuklids erfolgt etwa zwei Stunden vor der Messung mit der Gammakamera. Unter Verwendung eines hochauflösenden Kollimators erfolgt die Darstellung der Nieren.
Dabei wird durch Anreicherung des Radionuklids das funktionstüchtige Nierengewebe erfasst, was die Bestimmung von Lage, Form, Größe und Masse der Nieren erlaubt.
Dynamische Szintigraphie
Die dynamische Nierenszintigraphie oder Nierenfunktionsszintigraphie erfolgt unter ausreichender Hydrierung des Patienten durch Injektion eines geeigneten Radiopharmakons. Dabei wird die Anflutung und Abflutung des Radionuklids durch Aufnahmen mit der Gammakamera und Aktivitätsbestimmung im Plasma ermittelt.
Es erfolgen im Abstand von 20 und 25 Minuten nach Injektion Blutentnahmen zur Aktivitätsbestimmung des Radionuklids und Aufnahmen mit der Gammakamera in definierten Abständen. Als Ergebnis kann eine Nephrogrammkurve erstellt werden, welche die seitengetrennte Funktionsbeurteilung der Nieren erlaubt.
Die Verarbeitung des Radionuklids unterteilt sich bei Darstellung in der Nephrogrammkurve in 3 Phasen:
- Perfusionsphase (Anflutung des Radionuklids)
- Sekretionsphase (Tubuläre Sekretion des Radionuklids bei weiterer Akkumulation)
- Exkretionsphase (Ausscheidung überwiegt Akkumulation)
Je nach Verlauf der Kurve im Nephrogramm kann so eine Aussage über die normale Nierenfunktion und deren Einschränkungen, Zustand bei Stauungsniere oder Zustand nach Nephrektomie getroffen werden. Die Clearance kann in absoluten Werten angegeben werden.
Captopril-Nierenszintigraphie
Bei einer Nierenarterienstenose verhindert der Goldblatt-Mechanismus über eine Aktivierung des RAAS die Minderperfusion der poststeontischen Niere.
Durch Gabe eines ACE-Hemmers (kurz und schnell wirksames Captopril) kann dieser Mechanismus unterdrückt werden. Erfolgt hiernach eine Nierenszintigraphie, kann die funktionelle Relevanz einer Nierenarterienstenose direkt quantifiziert werden. Dies erlaubt den Rückschluss, ob eine renovaskuläre Problematik besteht, oder ob eine renal bedingte Hypertonie schon parenchymatös fixiert ist.
Diurese-Nierenszintigraphie
Zur Abklärung postrenaler Abflusstörungen kann nach der ersten dynamischen Nierenszintigraphie und erfolgter Blasenleerung die Diurese mit der Gabe eines Schleifendiuretikums angeregt werden.
Bei erneuter Szintigraphie wird dann die Restaktivität in den ableitenden Harnwegen und der Blase bestimmt. So kann zwischen kompensierter und dekompensierter Abflusstörung unterschieden werden.
Indikation
- Funktionsbeurteilung: Nicht-invasive Beurteilung funktioneller Veränderungen im Nierengewebe
- Durchblutungsstörungen: Identifizierung von Durchblutungsstörungen, z.B. bei anurischen transplantierten Nieren oder Nierenarterienstenosen
- Abflussstörungen: Abflussstörungen bei Nephroptose (Ren mobilis) oder vesikoureteralem Reflux
- Teilfunktion bei Doppelnieren: Beurteilung der Ausscheidungsfunktion der Niere und ihrer Segmente
- Vorbereitung von Lebendspenden: Bewertung von Transplantatnieren
Vorbereitung des Patienten
Außer bei Patienten mit Nierenversagen wird eine Hydrierung (Trinken von Mineralwasser) 45 Minuten vor Untersuchungsbeginn nach vorheriger Blasenentleerung mit 10 ml/kg Körpergewicht vorgenommen. Eine weitere Vorbereitung ist nicht notwendig.
Durchführung
Der Patient liegt auf einer Gammakamera. Ein schwach radioaktiv markierter Tracer (z. B. Technetium-99m-MAG3) wird intravenös injiziert. Der Tracer sammelt sich in den Harnwegen und wird mit der Kamera verfolgt. Blutproben werden zur Messung der verbleibenden Radioaktivität zu fest vorgegebenen Zeitpunkten entnommen.
Risiken
Die Strahlenbelastung ist gering, für die meisten Untersuchungen deutlich geringer als bei einer intravenösen Urographie. Die renale Szintigraphie ist die bei Kindern am häufigsten angewendete nuklearmedizinische Untersuchung.
Podcast
Bildquelle
- Bildquelle Podcast: © blackieshoot / Unsplash
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