Sauerstoffbrille
Synonyme: Sauerstoff-Nasenbrille, Nasenbrille
Englisch: nasal cannula
Definition
Die Sauerstoffbrille ist ein medizinisches Hilfsmittel zur nichtinvasiven Sauerstofftherapie, das die Nasenlöcher nutzt. Sie ermöglicht die kontinuierliche Gabe von Sauerstoff in leicht bis moderat erhöhter Konzentration und wird in der Notfall- und Akutmedizin, in der stationären Versorgung sowie bei langfristiger Sauerstofftherapie zu Hause eingesetzt, wenn keine High-Flow-Systeme erforderlich sind.
Hintergrund
Die Nasenbrille gehört zu den klassischen Low-Flow-Systemen der Sauerstofftherapie. Sie erlaubt die Gabe von Sauerstoff ohne signifikante Beeinträchtigung des Patientenkomforts, da Mund und Gesicht weitgehend frei bleiben. Die tatsächlich inspirierte Sauerstofffraktion (FiO2) hängt von der eingestellten Flowrate, dem Atemmuster und der Atmung durch den offen Mund ab und ist weniger genau kontrollierbar als bei Sauerstoffmasken. Typische Flowraten liegen zwischen 1 und 6 L/min, wodurch eine FiO2 von etwa 0,24–0,44 erreicht werden kann.
Im Gegensatz zur Sauerstoffmaske ist die Sauerstoffbrille besonders für längerfristige Sauerstoffgaben geeignet, da sie die Kommunikation, Nahrungsaufnahme und orale Hygiene nicht einschränkt. Bei höheren Sauerstoffbedarfen oder in akuten Notfallsituationen reicht die Nasenbrille häufig jedoch nicht aus.
Indikationen
Die Nasenbrille wird bei Patienten mit leicht bis mäßig ausgeprägter Hypoxämie eingesetzt, bei denen eine niedrige bis moderate FiO2 ausreichend ist. Typische Indikationen sind:
- Chronische Lungenerkrankungen mit leichter Hypoxämie (COPD, Exogene allergische Alveolitis, Lungenfibrose)
- Akute respiratorische Insuffizienz ohne unmittelbare Notwendigkeit invasiver Atemwegssicherung
- Postoperative oder posttraumatische Überwachung auf Normalstation
- Langfristige Sauerstofftherapie bei chronischer Hypoxämie
- Situative Sauerstoffgabe, z. B. bei Mobilisation oder Transport innerhalb der Klinik
Apnoe-Oxygenierung
Im Rahmen der Notfallnarkose kann die Sauerstoff-Nasenbrille zur Apnoe-Oxygenierung eingesetzt werden. Dabei wird während der Intubation kontinuierlich Sauerstoff über die Nasenbrille (typischerweise 15 l/min) verabreicht. Ziel ist es, die sichere Apnoezeit zu verlängern und so Zeitreserven für den Fall eines unerwarteten Intubationsproblems zu schaffen.
Die Evidenzlage zeigt, dass die apnoeische Oxygenierung insbesondere bei präoxygenierten Patienten im Operationssaal die Zeit bis zum Abfall der Sauerstoffsättigung verlängern kann. In hochstandardisierten Notaufnahme-Szenarien mit schneller Intubation ist der messbare Zusatznutzen jedoch begrenzt, da die Apnoezeiten in der Praxis oft kurz sind und nur wenige Patienten einen kritischen Sättigungsabfall erfahren. Der klinische Nutzen liegt daher vor allem in Situationen mit verlängerten Apnoezeiten oder schwierigen Atemwegen.[1][2][3]
Literatur
- AWMF: S3-Leitlinie Sauerstoff in der Akuttherapie beim Erwachsenen, abgerufen am 10.12.2025
- Ziegenfuß: Notfallmedizin 2025, Springer-Verlag, abgerufen am 10.12.2025
Quellen
- ↑ Silva et al., Effectiveness of Apneic Oxygenation During Intubation: A Systematic Review and Meta-Analysis, Ann Emerg Med. 2017
- ↑ Ramachandran et al., Apneic oxygenation during prolonged laryngoscopy in obese patients: a randomized, controlled trial of nasal oxygen administration, J Clin Anesth. 2010
- ↑ Caputo et al., Emergency Department use of Apneic Oxygenation Versus Usual Care During Rapid Sequence Intubation: A Randomized Controlled Trial (The ENDAO Trial), Acad Emerg Med. 2017